Donnerstag, 25. April 2024

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Publikumsmobbing
"Empörung zweiter Ordnung"

Es war der Shitstorm gegen den Shitstorm: Nachdem mehr als 233.000 Unterzeichner den Rausschmiss von ZDF-Moderator Markus Lanz forderten, brach über die Petition selbst massive Medienschelte herein. Für Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen offenbart der Fall Lanz "den Übergang von der Medien- zur Empörungsdemokratie".

01.02.2014
    Fernsehmoderator Markus Lanz steht am 14.12.2013 in Augsburg (Bayern) vor Beginn der ZDF-Show "Wetten, dass..?" auf der Bühne.
    Fernsehmoderator Markus Lanz musste in Sozialen Netzwerken massive Kritik an seinem Interview mit Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht einstecken. (dpa / picture alliance / Sven Hoppe)
    Ein Gespenst geht um in Deutschland, das Gespenst der Zuschauerdemokratie. Nach einem, sagen wir, ruppigen Interview, das Markus Lanz in seiner Talkshow mit Sahra Wagenknecht geführt hat, wollte eine empörte Zuschauerin die Sache nicht auf sich beruhen lassen und rief eine Online-Petition ins Leben. Dort wurde das ZDF aufgefordert, sich von Lanz zu trennen. Über 233.000 Menschen unterzeichneten diese Petition innerhalb von nur wenigen Tagen. Dafür wurden sie allerdings in der Presse heftig gescholten. Von einem unverantwortlichen Shitstorm war die Rede, von einem „ritualisierten Echauffieren einer selbst ernannten Netzcommunity“. Im Fachdienst "DWDL" schrieb der Kritiker Hans Hoff über den „fauligen Atem eines billigen Medienmobs“, der sich aufschwinge, sein Besserwissen als Maßstab zu etablieren. Josef Joffe, ehrwürdiger Herausgeber der noch ehrwürdigeren Wochenzeitung "Die Zeit" setzte vorgestern noch einen drauf: „In analogen Zeiten hieß es 'Kauft nicht beim Juden', heute ist die Verwünschungskultur digital.“
    Steile Thesen, harte Worte. Wie erklärt sich die Aufregung? Fragen an Bernhard Pörksen, Professor an der Universität Tübingen mit dem Schwerpunkt Medienskandale und Medienethik.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.