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Punkband Feine Sahne Fischfilet
Vor Rechten nicht einknicken

Die Stiftung Bauhaus Dessau hat die Band "Feine Sahne Fischfilet" aufgrund rechter Proteste ausgeladen, aber jetzt spielt die linke Punkband doch - in einem Dessauer Brauhaus. Während ihre Kritiker die Gewaltbereitschaft der Songtexte monieren, plädieren ihre Fürsprecher für Kunstfreiheit.

Von Christoph Richter | 06.11.2018
    Die Punkband "Feine Sahne Fischfilet" bei einem Konzertauftritt in Chemnitz
    In ihren Texten macht sich die Band Feine Sahne Fischfilet – mit teils sehr krassen Worten für die Menschen in verlassenen Landstrichen Ostdeutschlands stark (imago)
    Bauhaus im Brauhaus – Mehr als ein Wortspiel. Denn das Konzert der norddeutschen Punk-Band Feine Sahne Fischfilet findet heute in einer alten Bier-Brauerei, dem Brauhaus statt. Genau dort, wo sich auch das Kunstdepot der Stiftung Bauhaus Dessau befindet, wo kostbare Schätze wie Möbel, Entwürfe, Stoffe und andere Kunstgegenstände lagern.
    "Das ist zweifelsohne eine Ironie der Geschichte, dass die Musiker jetzt, den Kunstwerken der Brauerei – zumindest physisch – deutlich näher kommen, als es im Bauhausgebäude je hätte passieren können." Sagt der Dessauer Stadtrat Thomas Busch von den Grünen. Und Verwalter der Immobilie Alte Brauerei Dessau.
    Noch wird die Bühne aufgebaut, im Innenhof stehen riesige Trucks, die Übertragungswagen des ZDF. Eigentlich sollte Feine Sahne Fischfilet – das Hamburger Wochenmagazin "Der Spiegel" spricht hier von linker Volksmusik - in der Aula im früheren von Walter Gropius erbauten Schulgebäude des Bauhaus spielen. Doch auf Druck der AfD und der CDU im Dessauer Stadtrat und aus Angst um das zierlich-gläserne UNESCO-Weltkulturerbe - rechte Gruppen hatten Kundgebungen angekündigt - hat Bauhaus-Chefin Claudia Perren den Auftritt im Haus kurzerhand untersagt. Dass Perren das Konzert im Alleingang abgesagt hat – die Rolle von Sachsen-Anhalts CDU-Kulturministers Reiner Robra ist bis heute ungeklärt – stößt in der Dessauer Stadtgesellschaft auch auf Unmut.
    "Ist ein Akt der Zensur. Also wenn sich eine Institution wie das Bauhaus so einer Band gegenüber verhält, die angeblich linksextrem ist, das ist für mich ein zensorisches Verhalten."
    "Ja, ich find es für das Bauhaus sehr traurig, dass es so eine Entscheidung getroffen hat."
    "Ich meine, die Texte sind fettig. Aber man muss sich auch mal die Zeit nehmen, den Sinn zu verstehen. Die jungen Leute drücken sich eben so aus."
    Landeskulturminister verteidigt die Absage
    Insbesondere konservativen Kräften ist die 2007 gegründete Band Feine Sahne Fischfilet ein Dorn im Auge. Aus deren Sicht nachvollziehbar. Denn im Verfassungsschutzbericht von 2015 wurde der Band vorgeworfen, Gewalt gegen Polizeibeamte zu verherrlichen, sie zeige – Zitat – "eine Gegnerschaft zur freiheitlich demokratischen Grundordnung". Doch das liegt drei Jahre zurück. Reiner Robra - Sachsen-Anhalts CDU-Kulturminister und Stiftungsratsvorsitzender des Bauhaus Dessau – nennt die Band dennoch linksextremistisch und unterstützt die Konzertabsage von Bauhaus-Chefin Perren.
    "Sie dürfen die Linksradikalen nicht vergessen, die dann auch gekommen wären. Die Frage wäre ja gewesen, können wir uns vorstellen, dass das Bauhaus zu einer Polizeifestung wird."
    In ihren Texten macht sich die Band Feine Sahne Fischfilet – mit teils sehr krassen Worten für die Menschen in verlassenen Landstrichen Ostdeutschlands stark, setzt sich für diejenigen ein, die sich dort gegen Neonazis engagieren.
    Politiker hätten nicht zu entscheiden, welche Musik junge Menschen zu hören haben, sagt die parteilose Dessauer Bürgermeisterin Sabrina Nußbeck. Und kritisiert – ähnlich wie der Deutsche Kulturrat oder Kulturstaatsministerin Monika Grütters - das Vorgehen der Stiftung Bauhaus Dessau.
    "Ich hätte mir eine andere Entscheidung vom Bauhaus gewünscht. Letzten Endes: Wenn die Band nicht verboten ist, ist sie erlaubt. So einfach ist es."
    "Man hat vor diesen Leuten nicht einzuknicken"
    Deutschlandweit ist nun eine Diskussion über Kunstfreiheit entbrannt. Bauhaus-Chefin Claudia Perren wollte vor dem Konzert dem Deutschlandfunk kein Interview geben. Eine Sprecherin sagte lediglich, dass man sich "freue, dass die Band Feine Sahne Fischfilet mit der Brauerei einen alternativen Spielort in Dessau gefunden hat."
    "Wenn wir jedes Mal absagen würden, wenn irgendwelche Nazis drohen, dann spielen wir gar keine Konzerte mehr. Man hat vor diesen Leuten nicht einzuknicken, weil ihr meint, wir gehören hier nicht her…"
    So Frontmann Jan Gorkow im ARD-Kulturmagazin Titel, Thesen, Temperamente. Begleitet wird das Konzert in Dessau von Demonstrationen zweier Bürgerbündnisse und eines rechten Anmelders. Sein Motto: Der Herbst bleibt braun. Der Erlös des Gigs – zu dem nach Veranstalterangaben 700 Besucher erwartet werden – soll an das Bündnis Dessau Nazifrei gehen.