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Punkrockband Dropkick Murphys
Lieder aus Trümmerlandschaften

Dropkick Murphys-Sänger Al Barr fordert mit seiner Band auf ihrem neuen Album ein härteres Vorgehen gegen die Drogenepidemie in seinem Heimatland. "11 stories of pain and glory" spiegelt die Wut, aber auch die Hoffnung auf bessere Zeiten wider.

Von Ralf Kennel | 06.01.2017
    Die Band Dropkick Murphys steht am 24. Juni 2016 im Rahmen des Hurricane Festivals in Scheeßel auf der Bühne.
    Die Band Dropkick Murphys steht am 24. Juni 2016 im Rahmen des Hurricane Festivals auf der Bühne. (imago)
    "Du hast die Wahl. Entweder stirbst du an einem Gehirntumor oder an Magenkrebs. Der eine tötet dich schneller, bei dem anderen lebst du noch etwas länger. Und ich glaube, mit Trump haben wir einen bekommen, der uns langsamer tötet."
    Viel Verbitterung liegt in der Stimme des Dropkick-Murphys-Sängers. Er hatte den in den Vorwahlen für die Demokraten angetretenen Kandidaten Bernie Sanders unterstützt. Mit Trump verändere sich die Gesellschaft in den USA nicht. Im Gegenteil: der grassierende Drogenmissbrauch in den Vereinigten Staaten, speziell in Boston und New England, beschäftigt die Band schon seit Jahren. Mit ihrem Claddagh Fund unterstützen sie Rehabilitationsmaßnahmen für Drogenabhängige. Einige Mitglieder waren sogar selbst im engsten Familienkreis damit konfrontiert:
    "Sowohl meine als auch Kens Familie haben Familienmitglieder durch eine Überdosis verloren. Da hat sich eine richtige Epidemie in ganz New England ausgebreitet. Mit unserer Musik möchten wir auf dieses Problem aufmerksam machen. Aber trotzdem auch ein positives Gefühl und vor allem Hoffnung verbreiten."
    Aus Trauer wurde Bestürzung und daraus regelrechte Wut. Wut, dass nichts gegen das Drogenproblem getan wird. Im Gegenteil: die Abhängigkeit steige sogar noch. Auch durch rezeptpflichtige Ersatzdrogen, wie Barr behauptet. Auf über 50 Beerdigungen sei Al Barr in den letzten drei Jahren gewesen. Und nach einer hörte er im Radio einen Song, den sie dann unbedingt auf das neue Album packen mussten. Ein Klassiker, der hier in Europa vor allem in Fußball-Stadien gesungen wird. Für Al und seine Kollegen hat "You’ll never walk alone" aber eine viel tiefere Bedeutung.
    Von der Drogensucht loskommen
    "Die Textzeilen des Songs passen sehr gut zu der Drogenproblematik, gerade mit dieser Botschaft, die Hoffnung nie aufzugeben. Die ganzen Prüfungen und Hindernisse, die man bewältigen musst. Aber: man ist nicht alleine und das muss man auch nicht sein. Man kann von dieser Sucht loskommen. Und das möchten wir mit dieser Coverversion zeigen."
    Die Dropkick Murphys singen über die Träume und Hoffnungen der Abhängigen und Abgehängten der Gesellschaft. Den "First Class Loser" wie die Band singt. Oder Sie beschwören den Zusammenhalt der Menschen, den die Bandmitglieder noch zu Sandkastenzeiten verspürten ("Sandlot") – und der heute in den USA nicht mehr zu spüren sei. Mit "4-15-13" wagen sich die Murphys dann auch noch an ein Thema heran, dass in ihrer Heimatstadt emotional sehr belastet sei und die Stadt wohl für immer verändert habe, so Al Barr: der Terroranschlag während des Boston Marathons.
    "Wir singen ja nicht über ein Ereignis, das vor 100 Jahren stattgefunden hat. Einige Menschen, die dieses Lied jetzt hören, standen beim Marathon in den Straßen. Sie waren dabei. Vielleicht hören sogar Überlebende des Attentats diesen Song. Wir mussten also sehr vorsichtig und respektvoll beim Texten sein, damit der Song nicht falsch verstanden werden könnte."
    Welchen Stellenwert die Dropkick Murphys in ihrer Heimatstadt haben, sieht man allein schon daran, dass sie die Opfer des Attentats damals im Krankenhaus besucht haben. Ihre Mischung aus Punkrock und vielen irischen Einflüssen steht vielleicht wie kein anderes Genre für Boston.