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Putin-Dekret
Massenamnestie in Russland

Kurz vor Beginn der Olympischen Spiele will Moskau offenbar seine Kritiker im Westen milde stimmen. Darin jedenfalls sehen Beobachter den Zweck eines Amnestiegesetzes von Präsident Putin, das das Parlament nun beschloss. Auch Mitglieder der Punkband Pussy Riot und Greenpeace-Aktivisten sollen profitieren.

18.12.2013
    Bis zu 25.000 Verurteilte oder Angeklagte in Russland sollen dem neuen Gesetz zufolge nun freigelassen werden, darunter auch viele Kritiker von Präsident Wladimir Putin, so etwa die beiden zu zwei Jahren Straflager verurteilten Mitglieder der Punkband Pussy Riot. In dem Dekret sind ausdrücklich Mütter mit minderjährigen Kindern erwähnt, was auf die Aktivistinnen Nadeschda Tolokonnikowa (24 Jahre) und Maria Aljochina (25) von Pussy Riot zutrifft.
    Unterstützer der Band teilten über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, die Freilassung solle bereits am Donnerstag erfolgen. Putins Dekret, das die Staatsduma am Mittwoch in dritter und letzter Lesung angenommen hat, tritt aber erst mit Veröffentlichung in einer amtlichen Zeitung in Kraft. Die Behörden haben sechs Monate Zeit, um die Amnestie umzusetzen.
    Amnestie auch für Greenpeace-Aktivisten
    Die neue Anordnung bezieht sich auch auf die wegen Rowdytums angeklagten 30 Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace. Die 30 Männer und Frauen hatten im September in der Arktis an einer russischen Ölplattform gegen Umweltzerstörung protestiert und wurden und danach festgenommen. An dem Vorgehen Russlands gegen Greenpeace gab es international Kritik. Greenpeace-Sprecher Ben Stewart erklärte, es gebe die Chance, dass die 26 ausländischen Besatzungsmitglieder zu Weihnachten zu Hause seien.
    Das von Putin veranlasste Amnestiegesetz zielt vor allem auf wegen "Rowdytums" Angeklagte oder Verurteilte ab. Die Staatsduma fügte dem noch einen weiteren Passus hinzu, nach dem auch Teilnehmer an Unruhen straffrei bleiben. Die Organisatoren solcher Proteste sollen aber weiter verfolgt werden. Wie russische Medien berichteten, sollen damit auch acht Inhaftierte freikommen, die am 6. Mai 2012, dem Tag vor Putins dritter Amtseinführung, protestiert hatten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte erneut die Freilassung aller 27 wegen der Anti-Putin-Proteste Angeklagten. Das lehnte die Duma aber ab.
    Wohl keine Gnade für Chodorkowski und Nawalny
    Offizieller Anlass für den Gnadenakt Putins ist der 20. Jahrestag der russischen Verfassung, der am 12. Dezember begangen worden war. Beobachter sehen die Amnestie auch als Zugeständnis an den Westen kurz vor der Eröffnung der ersten Olympischen Winterspiele in Russland, die am 7. Februar in Sotschi beginnen.
    Putins schärfste Gegner - wie der seit zehn Jahren inhaftierte frühere Öl-Manager Michail Chodorkowski oder der wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Straflager auf Bewährung verurteilte Oppositionelle Alexej Nawalny - können aber wohl nicht auf eine Amnestie hoffen. Chodorkowski käme regulär im kommenden August auf freien Fuß, allerdings drohen ihm bereits weitere Verfahren.