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Pyrheliometer-Vergleich
Sonnen-Happening in Davos

Wie hell scheint die Sonne für uns? Wie viel ihrer Strahlung erreicht die Erdoberfläche? Um das möglichst präzise zu bestimmen, treffen sich alle fünf Jahre Forscher aus aller Welt zum Internationalen Pyrheliometer-Vergleich. Pyrheliometer heißen jene Geräte, mit denen sich die Intensität der Sonnenstrahlung messen lässt.

Von Dirk Lorenzen | 29.09.2015
    Die Eichung der Sonnenmessgeräte findet vor dem alten Schulgebäude von Davos statt
    Die Eichung der Sonnenmessgeräte findet vor dem alten Schulgebäude von Davos statt (Deutschlandradio - Dirk Lorenzen)
    Der Parkplatz vor dem Weltstrahlungszentrum von Davos ist derzeit ein einziges internationales Observatorium. Die Forscherteams kommen aus mehr als 40 Ländern aus nah und fern, aus Schweden ebenso wie aus Chile, aus Österreich wie aus Saudi-Arabien. Auf langen Holztischen haben sie dicht gedrängt ihre Instrumente aufgebaut – stabile Stative, an denen weiß gestrichene Röhren und allerlei Kabel angebracht sind. An einem der Messplätze sitzt Klaus Behrens vom Deutschen Wetterdienst in Lindenberg bei Berlin:
    "Das sind Zylinder, die eine kreisförmige Öffnung haben, mit einem vorgeschriebenen Öffnungswinkel von fünf Grad. Die direkte Sonnenstrahlung fällt auf einen Hohlraum, der alle auffallende kurzwellige Strahlung verschluckt und letztendlich in eine Spannung umsetzt, die wir messen. Nach einem vorgegebenen Takt von der Direktion hier – und alle anderen Kollegen machen das auch."
    Die Pyrheliometer, wie die Instrumente heißen, sind stets genau auf die Sonne gerichtet und registrieren bei perfekt blauem Himmel, wie viel Strahlung den Erdboden erreicht. Täglich findet gut ein Dutzend Messreihen statt.
    Nach dem Tusch am Anfang jeder Messreihe verfolgen die Teams hoch konzentriert die Daten ihrer Instrumente. Alle 90 Sekunden wird die aktuelle Sonnenstrahlung gemessen. Das Treffen in Davos dient der präzisen Eichung der Messgeräte – denn das Weltstrahlungszentrum setzt den Standard, ähnlich wie das Urkilogramm in Paris, erklärt der Direktor Werner Schmutz:
    "Das Urkilogramm ist ein Stück Metall, Platin, das man definiert hat: das ist jetzt das Kilo. Hier ist es ähnlich: Es sind sechs Instrumente, die miteinander messen und der Durchschnitt von denen definiert den Standard."
    Die sechs Geräte, die dauerhaft in Davos stationiert sind, geben also vor, mit welcher Elle die Sonne zu vermessen ist. Alle anderen Instrumente werden in diesen Tagen mit ihnen verglichen und entsprechend geeicht. Das ist keine Spielerei – es geht um eine ganz große Frage der Klimaforschung, betont Wolfgang Finsterle, der Organisator der Vergleichskampagne:
    "Die Strahlungsbilanz des Planeten Erde definiert letztendlich die Temperatur auf dem Planeten, also die globale Erwärmung. Um natürliche Einflüsse ausschließen zu können, muss man die Sonnenstrahlung sehr genau messen. Es könnte ja auch sein, dass die Sonne stärker scheint und dann wird es auch wärmer. Deshalb ist das für die Klimaforschung sehr wichtig."
    Denn es ist noch immer unklar, welche Rolle genau die Sonne für die globale Erwärmung spielt – und so bleibt für die Forscher noch viel zu tun. Mitte Oktober reisen Klaus Behrens und seine Kollegen mit den frisch geeichten Instrumenten wieder zurück in ihre Heimatländer.
    "Dann sind wir in Lindenberg zu Hause und kalibrieren die Geräte für den DWD. Wir haben 40 Stationen im Messnetz und die müssen weltweit vergleichbar gehalten werden. Denn wir wollen ja, wenn wir Klimaänderungen untersuchen, nicht in Deutschland höhere oder tiefere Strahlungswerte haben. Das ist Zweck dieser Übung, sich hier alle fünf Jahre in Davos zu treffen..., damit alle Strahlungsmessergebnisse weltweit wirklich vergleichbar sind."