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Qualifiziert Rohstoffreichtum?

Mit Äquatorial Guinea und Gabun treten seit diesem Wochenende zwei Länder als Gastgeber des Afrika-Cups in Erscheinung über die im Fußball bisher allenfalls eine Nebenrolle gespielt haben. Zusammengenommen leben keine drei Millionen Menschen in diesen beiden Ländern. Große Fußballerfolge hat keine der Nationen vorzuweisen, warum also findet das wichtigste Fußballturnier des Kontinents ausgerechnet hier statt.

Von Daniel Theweleit | 22.01.2012
    Blickt man auf das Pro-Kopf-Einkommen, dann gehören die beiden Gastgebernationen des Afrika-Cups zu den reichsten Ländern des Kontinents. Über 7000 Dollar verdient ein Einwohner Gabuns im Schnitt. In Äquatorial Guinea sind es sogar mehr als 16.000 Doller. Ein paar hundert Kilometer weiter nördlich hingegen, im Niger, verfügen die Menschen durchschnittlich gerade einmal über 313 Dollar im Jahr. Der Schlüssel zu diesem vermeintlichen Wohlstand heißt: Erdöl. Damit passen die Turnierveranstalter wunderbar in die Reihe jener Länder, an die zuletzt fast alle großen internationalen Sportereignisse vergeben wurden. Michael Monnerjahn vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft sieht einen klaren Zusammenhang.

    "Das ist sicherlich ein Trend der letzten Jahre gewesen, das letzte Land Angola und jetzt die aktuellen Äquatorial Guinea/Gabun, die also über große Ressourcen verfügen, die teilweise nicht sehr nachhaltig genutzt werden. Da merkt man schon, das ist dann auch so eine Art internationale Visitenkarte, die man da versucht auszuspielen. Das können sich momentan nicht viele Länder leisten."

    Auch die Kontinentalmeisterschaft im kommenden Jahr sollte ursprünglich in einer Erdölnation stattfinden: in Libyen. Wegen des Krieges hat Afrikas Fußball den Besuch in der ehemaligen Gaddafi-Diktatur auf 2017 verschoben. Und die Weltmeisterschaften 2018 in Russland, 2022 in Katar oder die olympischen Winterspiele in Sotschi 2014, werden ebenfalls in reichen Rohstoffnationen ausgetragen. Selbst Brasilien als Gastgeber der Fußball-WM 2014 und der olympischen Sommerspiele 2016 gehört seit einigen Jahren zu den großen Ölnationen. Gernot Rohr, der Trainer der Nationalmannschaft von Gabun findet diese Entwicklung vollkommen logisch.

    "Das ist natürlich ein großer Vorteil. Wo es Öl gibt, gibt es auch Geld, da gibt es auch die Möglichkeit Stadien und Strukturen herzustellen. Es gehört auch der politische Wille dazu. Und dazu braucht man die finanziellen Mittel."

    Fast scheint es, als sei es kaum noch möglich, ohne den Reichtum aus großen Gas- und Ölvorkommen zum Ausrichter eines großen Sportevents zu werden. Gerade den aufstrebenden Rohstoffnationen besonders daran gelegen ist, das eigene Image mit dem Glanz von international beachteter Großereignisse aufzupolieren, glaubt Monnerjahn.

    "Es bedeutet vor allem sehr viel Aufmerksamkeit. Äquatorial Guinea war bisher nur dafür bekannt, dass es den am längsten amtierenden Staatschef hat. Dass sie Erdöl fördern, aber da hörte es dann auch schon auf. Die Länder wollen mit so einem Turnier sicher auch zeigen: Das ist nicht alles. Ja, wir wollen uns hier neu positionieren, und damit versucht man sich auch Investoren jenseits der Erdölindustrie zu offerieren und zu zeigen. Das ist sicher auch eine Art von globaler Werbemaßnahme, diese Afrikameisterschaften."

    Bei allem was über die Vergabeprozesse solcher Wettbewerbe bekannt ist, werden die Ölmillionen aber möglicherweise auch anders eingesetzt. Korruption ist ein Problem in ganz Afrika. Und Issa Hayatou, der Präsident des kontinentalen Fußballverbandes, der den Afrika-Cup vergibt, gehört zu jenen Sportfunktionären, die tief in die Schmiergeldaffäre um den früheren Sportrechtevermarkter ISL verwickelt sind. In diesem Umfeld ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass arme Nationen wie Burkina Faso, wo 1998 eine der schönsten Afrikameisterschaften überhaupt stattfand, bald wieder einmal die kontinentale Fußballelite begrüßen dürfen.