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Qualitatives Wachstum im Visier

Unter dem Motto "Nachhaltig handeln, Wirtschaft neu gestalten, Demokratie stärken" findet derzeit der Transformationskongress in Berlin statt. Ein reines Wachstum zähle nicht mehr, so der Tenor einer ersten Stellungnahme von DGB-Chef Michael Sommer. Es gehe vielmehr um qualitatives Wachstum.

Von Dieter Nürnberger | 08.06.2012
    Natürlich wird auf dem Transformationskongress geredet werden – und das sogar mit hochkarätigen Teilnehmern. So haben beispielsweise auch der neue Bundesumweltminister Peter Altmeier (CDU) zugesagt, auch Frank-Walter Steinmeier, der Fraktionschef der SPD im Bundestag wird kommen. Der Zeitpunkt dieses Kongresses ist natürlich recht gut gewählt – denn in Deutschland ist eines der bestimmenden Themen derzeit die Energiewende – auch eine Transformation - und glaubt man der Bundesregierung, dann soll in diesem Bereich ja auch endlich mehr an Tempo hineinkommen. Also dieser Kongress passt in die Zeit, das ist keine Frage.

    Gleichzeitig wissen aber die Veranstalter, dass solche Debatten auch oft nur theoretischer Natur sind – und deshalb will man zusammen mit den Experten auch mehr ins Detail gehen. Präses Nikolaus Schneider, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland.

    "Würde des Menschen, Bewahrung der Schöpfung, Frieden und Gerechtigkeit – all diese großen Worte müssen ja in konkrete Politik heruntergebrochen werden. Was heißt denn Würde des Menschen für jene in Deutschland, die arm sind? Was heißt Bewahrung der Schöpfung angesichts der Notwendigkeit unserer Wirtschaftsverfassung wachsen zu müssen? Welchen Begriff von Wachstum haben wir eigentlich? Wie muss ein Setting aussehen, das Wachstum so steuert, dass es nicht zerstört, sondern auch aufbaut?"

    Wobei sich die Hauptveranstalter des Kongresses in einer ersten Stellungnahme heute Vormittag beispielsweise beim Begriff Wachstum längst festgelegt haben. Übrigens nicht erst seit kurzer Zeit: So betonte Michael Sommer, der DGB-Chef, ausdrücklich, dass bereits seit den achtziger Jahren auch für die Gewerkschaften in Deutschland eine reine Wachstumsdefinition nicht mehr zähle. Es gehe vielmehr um qualitatives Wachstum.

    Michael Müller vom Deutschen Naturschutzring ist anhand dieser Debatte auch recht schnell bei einem anderen großen Thema der Gegenwart, bei der Eurokrise.

    "Seit Mitte der siebziger Jahre wurden fast alle Programme – auch zur Deregulierung, zur Liberalisierung - mit dem Wusch nach höherem Wachstum begründet. Das wollen wir nicht mehr! Wir wollen nicht mehr jeden Abend – bei der Börsenberichterstattung aus Frankfurt – erleben, wie uns Banker und Analysten sagen, was wir zu tun haben. Wir wollen, dass die Zivilgesellschaft gestärkt wird, und dann sollen auch die Kräfte der Zivilgesellschaft gestärkt werden. Das ist unser Anliegen."

    Ein Thema des Kongresses wird beispielsweise die Mobilität sein. Und da wurde konkret nachgefragt, von den Journalisten, was das denn konkret bedeute. Beispielsweise für die Autoindustrie, für die Arbeit der Gewerkschaften, die ja logischerweise auch am Erhalt von Arbeitsplätzen interessiert sein müssen. Michael Sommer, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

    "Wir werden in einer Gesellschaft, die im Wesentlichen vom Auto lebt, nicht sagen, wir nehmen Abschied vom Auto. Wir müssen uns aber darüber verständigen, dass wir neue Verkehrs- und Mobilitätskonzepte brauchen. Darin eingebettet auch die Frage, wie weit darf der Individualverkehr gehen? Wie kam man diesen Bereich so gestalten, dass nicht nur weniger Ressourcen verbraucht werden, sondern, dass der Verbrauch sogar am besten gegen Null geht?"

    Soweit erste Eindrücke vom Transformationskongress in Berlin. Zurück nach Köln.