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Radio Teddy geht auf Sendung

Als Zielgruppe im Radio führen Kinder eher ein Schattendasein. Das soll jetzt anders werden: Seit Samstag ist "Deutschlands erstes Kinder- und Familienradio" auf Sendung: Radio Teddy. In den letzten Tagen vor dem Sendestart wurde weniger über das Programm von Radio Teddy geredet, sondern vor allem über seine Gesellschafterstruktur. Denn obwohl Radio Teddy ein kommerzielles Radio ist, das sich durch Werbung finanziert, ist auch der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk daran beteiligt.

Von Matthias Bertsch | 06.08.2005
    "Radio Teddy, das ist Spiel und Spaß, Werte und Wissensvermittlung gleichermaßen, und alles zu seiner Zeit im Verlauf des gesamten Programms. Der Morgen zum Beispiel, er steht ganz im Zeichen der ganzen Familie. Unser Motto: auf, auf, stehn, stehn! "
    Seit heute Morgen ist es so weit. Radio Teddy ist auf Sendung. Über das genaue Programm haben die Macher bisher eher geschwiegen, doch auf alle Fälle sollen die Inhalte kindgerecht sein - auch in den Nachrichten, die es zu jeder vollen Stunde geben soll.

    "Wir werden dann immer 20 Minuten danach ein Radio Teddy nachgefragt, nachgehakt haben, wo wir monothematisch ein Thema der Nachrichten noch mal so ein bisschen aufdröseln. Also speziell natürlich, wenn wir mitbekommen, dass hier noch Dinge unklar sein könnten, also jetzt zum Beispiel Thema Vertrauensfrage: Wie bringen sie einem Kind bei, was ist eine Vertrauensfrage? Nun können sie in der Zeit, die Sie haben, nicht die ganze Demokratie und die Möglichkeiten, erklären, das versteht ja mancher Erwachsene nicht. Aber wenn sie als Beispiel die Vertrauensfrage mit einer Trainerfrage erklären, wie zum Beispiel eine Fußballmannschaft, die noch nicht unbedingt die besten Ergebnisse erzielt und der Trainer fragt: "Kinder, wollt ihr, dass ich euch noch weiter trainiere?" Dann kommt das dem schon ziemlich nah, wie man das jetzt gerade im Bundestag erlebt hat. Und so ist das dann für Kinder auch sofort nachvollziehbar. "
    Mit der Idee, jungen Hörern kindgerecht die Welt zu erklären, ist vor zwei Jahren bereits ein anderes Radio angetreten: Radijojo, das, im Unterschied zu Radio Teddy, allerdings bislang keine Frequenz besitzt. Es ist nur im Internet und über Digitalradio zu hören. Doch der Empfangsmodus sei nicht der einzige Unterschied, betont Radijojo-Gründer Thomas Röhlinger.

    "Wir sehen unsere Mission darin, Bildung, Völkerverständigung, gesundheitliche Aufklärung, all diese Themen, die wir für sinnvoll und wichtig halten, an Kinder heranzubringen und die Kinder auch an dieser Arbeit teilnehmen zu lassen, mit Schulen zusammen, mit öffentlichen Einrichtungen zusammen, und Teddy ist ein Privatsender, ist ein kommerzieller Sender. Es gibt also einen ganz anderen Ansatz, unterm Stich ist die Philosophie: Profit. Punkt!"
    Gestützt wird die Sichtweise Röhlingers durch eine Mitteilung der Odeon Film AG. Sie ist über eine Tochtergesellschaft mit einer Sperrminorität von 25,1 Prozent an Radio Teddy beteiligt und wirbt im Internet mit der Aussage, die Werbeindustrie könne über das neue Kinderradio erstmals die – Zitat – "zahlungskräftige und entscheidungsfreudige Zielgruppe ohne Streuverluste erreichen."

    Pikant ist diese Aussage vor allem, weil sich die Mehrheit der Odeon-Aktien im Besitz der Bavaria Film befindet, die wiederum eine Art ARD-Tochterunternehmen ist und den Öffentlich-Rechtlichen vor kurzem den Vorwurf der Schleichwerbung eingebracht hat.

    Die indirekte Beteiligung der ARD an Radio Teddy hat zu heftiger Kritik geführt. Der Verband der Privatfunker fordert eine Rücknahme der Sendelizenz, weil es sich um eine versteckte Expansion des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks handle.

    Fast zeitgleich hat auch die ARD reagiert. WDR-Intendant Fritz Pleitgen will die umstrittene Verquickung in der nächsten Gesellschafterversammlung der Bavaria zum Thema machen, der Intendant des SWR, Peter Voss, den Ausstieg der Odeon Film AG aus Radio Teddy fordern.

    Für Uwe Schneider von Radio Teddy steckt hinter der ganzen Aufregung vor allem eines: Neid. Und Werbung sei schließlich ein Teil unserer Realität.

    "Man muss es sozusagen nur in der richtigen Form auch lernen, mit Werbung auch umzugehen. Und das auch in kleineren Schritten den kleineren Menschen klarzumachen, ich glaube, das ist auch ein Stück Aufgabe von Radio Teddy."

    "Wie wird das aussehen, dass man Kindern beibringt: "So sieht Werbung aus?""

    "Indem wir zumBeispiel mit Kindern selber Werbung machen. Also dass Kinder ihre Werbespots machen. Schauen Sie, ein Programmtrailer ist ja auch eine Bewerbung dessen, was im eigenen Produkt stattfindet. Und wenn Kinder das für ihren eigenen Beitrag oder für ihr eigenes Lied oder was auch immer sie im Programm bei uns machen, das auch machen, dann ist das auch eine Form von Werbung und dann muss man mit Kindern auch klar machen: Wie machst du das mit den besten, einfachsten und vor allem auch treffendsten Worten, dass du den Leuten erklärst, warum sie unbedingt das von dir einschalten und hören müssen."

    Das grundsätzliche Problem, ab welchem Alter Kinder eigentlich zwischen Programm und Werbung unterscheiden können, ist damit aber noch nicht gelöst.