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Radioaktivität
Biologische Bodensanierung mit Hindernissen

Bakterien galten als Hoffnungsträger: Sie sollten mit Uran belastete Böden so umwandeln, dass keine Gefahr mehr fürs Grundwasser oder Feuchtgebiete besteht. Doch die biologische Sanierung von Böden ist komplizierter als gedacht.

Von Dagmar Röhrlich | 18.12.2013
    Zwischen 1948 und 2001 gab es in Frankreich 210 Uranminen. Als besonders ergiebig erwiesen sich dabei die Lagerstätten im Limousin, genauer: im Nordwesten des Zentralmassivs. Dort sind immerhin 30.000 Tonnen Uran für Energieerzeugung und militärische Zwecke gewonnen worden. In der Region gab es Dutzende von Bergwerken und eine Anreicherungsanlage. Nach dem Ende des Betriebs blieben Altlasten, die unschädlich gemacht werden mussten:
    "Dabei kommen auch biologische Methoden zum Einsatz. Einige nutzen Bakterien, die das Uran von einer löslichen, giftigen Form in eine ungiftige, kaum lösliche überführen. Dabei entstehen mineralische Substanzen. Wir waren alle der Ansicht, dass diese kaum lösliche Form des Urans dann an Ort und Stelle bleibt und in der Umwelt keine Probleme mehr bereitet. Nun haben wir herausgefunden, dass die Geschichte komplizierter ist",
    erklärt Rizlan Bernier-Latmani von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne. Ihre Arbeitsgruppe führte Untersuchungen in einem durch den Uranabbau kontaminierten Feuchtgebiet im Limousin durch. Das Ergebnis überraschte die Mikrobiologen:
    "Unter besonderen Umständen kann auch diese kaum lösliche Form des Urans mobilisiert werden."
    Damit kann es wieder transportiert und theoretisch Lebewesen gefährlich werden. Allerdings nur, wenn bestimmte Randbedingungen erfüllt sind. Eine Voraussetzung ist ein sehr hoher Gehalt an organischen Verbindungen - eben wie in dem Feuchtgebiet, das die Forscher untersucht haben. Dazu kommen weitere Faktoren. So muss es in dem Ökosystem auch viel Eisen geben und nur wenig Sulfat, sagt Bernier-Latmani:
    "Es geht im Grunde um organische Partikel: feinste Fäden, auf denen winzige Eisenpartikel sitzen wie Perlen auf einer Schnur. Und an diese winzigen Eisenperlen lagert sich das Uran huckepack an und wird mit ihnen transportiert."
    Ironischerweise seien genau die Bakterien, die für die gewünschte Umwandlung des Urans sorgten, auch für den Huckepacktransport verantwortlich:
    "Die Mikroorganismen, die das Uran von der löslichen in die kaum lösliche Form transformieren, wandeln auch Eisen um - und zwar in die Form, die diese winzigen Partikel bildet, an denen der ganze Prozess abläuft."
    Dabei spielt keine Rolle, ob die Uranbelastung aus dem Bergbau stammt, von Munition oder natürlichen Ursprungs ist. Allerdings erwarten die Forscher aufgrund der Vielzahl der Randbedingungen keineswegs, dass diese Probleme in allen belasteten Zonen auftreten. Neben dem Limousin könnten jedoch die Faktoren auch in einige Gebiete in den Alpen oder im US-Bundesstaat Colorado erfüllt sein, sagt Rizland Bernier-Latmaniev: "Die Bedeutung unserer Arbeit liegt darin, dass wir in einem komplexen Zusammenspiel eine weitere Möglichkeit gefunden haben, die Sache noch etwas komplizierter zu machen."
    Im Limousin jedenfalls erhöht dieser Weg des Urantransports letztendlich die Belastung in einem Fluss. Gesundheitliche Folgen sollte das aber nicht haben: Die Belastung bliebe unter den Grenzwerten, erklärt die Forscherin.