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Bronchitis

Husten ist das Geräusch des Winters: Die Erreger der Bronchitis sind allgegenwärtig, doch es gibt Vorsichtsmaßnahmen. Bei der Linderung der Symptome helfen einige bewährte Maßnahmen - von einem alten Hausmittel allerdings raten Experten ab.

Von Justin Westhoff | 28.01.2014
    In unzähligen Varianten, Tonlagen und Lautstärken ist Husten das Geräusch des Winters. Ein Zeichen, dass die Bronchien "angegriffen" sind, jenes mit Schleimhaut ausgekleidete Röhrensystem, das sich zunächst in zwei Hauptäste teilt und dann immer verzweigter und feiner wird bis zu den winzigen Lungenbläschen. Gerade in der kälteren Jahreszeit liegen Krankheitskeime millionenfach in der Luft, vor allem Influenza- und Rhinoviren, also Grippe- und Schnupfenerreger. Und die führen zu einer Entzündung dieser Atemwege, einer Bronchitis:
    "Die beginnt sehr häufig erst im Hals, und dann steigt sie ab in die große Luftröhre, die Trachea, und danach dann eben auch in die Bronchie",
    ... erklärt der Berliner Lungenfacharzt Professor Hartmut Lode.
    "… und das bedeutet einfach, dass sich diese Viren dann auf der Schleimhaut festsetzen, dort zu einer Entzündungsreaktion führt, und dann kommt es zu einer vermehrten Sekretbildung auch in diesen Bronchien, und auch dieser Entzündungsreiz ist dann verbunden mit Hustenreiz."
    Der anfangs meist trockene, oft auch schmerzhafte Reizhusten ist das Leitsymptom der Bronchitis, der dann in sogenannten "produktiven" Husten übergeht, also mit Schleimauswurf. Für den Arzt zeigt sie sich beim Abhören und Abklopfen von Brust und Lunge außerdem durch typische Pfeif- und Rasselgeräusche. Da aber die Viren nicht nur die Bronchien angreifen, gesellt sich oft auch ein allgemeines Grippegefühl dazu mit Mattigkeit und Gliederschmerzen, manchmal Schnupfen oder Fieber. Wenn diese Symptome allerdings sehr ausgeprägt sind, ist besondere Vorsicht geboten, mahnt Professor Lode, weil:
    "In seltenen, aber doch dann sehr eindrucksvollen Fällen, eine solche virale Atemwegsinfektion das Herz mit beteiligen kann. Dort könnte es zum Beispiel zu einer Pericarditis kommen, dann ist der Herzbeutel mit entzündet, weshalb man eben auch bei Virusinfektionen der Atemwege doch den Körper schonen soll, und wenn einem etwas auffällt, dass zum Beispiel der Herzschlag sehr hoch ist oder dass man sich sehr schlecht fühlt, man sollte das nicht auf die leichte Schulter nehmen und sollte dann wirklich auch eine ärztliche Begutachtung einholen."
    Zur Linderung der Symptome kann man einige bewährte Maßnahmen empfehlen, sagt Vittoria Braun, Professorin für Allgemeinmedizin an der Charité:
    "Sie sollen ausreichend trinken, dabei aber auch gucken, dass die Patienten nicht schwer herz- oder nierenkrank sind, Wasserdampfinhalationen sind eine auch durch die Wissenschaft bewiesene gute Methode, und dass das also wirklich einen Sinn macht, das Patienten zu empfehlen."
    Nicht empfehlenswert: Milch mit Honig
    Als nicht empfehlenswert bezeichnet Dr. Braun dagegen ein altes Hausmittel, Milch mit Honig.
    "Wenn’s Ihnen die Großmutter empfohlen hat, dann können Sie’s ja versuchen, aber ich hab keine Evidenz für Milch mit Honig, Milch schleimt eigentlich, dann sage ich lieber: "Trinke Tee oder andere Flüssigkeit aber nicht unbedingt Milch."
    Es gibt auch pflanzliche Mittel, die gegen den quälenden Husten helfen können, Efeu zum Beispiel. Aber nicht als Tee aufgegossen, sondern besser als Extrakt,
    in Hustensaft, Tropfen oder auch als Kapsel, denn hier wirkt nicht die Pflanze als solche, sondern spezielle Inhaltsstoffe, die Saponine, erklärt Professor Matthias Melzig, Spezialist für Arzneipflanzen am Institut für Pharmazie der FU-Berlin:
    "Das sind Stoffe, die seifenähnliche Eigenschaften haben und die nach der oralen Aufnahme den Magen, die Magenschleimhaut reizen und über diesen Reiz wird ein Rückkopplungsmechanismus induziert, und insbesondere dadurch wird die Produktion der Schleimdrüsen auch in den Bronchien verstärkt angeregt zu sekretieren, und damit wird der Schleim dünner und kann dann besser abgehustet werden. Außerdem wirken diese Saponine auch noch direkt an der Bronchialmuskulatur, bronchiolytisch, und verbessern damit insgesamt auch das Krankheitsbild dieses krampfartigen Hustens."
    Eukalyptussalbe
    Auch Brustwickel mit Eukalyptussalbe können unter Umständen wohltuend sein. Allerdings eignen sich Präparate mit ätherischen Ölen nicht für Menschen mit empfindlichen Atemwegen und nicht für Kleinkinder. Und auch von "Hustenstillern", codeinhaltigen Mitteln, rät Dr. Vittoria Braun für die meisten Fälle ab:
    "Eigentlich ist Husten erst mal ein erwünschtes Symptom, mit dem Zweck, übermäßigen Schleim oder einen Fremdkörper aus den Bronchien, aus der Luftröhre oder aus dem Kehlkopf zu treiben."
    Man muss Geduld haben bei einer Bronchitis, allerdings darf man die Krankheit auch nicht unterschätzen. Gar nicht so selten gibt es "Läuse und Flöhe" gleichzeitig, das heißt, wenn die Bronchialschleimhaut durch Viren schon stark angegriffen ist, kann eine "bakterielle Superinfektion" hinzukommen, insbesondere bei Rauchern und bei Menschen mit generell geschwächter Immunabwehr. Man erkennt es spätestens daran, dass der ausgehustete Schleim gelb- oder grünlich verfärbt ist. Außerdem gibt es einen entsprechenden Schnelltest. Im wesentlichen sind es drei Bakterienarten, welche die Bronchien befallen, allen voran Pneumokokken. Bei aller gebotenen Zurückhaltung bei der Verschreibung von Antibiotika müssen diese in schweren Fällen doch eingesetzt werden, betont der Lungenfacharzt Hartmut Lode, der sich als Gastprofessor am Institut für Klinische Pharmakologie der Charité intensiv mit diesen Medikamenten befasst. Denn es kann bei der meist harmlosen Bronchitis auch schwere Komplikationen geben:
    Übergang von schwerer Bronchititis zu Lungenentzündung
    "Eine schwere Bronchitis kann übergehen in eine Lungenentzündung. Und die Lungenentzündung ist ja die häufigste Infektionskrankheit in den westlichen Industrieländern, die zum Tode führt. Insofern muss man schon Bronchitiden, die eben auch länger als acht bis zehn Tage verlaufen, ernst nehmen und muss eben auch als Patient doch relativ frühzeitig zum Arzt gehen, mit dem Stethoskop kann er schon auch die Bronchitis unterscheiden von der Lungenentzündung."
    Darüber hinaus kann die akute Bronchitis zu einer dauerhaften Schädigung der Schleimhaut, zu einer chronischen Entzündung führen: zum Asthma bronchiale. "Dann kann es durchaus bei Gott sei dank nicht so sehr vielen Patienten, aber doch bei einigen, zu einer Einengung der Bronchien kommen. Und die Ursache dafür ist dann häufig, dass über die Entzündung auch die Muskeln sozusagen getriggert werden und dann die Bronchien eng stellen, und dann verspüren die Patienten – bei Anstrengung beginnt das zunächst – auch Luftnot. Und da sollten sie dann auf jeden Fall auch zum Arzt gehen."
    Eine weitere dauerhafte Folge der Bronchitis schließlich kann die COPD sein, die chronisch obstruktive, also verengende Lungenerkrankung. Vor allem Rauchern droht diese Komplikation: Die Flimmerhärchen in der Bronchialschleimhaut, die das Sekret abtransportieren sollen, werden mehr und mehr gelähmt und können ihre Reinigungsfunktion nicht mehr erfüllen. Schließlich wandert die Entzündung runter bis in die kleinsten Lungenbläschen. Die Luft kann so nicht mehr vollständig aus der Lunge heraus, es kommt zu einer Überblähung, dem Lungenemphysem. Wichtigste Vorbeugung gegen diese Art der Bronchitis ist selbstverständlich: nicht rauchen.
    Sicherheit vor Höflichkeit
    Ansonsten kann man sich vor der akuten Bronchitis kaum schützen, die Erreger sind allgegenwärtig. Aber ein paar sinnvolle Vorsichtsmaßnahmen gibt es schon: Wenn man schon nicht vermeiden kann, Tür- und Haltegriffe anzufassen, sollte man sich wenigstens häufiger als sonst die Hände gründlich waschen. Und Lungenfachärzte raten dringend, auf das in Deutschland so übliche Händeschütteln – zumindest im Winter – zu verzichten. Sicherheit vor Höflichkeit.
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