Freitag, 19. April 2024

Archiv

Radiolexikon Gesundheit
Gallenflüssigkeit

Schmerzen unterm Rippenbogen, ein Druckgefühl oder eine bittere Flüssigkeit im Mundraum: Vor allem nach fettigem Essen klagen viele Menschen über Probleme mit der Galle. Wenn diese nicht richtig arbeitet, kann das zu massiven Beschwerden führen - bis hin zu Gallensteinen. Und dann führt an einer OP kein Weg mehr vorbei.

Von Mirko Smiljanic | 06.09.2016
    Ein Mann mit dickem Bauch.
    Vor allem nach fettigem Essen klagen Menschen über Probleme mit der Galle. (picture alliance / Stephan Goerlich)
    "Es ging ungefähr los so vor drei, vier Monaten, als ich mit meiner damaligen Freundin gut essen war, und hab dann nach dem Essen gemerkt, dass ich so einen leichten Druckschmerz auf der rechten Seite habe, so unterm Rippenbogen, das ging dann nach einer Zeit wieder weg, aber nach dem nächsten Essen, beruflich war es dann, wurde es schlimmer."
    Schmerzen unterm rechten Rippenbogen als Dauerbegleiter beim Restaurantbesuch – es gibt eindeutig Angenehmeres! Privatdozent Dr. Alexander Dechêne, Oberarzt und Leiter der Zentralen Endoskopie, hat zwar schon einen ersten Verdacht, erfragt aber zunächst weitere Details.
    "Diese Schmerzen, die Sie da beschreiben, können Sie die ein bisschen mehr charakterisieren, ist das eher krampfartig-stechend auf- und abschwellend oder ist das ein Dauerschmerz?" - "Das ist eher krampfartig, also, es kommt so in Wellen, es ist mal mehr, mal weniger. Eigentlich in der Regel gut auszuhalten, aber es kommt immer mal wieder so eine Spitze dazu, als wenn einer einem ein Messer unter den Rippenbogen rammt, aber das kommt dann bei wirklich gutem Essen, bei fettem Essen."
    Einen Ultraschallblick in den Bauchraum des Patienten ist unumgänglich. Systematisch bewegt der Gastroenterologe den Sonarkopf über die Haut.
    Gallensteine bereiten Schmerzen
    "So, ich sehe jetzt hier Ihre Leber mit den Blutgefäßen in der Leber, und hier unten unterhalb des rechten Leberlappens sehen Sie die Gallenblase, weil Sie eine Weile nichts gegessen haben ist die schön mit Gallenflüssigkeit, das ist das Schwarze, und was Sie hier sehen, wir nennen das "echoreiche", also hellerer Flecken in der Gallenblase, und das sind Gallensteine."
    Womit Alexander Dechêne zügig die Diagnose gestellt hat: Mehrere kleine Steine versperren der Gallenflüssigkeit den Weg aus der Gallenblase in den Dünndarm und lösen äußerst schmerzhafte Koliken aus.
    Dr. Sandra Blomeyer, Internistin am Essener Universitätsklinikum für Gastroenterologie und Hepatologie.
    "Die Gallenflüssigkeit besteht zu einem ganz großen Teil aus Wasser, dann sind da Mineralstoffe drin, so wie man das auch vom Blut her kennt, dann sind Gallensalze da drin, die sind ganz wichtig für die Funktion der Gallenflüssigkeit, nämlich der Fettverdauung, dann sind da Giftstoffe drin, die die Leber abgeschieden hat, die eben wasserunlöslich sind, das heißt, die die Niere nicht ausscheiden konnte, die werden auch in der Gallenflüssigkeit abgesondert."
    Die Gallenflüssigkeit – so Alexander Dechêne – erfüllt zwei wichtige Funktionen: Sie scheidet Gifte aus und sie liefert die Voraussetzung dafür, dass der Darm Fette verdauen kann.
    "Manche Nahrungsbestandteile könnte der Darm aus dem Körper gar nicht aufnehmen, wenn nicht bestimmte Substanzen in der Galle verfügbar machen würden, zum Beispiel Fette. Wir brauchen Gallensäuren, um aus dem Stuhl und aus dem Nahrungsbrei Fette und fettlösliche Vitamine zum Beispiel aufzunehmen. Haben Sie gar keinen Gallenfluss mehr, können Sie einige Nahrungsbestandteile überhaupt nicht mehr aufnehmen und das führt relativ rasch auch zu Mangelerscheinungen."
    Weil der Verdauungstrakt nur in unregelmäßigen Abständen Fette abbaut, wird Gallenflüssigkeit in der Gallenblase zwischengespeichert – und zwar hoch konzentriert. Sandra Blomeyer:
    "Die Leber produziert das relativ dünnflüssig und in der Gallenblase wird über bestimmte Mechanismen die Flüssigkeit wieder zurückgenommen und dem Körper zurückgegeben, und damit ist die Gallenflüssigkeit in der Gallenblase dicker als sie in der Leber produziert worden ist."
    Mehr Frauen sind betroffen
    Ein bitterer, äußerst unangenehm schmeckender Saft! Hin und wieder kommt es vor, dass beim Aufstoßen nach reichhaltigem und fettem Essen Gallenflüssigkeit über den Magen in Speiseröhre und Mund gelangt. Betroffen sind rund zwölf Prozent aller Erwachsenen – mehr Frauen als Männer übrigens. Weshalb Mediziner als Ursache das altersbedingte Schwinden des weiblichen Sexualhormons Östrogen vermuten.
    Und warum bilden sich bei einigen Menschen Gallensteine? Die Ursachen dafür beginnen in der Leber: Wenn Leberzellen in ihrer Leistung nachlassen und bestimmte Abbauprodukte nicht mehr wie gewohnt in die Gallenblase pumpen, verändert sich Konzentration der Gallenflüssigkeit.
    "Und das kann eben dazu führen, dass sich diese Gallenflüssigkeit sehr viel schneller eindickt oder dass sie ausfällt und dass sich kleine Kristalle bilden. Und aus kleinen Kristallen werden vor allem in stehender Galle, wie sie in der Gallenblase vorkommen, über längere Zeit dann größere Kristalle, und aus größeren Kristallen können durch Einwanderung von Kalk auch Gallensteine entstehen."
    An einer OP führt kein Weg vorbei
    Und was erwartet den Patienten mit den Gallensteinen? An einer Operation führt kein Weg vorbei – wirklich lange muss er aber nicht in der Klinik bleiben.
    "Wenn er eine Gallenblasenoperation bekommt, etwa drei Tage, wenn die unkompliziert verläuft." - "Also, für drei Tage, das ist durchaus zu verkraften, wenn es mir danach wieder besser geht und ich wieder essen kann, das mach ich auf jeden Fall."