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Radiolexikon Gesundheit: Mammografie

Brustkrebs ist für jede Frau ein Angstthema. Viele Frauen lassen deswegen regelmäßig eine Mammografie durchführen. Die Trefferquote der Röntgenmammografie liegt jedoch auch nach neueren Studien kaum über 50 Prozent. Um Krebs zu finden, gibt es aber noch andere Möglichkeiten.

Von Thomas Liesen | 06.08.2013
    "Wenn es ihnen anfängt, unangenehm zu werden, dann sagen sie bitte was."

    "Ich nehme hier Platz?"

    "Ja, ich nehme jetzt die Brust, ich drücke jetzt, die Schulter ganz locker lassen. Nicht helfen, wunderbar. Ist das so in Ordnung?"

    "Ja, es geht so."

    "Ok, dann gehen wir jetzt raus und machen die Aufnahme."

    Brustzentrum der Uniklinik Düsseldorf. Eine Situation, die immer auch ein wenig Unwohlsein erzeugt. Denn zum einen ist die Untersuchung der Brust durch eine Mammografie unangenehm. Sie muss dabei durch zwei Platten regelrecht zusammengepresst werden, bevor dann Röntgenstrahlen die Brust durchleuchten. Zum anderen ist das Ergebnis unter Umständen Anlass zur Sorge. Denn Brustkrebses ist die mit Abstand häufigste Krebserkrankung der Frau.

    "Jetzt haben wir die vier Aufnahmen gemacht, sie nehmen bitte in der Kabine Platz, hängen sich was über, dass die Lüftung nicht zieht, nicht ganz anziehen, weil die Ärztin noch kommt, abtastet und den vorläufigen mündlichen Bescheid sagt."

    Die moderne Mammografie setzt im Kern immer noch auf die herkömmliche Röntgentechnik. Röntgenstrahlen durchdringen die Brust und treffen dann auf einen Film oder auf einen elektronischen Sensor. Das Bild, das entsteht, hat die typischen Eigenheiten einer Röntgenaufnahme: Dunkel erscheinen Bereiche mit geringer Dichte, also zum Beispiel Fettgewebe. Hell bis Weiß erscheinen Bereiche mit hoher Dichte. Das das können Kalkeinlagerungen sein oder dichtes Brustdrüsengewebe. Oder ein Tumor.

    "Hier hätten wir eine Mammografie mit heterogenen dichtem Brüsenparenchym, der Knoten, der tastbar war, ist schwer zu erkennen, aber der Tumor zeigt sich durch die zusätzlichen gruppierten Mikrokalzifikationen, die im Bereich des Tumors gewachsen sind."

    Prof. Silvia Obenauer ist Radiologin an der Uniklinik Düsseldorf. Vor ihr auf dem Bildschirm ist die Aufnahme einer Brust, auf der für ein ungeschultes Auge nichts Auffälliges zu sehen ist. Das Innere der Brust erscheint mehr oder weniger durchgehend hell. Lediglich winzige, stecknadelkopfgroße weiße Punkte zeigen, dass dennoch ein Tumor wächst. Diese Mikrokalkablagerungen sind typisch für einen bestimmten Brustkrebs, der in den Milchgängen entsteht. Andere Tumore im Drüsengewebe werden dagegen leicht übersehen.

    "Dieses Drüsengewebe ist ganz platt gesprochen weiß auf dem Röntgenfilm. Und die Erkrankung, die wir suchen, nämlich Brustkrebs, ist ebenfalls weiß. Und das ist dann so, wie wenn sie einen Schneehasen im Hochgebirge suchen, nämlich weiß auf weiß, das ist ein schlechter Kontrast, im Zweifelsfall überhaupt kein Kontrast, das heißt, dass sie auch größere Krebserkrankungen in der Brust mit der Röntgenmammografie nicht diagnostizieren können."

    Bemängelt Prof. Regina Kuhl, Direktorin der Klinik für Radiologie an der RWTH Aachen. Viele Tumore bleiben also unerkannt. Gerade jüngere Frauen haben häufig sehr dichtes Brustgewebe, Tumore müssen schon 2 Zentimeter und mehr messen, damit Ärzte sie dann überhaupt erkennen können. Um die Effektivität der Mammografie zu verbessern, sind seit rund 10 Jahren strenge Richtlinien für deren Durchführung in Kraft. So müssen grundsätzlich zwei Ärzte jede Aufnahme begutachten. Sie müssen außerdem besonders geschult und erfahren sein. Dennoch liegt die Trefferquote der Röntgenmammografie auch nach neueren Studien kaum über 50 Prozent. Um Krebs zu finden, gibt es aber noch andere Möglichkeiten, sagt Dr. Jürgen Hoffmann, stellvertretender Direktor des Brustzentrums der Uni Düsseldorf.

    "Wesentliche ergänzende Methoden sind eigentlich Dinge wie die Ultraschalluntersuchung, die insbesondere bei dichtem Brustdrüsengewebe die Strukturen anders auflösen kann. Der Ultraschall kann sehr gut differenzieren zwischen beispielsweise Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe oder auch soliden, das heißt festen Tumoren."

    Nachteil vom Ultraschall: Das Ultraschallbild ist sehr stark abhängig davon, wer es macht, für Reihenuntersuchungen ist es daher nicht geeignet. Doch es gibt noch eine weitere Mammografie-Methode:

    " Die Füße hoch, liegen sie so bequemer?"

    Eine Patientin wird in die Röhre eines Magnetresonanz-Tomografen gefahren, kurz MRT.

    "So, ich gebe ihnen noch eine Klingel in die Hand, wenn irgendetwas ist, drücken sie drauf, wir hören sie dann draußen."

    "Die Studien, die wir zu dem Thema haben - und das sind mittlerweile eine ganze Reihe von Studien - zeigen, dass mit der Magnetresonanztomografie etwa doppelt, in einigen Studien sogar dreifach höhere Empfindlichkeiten für Brustkrebs erzielt werden kann, als mit der Mammografie allein. Das sind drastisch bessere Ergebnisse."

    Prof. Regina Kuhl empfiehlt daher jeder Frau, die zum Beispiel ein höheres, familiäres Risiko für Brustkrebs hat, eine MRT durchführen zu lassen. In solchen Risikofällen zahlt die Krankenkasse auch die deutlich höheren Kosten. Aber nur dann. Und das wird auch so bleiben. Denn eine MRT-Mammografie kostet rund 400 Euro, eine Röntgenmammografie dagegen nur 60 Euro. Gerade für das Brustkrebs-Screening, also die hierzulande angebotene Reihenuntersuchung für alle Frauen zwischen 50 und 69, bleibt daher das Röntgen die Methode der Wahl. Genau deshalb ist das 2005 hierzulande gestartete Screening aber von Anfang an auch in der Kritik, räumt Jürgen Hoffmann von der Uniklinik Düsseldorf ein.

    O-Ton 9: Es gibt immer auch Gegner des Screenings, das ist manchmal auch durchaus nachvollziehbar, dass man den Eindruck hat, wir machen hier Strahlenbelastung für eine relativ große Bevölkerungsgruppe oder Ähnliches. Dazu muss man aber auch sagen, dass die Rate an potenziellen Patientinnen in wesentlich früheren Stadien entdeckt wurde. Wir haben heute mit wesentlich mehr Frühstadien oder Vorstufen dieser Erkrankung zu tun, als das noch vor einigen Jahren der Fall war.

    Doch was das Screening wirklich bringt, ist mittlerweile in einer Reihe von Studien untersucht worden. Unterm Strich sind die Zahlen ernüchternd. Wenn 1000 Frauen 10 Jahre lang zum Screening gehen, so wird bei gerade mal 2 von diesen 1000 Frauen das eigentliche Ziel erreicht: Sie werden vor dem Krebstod gerettet. Im gleichen Zeitraum werden aber über 100 Frauen mindestens einmal mit einem falschen Krebsverdacht konfrontiert. Dieses eher ungünstige Verhältnis von Nutzen und Schaden spricht nicht grundsätzlich gegen das Mammografie-Screening, aber es macht einmal mehr deutlich: Die Mammografie ist eine Methode mit Schwächen, vor allem bei Frauen unter 50. Dennoch ist sie zur Abklärung vieler einzelner Befunde unerlässlich:

    "Ich habe sehr gute Nachrichten für sie. Der Befund in der rechten Brust, der im Ultraschall auffällig war, ist eine Zyste. Also kein Brustkrebs bei ihnen."

    "Wunderbar, Erleichterung!"