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Radiolexikon: Hagelkorn

Dass am Auge und an den Augenlidern Drüsen sitzen, merken wir in der Regel erst dann, wenn sie sich entzünden oder nicht mehr richtig funktionieren. Solche Drüsenentzündungen am Augenlid sind häufig, es kommt zu Schwellungen, die zum Beispiel Gerstenkorn oder Hagelkorn heißen.

Von Thomas Liesen | 27.03.2012
    "Dann kriegen sie Tropfen zur Betäubung."

    "Genau, nicht erschrecken jetzt, die können ein bisschen brennen am Anfang. Wenn sie die Augen jetzt ein bisschen locker schließen. "

    Stefanie Richter wartet in der Augenklinik Köln-Merheim auf ihre Operation am Augenlid. Die Augentropfen betäuben schon mal ein wenig, gleich wird sie auch noch eine Spritze in das rechte obere Lid bekommen. Denn dort, unter der Haut, sitzt ein Knoten, etwa so groß wie ein Erbse. Medizinisch korrekt heißt diese krankhafte Veränderung Chalazion, auf deutsch: Hagelkorn.

    "Das war auf einmal da. Natürlich erst klein, also so, dass es nicht direkt aufgefallen ist, aber irgendwann hatte ich da so ein Ei auf dem Augenlid."

    Die 42-Jährige möchte sich das Hagelkorn chirurgisch entfernen lassen. Es entsteht, wenn bestimmte Talgdrüsen im Lid verstopfen, die sogenannten Meibom-Drüsen. Sie sondern normalerweise eine Art Öl ab. Es sorgt zusammen mit der Tränenflüssigkeit für eine gute Benetzung des Auges. Der Ausführungsgang einer Meibom-Drüsen kann verstopfen, wie bei einem Pickel, und die Drüse schwillt zum Hagelkorn an. Es schmerzt in der Regel nicht, anders als ein Gerstenkorn, die zweite häufige Form von Schwellung am Augenlid. Gerstenkörner sind eitrige Entzündungen direkt am Lidrand. Hagelkörner sind dagegen meist nicht von einer akuten Entzündung begleitet und sitzen unter der Lidhaut, wie bei Stefanie Richter.

    "Es hat schon gestört. Also man hat gemerkt, dass es aufs Augenlid drückt und auch wenn man müde war, dass das rechte Lid dann auch ein bisschen schwerer war als das linke."

    Zu Beginn, wenn ein Hagelkorn entsteht, besteht noch die Chance, dass es auch ohne Operation wieder verschwindet, sagt Dr. Elena Torres, Oberärztin an der Augenklinik Köln Merheim:

    "Wärme hilft, also Kompressen, Lidkantenpflege, das ist eine tägliche Reinigung vom Lidrand und eine Massage, um diese Talgdrüsen auszupressen, zu versuchen das dieser Inhalt heraus kommt. Zusätzlich gibt es auch eine Behandlung mit Antibiotika und auch mit Cortisonpräparaten, die gegen diese Schwellung helfen und wenn das alles natürlich nicht funktioniert und der Patient kosmetisch gestört ist, kann man die öffnen, also chirurgisch versorgen."

    Stefanie Richter hat ihr Hagelkorn schon seit mehreren Monaten. Nach so langer Zeit ist die Chance, dass Salben oder Massagen noch helfen, sehr gering. Sie hat sich daher zur Operation entschlossen und liegt nun auf dem OP-Tisch. Ihr Lid ist durch eine Spritze bereits vollständig betäubt. Elena Torres schaut unter das Lid. Das Hagelkorn ist auch von innen gut zu erkennen.

    "Also in diesem Fall, damit wir auch nicht nähen brauchen, werden wir das von innen entfernen. So jetzt werde ich diese Klemme einsetzen. Am Anfang kann es sich so anfühlen, als hätten sie etwas Druck in dem Bereich, aber sie werden sich gleich daran gewöhnen."

    Die Ärztin fixiert das Lid zwischen zwei Hälften einer speziellen Klemme. Dann nimmt sie ein Skalpell zur Hand.

    "So jetzt machen wir einen Schnitt, weil ich von innen schneide, mache ich einen vertikalen Schnitt, zu mir, damit ich die Hornhaut schützen. Der Schnitt ist schon gemacht und dann nehme ich einen Löffel und dann werde ich den Inhalt auslöffeln. Man sieht schon ein weißliches Sekret, ist nicht komplett flüssig, das heißt, wir haben die Drüse gut getroffen."

    Das ursprünglich ölige Sekret kann sich mit der Zeit in der verstopften Drüse verändern. Es verhärtet und verkapselt sich und muss dann sorgfältig aus dem Lid herausgeschnitten werden. Auch bei Stefanie Richter muss die Ärztin teilweise die Schere zu Hilfe nehmen, um möglichst alles zu entfernen. Nach etwas 10 Minuten ist die Operation beendet.

    "Das fühlt sich alles gut glatt an und dann sind wir fertig, die Klemme kommt raus. So, hat alles gut geklappt."

    Da Elena Torres das Hagelkorn von der Lid-Innenseite aus entfernt hat, muss die Wunde nicht vernäht werden. Nach kaum mehr als einer Woche wird trotzdem alles verheilt sein. Allerdings: Das Hagelkorn kann mit der Zeit wieder wachsen.

    "Die Statistiken sagen, dass bei ungefähr 10 Prozent der Patienten entsteht ein Rezidiv an der gleichen Stelle, auch wenn die Operation richtig durchgeführt worden ist, das heißt die Drüse kann sich wieder verstopfen."

    Einige Menschen sind dabei besonders empfänglich für diese Erkrankung. Zum einen ältere Personen. Aber auch besondere Hauttypen.

    "Sieht man etwas öfter bei hellen Hauttypen und ganz besonders bei rothaarigen Patienten, die haben leider viel damit zu kämpfen. Es empfiehlt sich auch, besonders bei Frauen, sich besonders gut abzuschminken, also das keine Reste von Partikeln am Lidrand bleiben, damit auch die Lider schön sauber bleiben."

    Stefanie Richter ist weder sehr blond noch rothaarig, sie hat daher gute Chancen, dass sie nach der OP ihr Hagelkorn auf Dauer los ist. Vor allem, wenn sie auch etwas zur Vorbeugung unternimmt, wie Elena Torres empfiehlt.

    "Man kann eine regelmäßige Lidkantenpflege durchführen mit warmen Kompressen. Und es gibt auch unterschiedliche Präparate in der Apotheke, um die Lidränder zu reinigen, es gibt auch etwas einfachere Möglichkeiten mit einem Babyshampoo und warmem Wasser und jeden Abend dann eine Lidkantenpflege durchführen."

    Man sollte ein Wattestäbchen mit der entsprechenden Reinigungsflüssigkeit tränken und damit die Lidränder reinigen. Wer dennoch ab und zu unter Hagelkörnern leidet, kann zumindest sicher sein: Die Schwellung am Lid ist meist völlig harmlos und eher ein kosmetisches denn ein medizinisches Problem. Und selbst die Operation eines Hagelkorns ist nur ein kleiner Eingriff, findet auch Stefanie Richter:

    "Ich habe es mir echt schlimmer vorgestellt."