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Radiolexikon: Warzen

Warzen sind ansteckend. Aber wie das mit der Infektion genau funktioniert, ist unklar. Auffällig ist, dass die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Kontakt und Auftreten der Warze, oft Monate dauert und beileibe nicht jeder danach auch wirklich eine Warze bekommt.

Von Renate Rutta | 05.12.2006
    "Es gibt viele Ideen, wie man Warzen entfernen kann. Das geht von schulmedizinischen Behandlungen, von verschiedenen Lösungen, mit Milchsäure und virusabtötenden Dingen, Eigenurin kann man auch nehmen, bis hin zu, dass man empfiehlt, in die Eifel zu einer Hexe zu gehen und es da besprechen zu lassen oder sich auf dem Friedhof nachts bei Vollmond erschrecken, also da gibt's viele Therapievorschläge."

    Das Unglaubliche: alle diese Mittel haben schon einmal gewirkt. Eine Erklärung: fast ein Drittel der Warzen verschwindet einfach irgendwann von selbst.

    "Es ist ja eigentlich unbekannt, wie Warzen wirklich entstehen und wir sehen halt auch schon mal, dass ne Warze plötzlich verschwindet, dass ein Patient, den wir behandeln wollten, das wegen Urlaub gar nicht angefangen hat. Nach dem Urlaub kommt er wieder und die Warze ist weg. Und von daher gibt's da viele Ideen, wie so was verschwinden kann."

    Dr. Johannes Gutwald, Hautarzt in Köln.
    Warzen umgibt etwas Geheimnisvolles, vieles, was man nicht erklären kann.

    "Das kommt aus dem Mittelalter und hängt damit zusammen, dass man eigentlich Hexen und Menschen, die Heilkräfte hatten, im Prinzip immer auch Warzen zugesprochen hat. Und es ist schon immer so gewesen, dass eben die Warzen auch schon immer besprochen wurden. Und alle Hexen werden immer mit Warzen abgebildet."

    "Was ich sehe, das vergehe,
    was ich streiche, das erweiche,
    Warze, fall ab!"


    "Zick Zack Zeck – die Warz ist weg"

    "Das Besprechen von Warzen ist eben genauso alt, also es wurde schon immer angewendet, weil man da früher keine so guten Heilmethoden wie heute hatte. Aber es ist auch heute noch so, dass die Schulmedizin die Warzen als Crux ansieht, das heißt, keine optimalen Behandlungsmethoden im Grunde genommen vorliegen. Man versucht das durch Vereisen, durch Verätzen, durch Verbrennen oder Lasertherapie zu behandeln, aber das Besprechen ist eben geblieben."

    Jemanden, der Warzen besprechen kann, fand man früher in fast jedem Dorf. Heute ist die Suche sehr schwierig geworden. Sogar die nach den Besprechungsformeln. Denn traditionell werden die Sprüche, die über Warzen kaum hörbar gemurmelt werden, von den Besprechern geheim gehalten - auch heute noch werden sie nur den Nachfolgern preisgegeben. Nach langer Suche finden sich einige Besprechungsformeln im Internet:

    "Zeit sie kommt, Zeit sie geht,
    das Gute bleibt, das Böse geht."


    "Suggestion kann natürlich sowohl von außen, also einem Behandler, einer Behandlerin, aber auch selbst durchgeführt werden. Also wir haben beispielsweise bei den Entspannungsverfahren im autogenen Training Warzenformeln, also beispielsweise: Warze alt, Warze kalt, Warze ab, die dann eben im autogenen Training eingebaut werden und dann praktisch selbst als eigene Suggestion versucht werden kann umzusetzen. Manche Menschen nehmen Löwenzahnmilch oder andere Dinge, die dann aufgeträufelt werden. Manchmal hilft auch schon Kochsalzlösung. Es muss also etwas passieren, sodass also quasi das Immunsystem angeregt wird, um dann eben an der Stelle aktiv zu werden."

    Auch Hypnose kann bei der Entfernung von Warzen helfen. In einer Studie zeigte sich, dass in der Hypnose-Gruppe mehr Teilnehmer ihre Warzen verloren als in der Kontrollgruppe ohne Hypnose. Auch eine Scheinbehandlung von Kindern mit einer simulierten Röntgenbestrahlung war bei den meisten Teilnehmern erfolgreich.

    "Die Idee wäre eben, dass durch Aktivierung von Hirnregionen, die eben das immzunologische System aktivieren, also über Nervenendigungen, die ja nun bis an die Warze herangehen, das weiß man, dass also da auch kleine Nervenendigungen vorhanden sind, werden dann Nervenbotenstoffe ausgeschüttet, die gezielt und direkt Einfluss nehmen auf das Abwehrgeschehen.

    Das heißt also, es werden dort dann Abwehrzellen, also sogenannte Fresszellen aktiviert, die dann eben diese Viruszellen auffressen können und wenn das genügend passiert, dann gibt's die Chance, dass die Warze verschwindet."

    Professor Uwe Gieler ist kommissarischer Leiter des Instituts für Medizinische Psychologie der Universität Gießen.

    Warzen gehören zu den häufigsten Erkrankungen der Haut. Die gutartigen Hautveränderungen sind also weit verbreitet. Die meisten Menschen finden ihre Warzen hässlich und lästig und wollen sie möglichst schnell loswerden.

    "Also, die haben sich vermehrt, es war erst eine, dann waren das acht, erst eine ganz große und ganz viele kleine.

    Die Warze ist am rechten Daumen, war erst ne kleine Warze, die ist gar nicht aufgefallen, ist größer geworden, ja dann als sie größer wurde, hat sie mich gestört.

    Beim Gehen, da musste ich teilweise humpeln, weil das an der Ferse war

    Ja und jetzt, wie groß mag sie sein, vielleicht so einen halben Zentimeter im Durchmesser, ein großes Ding.

    Da haben dann auch die Schuhe gedrückt und das lag nicht an den Schuhen, sondern an den Warzen."

    Gewöhnliches Haushaltsklebeband, das alle sechs Tage gewechselt wird, soll ebenfalls gegen Warzen wirken. Vermutet wird, dass die Hautirritation durch das Klebeband das Immunsystem dazu bringt, sich auf diese Stelle zu konzentrieren.

    Hautarzt Dr. Gutwald wendet häufig die Vereisungsmethode an, wie hier bei einem 27-jährigen Patienten aus Köln:

    "Sie haben da am Daumen eine Warze, ist das schon mal behandelt worden? – Ja, vor sechs Wochen schon mal, da ist es auch zurückgegangen und jetzt ist es noch mal rausgekommen – ok und es ist damals vereist worden? – genau – durch das Vereisen wird es kleiner aber es kann durchaus sein, dass da etwas zurückbleibt, dann muss man das wiederholen, würde ich ihnen jetzt vorschlagen – ok – sollen wir machen? – ja – also ich sprühe da jetzt mit einer Flasche Stickstoff auf die Haut, wird dann einfach kalt, brennt ein bisschen , so da sind ein paar Satelitenwarzen, die mach ich gleich mit, da vorne auch noch, warten wir kurz, dass es wieder aufwärmt und dann wird es noch mal vereist. Also dieses Einfrieren, Auftauen, Einfrieren, Auftauen ist im Grunde das, was die Viren und die virushaltigen Zellen abtöten soll. Merkt man, es brennt jetzt ordentlich? – Ja,ist aber kein Problem – ok – ist nicht schmerzhaft - noch die letzte, ok, das wars."

    Warzen sind ansteckend. Aber wie das mit der Infektion genau funktioniert, ist unklar. Auffällig ist, dass die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Kontakt und Auftreten der Warze, oft Monate dauert und beileibe nicht jeder danach auch wirklich eine Warze bekommt.

    "Streng genommen sind Warzen ja Veränderungen, die durch ein bestimmtes Virus, das Papillomavirus, verursacht sind. Von diesen Papillomaviren gibt es etwa 100 verschiedene Typen und einige verursachen die klassische sog. vulgäre Warze, die vornehmlich im Bereich der Hände und Füße auftritt. Die nächste Form der echten Warzen, also durch dieses Virus verursachten Warzen, ist die Warze an der Fußsohle, die als Stech- oder Dornwarze bezeichnet wird und das mit gutem Grund, weil sie nämlich beim Laufen ganz unangenehm schmerzhaft sein kann. Dann gibt es noch die sog, jugendlichen Warzen, die als ganz flache Gebilde, dicht an dicht stehend, v.a. im Bereich des Gesichts auftreten können, dort kosmetisch sehr störend sind und leider therapeutisch nur schwer zu beeinflussen.
    Sprecherin:

    Neben diesen Warzen, die durch Papillomaviren verursacht werden, gibt es noch die Dellwarzen, die vor allem Kinder betreffen und meist nach etwa zwei Jahren von selbst wieder verschwinden. Auslöser ist ein Virus, das zur Gruppe der Pockenviren gehört, aber harmlos ist.
    Die sogenannten Alterswarzen sind im eigentlichen Sinn gar keine Warzen."

    "Die sogenannte Alterswarze, die seborrhoische Keratose, hat überhaupt nichts mit den klassischen Warzen zu tun,wird auch soweit man weiß, nicht durch ein Virus verursacht, sondern es handelt sich um eine oberflächliche Veränderung der obersten Hautschicht, die, daher ist der Name Alterswarze zutreffend, mit zunehmendem Alter auftreten kann.
    Die kann kosmetisch störend sein und man kann sie beseitigen durch Wegkratzen, also eine örtliche Betäubung machen und mit einem scharfen Löffel vorsichtig kürettieren, wie wir das nennen. Zurück bleibt dann in aller Regel keine Narbe."

    In manchen Fällen kann es auch zu Verwechslungen kommen, etwa mit einem Hauttumor.

    Die Warze wird ja daran erkannt, dass sie so eine warzige Oberfläche hat, etwas raue, unregelmäßige Oberfläche hat und häufig pigmentiert ist, also ein bisschen bräunlich verfärbt sein kann. Und damit ist die Verwechslungsmöglichkeit mit echten Tumoren der Haut tatsächlich gegeben, sodass man im Zweifelsfall gut beraten ist, einen Arzt, der sich mit den Dingen auskennt, aufzusuchen und sicherzustellen, dass nicht statt einer vermeintlichen Warze ein schwarzer Hautkrebs dahintersteckt.

    Eine sehr zuverlässige Methode zur Warzenentfernung ist das sogenannte Abpflastern mit einem speziellen Pflaster, das im Zentrum etwas Salicylsäure enthält. Das dient dazu, die Warze aufzuweichen:

    "Das Pflaster bringt man jetzt ganz passgenau auf die Warze auf, vorher haben wir das zurechtgeschnitten, dass es nicht auf die umliegende Haut kommt. So dann muss man darüber noch ein ganz normales Pflaster legen und damit das eigentliche Salicylsäurepflaster so fest auf die Warze aufbringen, dass es nicht verrutschen kann, denn wenn es verrutschen würde, würde die umliegende Haut in Mitleidenschaft gezogen werden, was man ja nicht möchte, so das Pflaster lässt man jetzt für zwei bis drei Tage drauf und dann nimmt man es wieder runter und macht ein Schmierseifenbad, etwa 10 bis 15 Minuten, um die aufgeweichte Haut noch weiter aufzuweichen. Und dann kann man so ein spezielles Gerät nehmen, nämlich eine Kürette und jetzt ganz vorsichtig aber kräftig, das Warzengebilde versuchen loszulösen."

    Dr. Heinrich Rasokat ist Oberarzt an der Hautklinik der Universität Köln. Man kann sich auch selbst behandeln. In der Apotheke gibt es frei verkäufliche Mittel, die gegen Warzen wirken. Apotheker Dr. Helmut Beichler aus Köln:

    "Es gibt zum einen Arzneimittel, die man über einen längeren Zeitraum anwenden müsste, die man aufträgt und diese Arzneimittel wirken, indem sie die Hornhaut auflösen, unter der sich die Viren, die letztendlich die Warze bilden, dann verbergen. Diese Behandlung dauert etwa drei bis vier Wochen, ist relativ preisgünstig , ziemlich sicher und wird in den meisten Fällen auch gut angenommen von den Kunden. In manchen Fällen empfehlen wir eine Therapie mit einem Kältespray. Diese Behandlung geht wesentlich schneller, ist etwas kostenintensiver, man muss da an die 20 Euro rechnen."

    In alten Büchern werden viele Hausmittel beschrieben, die gegen Warzen wirken sollen, wie etwa konzentrierter Zwiebelsud, regelmäßig aufgetragen. Die enthaltenen Gerb- und Bitterstoffe der Zwiebel können die Warzen zum Verschwinden bringen – langwierig, aber wirkungsvoll. Abgeraten wird heute von Schöllkraut, einer gelbblühenden Pflanze:

    "Schöllkrautrezepturen sind auch seit dem Mittelalter beschrieben als wirksame Mittel gegen Warzen. Die Wirksamkeit ist hier tatsächlich gegeben. Da Schöllkraut hochgiftige Wirkstoffe enthält, sogenannte Zytostatika, das heißt diese Wirkstoffe töten Zellen ab. Von der Anwendung ist heute abzuraten, weil es zwar mit diesen Tinkturen auf Dauer gelingt, die Warzen zu töten, aber sie gleichzeitig auch anderes Gewebe schädigen. Ein Teil dieser zytostatischen Wirkung wird auch durch das Blut im gesamten Körper wirksam und daher wird Schöllkraut heute in keiner Weise mehr empfohlen. Es ist wirksam aber giftig."

    "Es war einmal ein Warzenschwein, das wollte ohne Warzen sein, drum nahm es einen Höllenstein und rieb damit die Warzen ein. Die Warzen wurden hierdurch klein und gingen schließlich völlig ein."