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Raif Badawi
Die nächsten Peitschenhiebe drohen

In Straßburg nominiert das EU-Parlament Raif Badawi für den Sacharow-Preis, in Berlin stellt seine Ehefrau eine Stiftung vor. Beides erinnert an sein Schicksal - und das der Meinungsfreiheit in der arabischen Welt. Aber wie geht es dem verurteilten saudischen Blogger selbst?

11.09.2015
    Ensaf Haidar, die Frau des inhaftierten saudische Bloggers Raif Badawi, hält ein Plakat "#FreeRaif" in die Höhe
    Ensaf Haidar, die Frau des inhaftierten saudischen Bloggers Raif Badawi, hält ein Plakat "#FreeRaif" in die Höhe (picture alliance/dpa/Arno Burgi)
    Es soll die Plattform für Meinungsfreiheit in der arabischen Welt werden, wünscht sich Ensaf Haidar: eine Stiftung im Namen ihres Mannes. Raif Badawi heißt der und sitzt hinter Gittern. Der Internetaktivist und Publizist wurde im Jahr 2012 in Saudi-Arabien zu zehn Jahren Haft, einer Geldstrafe und 1.000 Peitschenhieben verurteilt.
    Laut Anklage soll Badawi auf seiner Website "Saudi-Arabische Liberale" Beiträge veröffentlicht haben, die "den Islam beleidigten". Nach einer ersten öffentlichen Auspeitschung in der Stadt Dschidda war die Vollstreckung weiterer Peitschenhiebe zunächst verschoben worden.
    Ehefrau: ihm geht es schlecht
    Ihm gehe es "körperlich und psychisch nicht gut", erklärte Haidar nun in Berlin bei der Vorstellung einer Stiftung zur Förderung von Meinungs- und Pressefreiheit in der arabischen Welt. Sie telefoniere ein- bis zweimal pro Woche mit ihrem Mann. Sie sehne sich nach ihrem Mann, auch ihre gemeinsamen Kinder vermissten ihn sehr, sagte sie der Deutschen Welle, die Haidar bei ihrem Projekt unterstützt.
    Die Gründung der Stiftung sei seit 2011 sein Traum gewesen. Sie wolle ihm aber noch nichts davon erzählen. "Es soll eine Überraschung für ihn sein, wenn er aus dem Gefängnis kommt und endlich zu uns nach Kanada ziehen kann."
    Wann das der Fall sein wird, kann sie nicht sagen, kann niemand sagen. Derzeit liegt der Fall vor dem Obersten Gericht Saudi-Arabiens. Seine Familie lebt seither im Exil in Kanada, von dort aus kämpft Haidar für seine Freiheit.
    Nominiert für Auszeichnung des EU-Parlaments
    Die "Raif-Badawi-Stiftung für Meinungsfreiheit" mit Sitz in Kanada solle eine Plattform werden, um Nichtregierungsorganisationen und Einzelkämpfer für Presse- und Meinungsfreiheit in der arabischen Welt zu fördern, die Diskussionskultur zu stärken und ihnen einen Kommunikationskanal in den Westen zu bieten, so Haidar.
    Zunächst gehe es darum, Partner für eine stabile Finanzierung zu suchen. Als erstes Projekt werde die Stiftung eine Studie über die Blogger-Szene in der arabischen Welt in Auftrag geben. Sie können sich auch vorstellen, bald Seminare für arabische Journalisten oder Workshops für Blogger anzubieten.
    Eine Aktivistin von Amnesty International hält ein Plakat mit Raif Badawi hoch und fordert dessen Freilassung bzw. das Ende der Prügelstrafe vor der saudi-arabischen Botschaft in Deutschland am 29. Januar 2015.
    Der Blogger Badawi hat sich gegen die Übermacht religiöser Autoritäten und für die Trennung von Religion und Staat ausgesprochen. (AFP / Tobias Schwarz)
    Vom EU-Parlament wurde Badawi für den diesjährigen Sacharow-Preis nominiert. Mit ihm zeichnet Straßburg seit 1988 jährlich die Arbeit von Menschenrechtsaktivisten aus. Der Preisträger in diesem Jahr wird im Oktober verkündet.
    (bor/tj)