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Rallye Monte Carlo
Klassen-Doppelsieg mit dem Trabant

Die DDR-Rennfahrer der Sachsenring-Werksabteilung Zwickau riskierten von 1968 bis 1973 bei der Rallye Monte Carlo mehr als alle anderen Fahrer ihr Leben auf Schnee und Eis - im Trabant. Vor 45 Jahren gelang ihnen ein einzigartiger Coup.

Von Thomas Purschke | 24.01.2015
    An einer Autorallye teilzunehmen, setzt bei Piloten und Beifahrern generell ein hohes Maß an Risikobereitschaft voraus. Doch bei einem Rennen, wie der Rallye Monte Carlo, in einem Trabant anzutreten, bedeutete damals nicht nur unter Sicherheitsaspekten eine noch größere Herausforderung. Die Werks-Fahrer aus dem sächsischen Zwickau starteten bei zahlreichen Veranstaltungen in Europa. Das Highlight war für sie einst aber die Teilnahme an der prestigeträchtigen Rallye Monte Carlo - über Schnee und Eis in den französischen Seealpen. Dort feierten sie im Januar 1970 in der kleinsten Klasse bis 850 Kubikzentimeter sogar einen Doppelsieg. Eberhard Asmus und Co-Pilot Helmut Piehler sowie die Paarung Franz Galle und Jochen Müller fuhren diesen auf Trabant 601 ein. Und das mit einem getunten 46-PS-Trabi, dem am schwächsten motorisierten Auto des Teilnehmerfeldes.
    Der heute 82-jährige Maschinenbauingenieur und einzig noch Lebende der ersten Generation der 1960 gegründeten Sachsenring-Rennsportabteilung, Helmut Piehler, der fünfmal die Monte mitfuhr - davon zweimal als Pilot - erinnert sich im WDR-Magazin "Sport inside": "1970 ist es in der Klasse so gewesen, dass wir leistungsmäßig gegenüber anderen Fahrzeugen wohl unterlegen waren. Aber aufgrund von Kenntnis des Fahrzeuges, wenn doch mal ein kleiner Fehler aufgetreten sein sollte und wir uns selber helfen konnten, hatten wir gegenüber manch anderen Teilnehmer den großen Vorteil gehabt, dass wir wussten wo wir hin greifen und das Fahrzeug doch wieder flott bekommen haben."
    Rallye als Schaulaufen für die DDR-Automobilindustrie
    In der DDR existierte eine lebhafte Motorsportszene in etlichen Klassen. Neben den Sachsenring-Trabis traten auch Wartburgs aus Eisenach bei der legendären Rallye Monte Carlo an. Die Teilnahme an Rallyes hatte auch politische Gründe: Die DDR-Staatsführung wollte die Leistungsfähigkeit des Trabant zur Schau stellen und so den Export des Autos ankurbeln.
    Rallyefahren gehört zu den gefährlichsten Sportarten, Unfälle gehören dazu, aber das Überschreiten physikalischer Grenzen ausgerechnet in einem Trabant auszutesten, war besonders heikel. Damals drohte schon beim harmlosen Aufprall eines Serien-Trabis, die Kunststoffbeplankung abzureißen. Der Tank befand sich direkt neben dem Motor, die Feuergefahr war bei einem Unfall groß. Doch die Leidenschaft für den Rennsport war größer als die Furcht, körperlichen Schaden zu nehmen. Zum Glück gab es bei den Zwickauern nie einen Toten zu beklagen.
    Die Rennfahrer wurden in der Heimat verehrt, weil sie nicht nur über fahrerisches Geschick verfügten, sondern auch über Improvisationstalent. Die gefährliche Rallye Monte Carlo durch die Berge war auch eine Materialschlacht, bei der es vor allem auch auf die Reifen ankam.
    Christian Meischner, Mitglied der Sachsenring-Sportabteilung, der die Rallye Monte Carlo als Co-Pilot und Mechaniker einst mehrmals mitfuhr, erinnert sich: "Wir haben keine Spikes, in der DDR wurden die nicht hergestellt. Und da haben wir dann über Hintertüren oder eben auch über West-Mittel uns Spikes versorgt und haben die selber eingebohrt und haben die, da gab es eine Spezialpistole dazu, in die Reifen eingeschossen."