Crossfit

Das härteste Fitnesstraining der Welt?

Eine Frau trainiert: Schwungtaue werden in der Sportart Crossfit eingesetzt.
Eine Frau trainiert: Schwungtaue werden in der Sportart Crossfit eingesetzt. © Scott Webb on unsplash
Von Nele Rößler · 01.04.2018
Gewichtheben, Sprinten und Turnen - mit Crossfit soll alles trainiert werden: Kraft und Ausdauer, Schnelligkeit und Balance. Unsere Reporterin Nele Rößler hat das angeblich härteste Workout der Welt getestet - sie erklärt auch, warum der Erfinder den Workouts Frauennamen gegeben hat.
Claire und ich werden keine Freundinnen mehr. Ich schätze sie. Sie hat echt was drauf. Sie ist klug und abwechslungsreich, sie bringt Spaß. Und vor allem ist sie ziemlich effizient. Claire ist ein Workout der Sportart Crossfit. In jeder Trainingseinheit gibt es ein Workout of the Day und die haben Frauennamen wie Claire, Fran oder Nancy.
"Der Erfinder vom Crossfit hat mal ein Workout gemacht und hat sich danach ganz doll übergeben müssen und hat gesagt, das Kotzen kam über ihn wie ein Hurrikan und deswegen hat er den Workouts Frauennamen gegeben, weil in Amerika die Hurrikans Frauennamen haben," sagt Trainer Dag. Das erklärt nicht nur die Frauennamen der Workouts, das sagt auch viel über das Training, das mir gleich in dieser Crossfit-Box bevorsteht. Box, so heißt beim Crossfit der Raum, der aussieht wie eine Schulturnhalle in stylisch. In der Box, in der ich bin, ist alles schwarz und silberfarben. An den Wänden hängen Schiefertafeln. Es gibt Ringe und Stangen und Hanteln.
"Ich mache Crossfit", sagt einer der Teilnehmer des Kurses, "weil ich zuletzt Jahre unmotiviert im Fitnessstudio rumgehangen habe, und weil das alles schwierig ist, da alleine hinzugehen und sich zwei Stunden lang abzumühen und immer nicht zu wissen, was man machen muss. Und hier ist es einfach wirklich total geil motivierend - und ich habe quasi einen Personaltrainer. Und du gehst hin und weißt, es ist nur eine Stunde und du bist total fertig hinterher und hast jedes mal was Neues gemacht, wo du vorher dachtest, das würdest du niemals schaffen und am Ende hast du es irgendwie doch geschafft."

Härtestes Fitnessprogramm - alles nur Panikmache?

In der Gruppe sind nur zwei Frauen, eine davon bin ich. Die andere Teilnehmerin ist ein Crossfit-Fan: "Also ich find es angenehm, da man in der Gruppe trainiert und man wird auch, wenn man regelmäßig hingeht, super schnell fit."
Aber genug Spannung aufgebaut - zum Training selbst: Es geht los mit dem Aufwärmprogramm.
Wir machen Übungen wie Kniebeugen und weite Sprünge, jeder so viel er kann und will. Trainer Dag korrigiert uns, wenn wir eine Übung nicht richtig ausführen. Danach geht es weiter zum Ausdauertraining: Rudern. Bis dahin geht es mir ganz gut. Alles Panikmache, denke ich, dieses Gerede von Crossfit als härtestes Fitnessprogramm der Welt. Und dann kommt das Workout of the Day. Es sind Übungen mit Hanteln und Medizinbällen.
In Minute 54 der Crossfit-Stunde, denke ich: Ich sterbe. Ich spüre meine Beine nicht mehr, mein Fußspann ist verkrampft. Ich merke den aufkommenden Muskelkater jetzt schon. Aber ich weiß noch nicht, wie schlimm er wirklich wird. Das kann man sich schon mal merken: man muss eine gewisse Leidensfähigkeit für Crossfit mitbringen. Aber nach der Stunde habe ich alles trainiert, was man trainieren kann: Kraft, Kraftausdauer, Ausdauer und auch koordinative Fähigkeiten wie Schnelligkeit und Balance.

Lernt man im Sport wichtige Normen und Werte?

Auch Trainer Dag sieht das so: "Eigentlich in jedem Training hast du alles mit drin, natürlich gibt es mal primäre Aspekte, heute war es primär Bein und Schulter. Es kann nicht langweilig werden, weil ich ja jeden Tag einen neuen Trainingsaspekt bekomme." Also der Traum eines jeden Sportwissenschaftlers. Und eigentlich wäre Crossfit auch perfekt für mich. Ich strenge mich gerne an und ich habe wenig Zeit. Aber so richtig überzeugt bin ich nicht. Warum? Das weiß ich nicht richtig.
Erst unter der Dusche finde ich den Grund. Mir fällt der Satz einer der Teilnehmerinnen ein: "Ich muss mir auch nicht selbst Gedanken machen, was ich jetzt für ein Workout mache, was ich jetzt im Fitnessstudio trainiere und das ist sehr angenehm." Das erinnert mich an ein Kapitel in meinem Schul-Sportbuch, in dem es um die gesellschaftliche Bedeutung von Sport ging. Einen Satz daraus habe ich für die Abitur-Prüfung auswendig gelernt, weil ich ihn wichtig fand. "Im Sport lernt der Mensch wichtige Werte und Normen kennen". Und während mir Shampoo in die Augen tropft, denke ich, dass Sport für mich etwas anderes heißt, als seinen Kopf am Eingang der Turnhalle abzugeben.
Mehr zum Thema