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Ramsauer verteidigt Steuerentlastungen

Der designierte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wertet die geplanten Steuersenkungen vor allem als Stimulation für neues Wirtschaftswachstum. Sie sollten die Leistungsträger im Land motivieren.

26.10.2009
    Dirk Müller: Die Koalition und der Koalitionsvertrag. Darüber sprechen wollen wir jetzt im Deutschlandfunk mit CSU-Landesgruppenchef im Bundestag Peter Ramsauer, designierter Verkehrsminister im neuen Kabinett. Guten Morgen!

    Peter Ramsauer: Guten Morgen, momentan noch aus Bayern.

    Müller: Noch aus Bayern. – Herr Ramsauer, sind Sie am Ziel Ihrer Träume?

    Ramsauer: Ich weiß nicht, welche Träume Sie meinen, aber ein solider Politiker tritt nicht an, wenn er einmal in den Bundestag gewählt wird, mit dem Ziel, einmal Bundesminister jedweder Art zu werden. Man muss immer die Aufgabe, die man bekommt, bestmöglich machen. Wenn ich jetzt dieses großartige Amt übernehme, dann stelle ich mich dieser Aufgabe in aller Ernsthaftigkeit. Deutschland als großes Wirtschaftsland mit großen Chancen in Europa und in der Welt braucht exzellente Verkehrswege, exzellente Infrastruktur. Daran werde ich arbeiten.

    Müller: Aber Sie wollten nicht schon immer Verkehrsminister werden?

    Ramsauer: Nein. Wie gesagt, man stellt sich den jeweiligen Aufgaben als Parlamentarier. Wenn der Weg so geht, wenn ein solches Amt dann auf einen zukommt, dann stellt man sich. Immerhin habe ich schon zweimal zum Angebot eines Bundesministeramtes Nein gesagt, weil ich vorrangig meine parlamentarischen Pflichten erfüllen wollte.

    Müller: Reden wir über die Inhalte, Herr Ramsauer, die im Koalitionsvertrag stehen. Steuersenkungen versprochen, 24 Milliarden Euro. Sie haben aber nicht verraten, wie das finanziert werden soll. Woher nehmen Sie das Geld?

    Ramsauer: Wir haben uns sehr sorgfältig Gedanken darüber gemacht, wie das in ein verantwortbares Finanztableau hineinpasst, über die Jahre 2010, 2011 und danach. Wir haben dabei berücksichtigt, welche Herausforderungen uns etwa die gesetzliche Krankenversicherung abverlangen wird, ebenso die Bundesagentur für Arbeit. Wir haben uns sehr genau angesehen in diesen schwierigen Verhandlungen der letzten Wochen, welche Selbstfinanzierungskräfte ein Wachstumsimpulsprogramm haben würde, und hier liegt ein wesentlicher Punkt. Wir sehen Steuersenkungen als Motivation der Leistungsträger in die Zukunft, als Beitrag, als Stimulation von Wachstum. Darauf wird es sehr ankommen.

    Müller: Aber sicher sein können Sie ja nicht?

    Ramsauer: Sie sind zwar bekannt für Unterbrechungen, aber wenn Sie mich etwas fragen, müssen Sie mich auch antworten lassen.

    Müller: Bitte.

    Ramsauer: Wir setzen darauf, dass wir uns die Spielräume geschaffen haben, die wir für Steuersenkungen brauchen. Wir haben diese Steuersenkungen versprochen und sie werden jetzt in der Weise kommen, wie es in der Anmoderation schon zu hören war.

    Müller: Dann frage ich das noch mal, Herr Ramsauer. Selbstfinanzierungseffekt, das sagen Sie, das hat die FDP seit vielen, vielen Jahren auch immer wieder gesagt. Sicher sein können Sie nicht?

    Ramsauer: Aber die Erfahrung lehrt, dass es funktioniert. Sehen Sie, die rot-grüne Bundesregierung hat mit Steuersenkungen am Anfang dieses Jahrzehnts auch einen Beitrag dazu geleistet, dass wir in den Jahren 2005, '06 und '07 eine sehr gute Wirtschaftsentwicklung hatten. Diese Wirtschaftsentwicklung müssen wir stimulieren nach den schwierigen Jahren, die wir gegenwärtig zu verkraften hatten. Darauf muss man und kann man vertrauen, wie gesagt aus ökonomischer Erfahrung und aus der ganz praktischen Erfahrung der vergangenen Jahre.

    Müller: Sie sprechen von Steuersenkungen in der Großen Koalition. Die meisten von uns haben noch die Mehrwertsteuererhöhung als Anfang ihrer Politik in Erinnerung.

    Ramsauer: Das ist das eine, was man in Erinnerung hat. Das andere, das Gegenstück sozusagen, ist aus der Erinnerung vielfach verschwunden, nämlich dass fast im vollen Gegenwert der Mehrwertsteuererhöhung der Arbeitslosenversicherungsbeitrag gesenkt worden ist, und das war auch ein Beitrag dazu in den Jahren 2006, '07 und '08, dass sich der Arbeitsmarkt und die ganze Wirtschaft so hervorragend entwickelt haben.

    Müller: Stimmt das denn, was die SPD sagt, dass 14 Milliarden dieser Steuersenkungen – Sie sagen ja jetzt 24 Milliarden – bereits im Gesetzesbuch stehen?

    Ramsauer: Da bringen Sie zwei Zahlen durcheinander. Diejenigen 14 Milliarden Steuerentlastung, die zum 1. Januar 2010 ohnehin schon geplant waren, die stehen in der Tat schon im Gesetzbuch. Das sind umfassende Absetzungen von Vorsorgeaufwendungen und der zweite Einkommenssteuersenkungsschritt, den wir im Rahmen des zweiten Konjunkturpaketes beschlossen haben. Das ist jetzt schon Gesetz. Darüber hinaus werden wir die Kinderfreibeträge zum 1. Januar erhöhen und dann haben wir uns vorgenommen, dass wir möglichst zum 1. Januar 2011 das neue Steuersenkungspaket auf 24 Milliarden noch mal aufpumpen. Also beide Senkungen kommen, die 14 Milliarden, die schon im Gesetzbuch stehen, und noch mal zusätzlich 24 Milliarden Senkungen bei der Einkommenssteuer, die darüber hinaus noch kommen werden.

    Müller: Jetzt hat Wolfgang Schäuble, designierter Finanzminister, gestern gesagt, wir können nicht garantieren, dass es dazu kommt. Hat er da recht?

    Ramsauer: Er ist ehrlich. Er ist ein solider, pragmatischer Mann. Garantieren kann man das, was man sich fest vorgenommen hat, nicht. Daran arbeiten wir, das ist die Zusage, dass wir im Rahmen dessen, was wir an ökonomischen Möglichkeiten haben, das tun. Das haben wir im Übrigen in den vergangenen Jahren auch bewiesen, dass diese Senkungen kommen. Nicht zuletzt würden wir nicht sonst diese 14 Milliarden jetzt schon im Bundesgesetzblatt haben, die zum 1. Januar des kommenden Jahres ohnehin schon in Kraft treten hätten sollen. Man soll nicht immer nur zweifeln und nörgeln und schlecht machen, sondern positiv in die Zukunft blicken.

    Müller: Trotzdem dazu noch eine Frage, Herr Ramsauer. Das kann man also nicht genau garantieren, wie der designierte Finanzminister Wolfgang Schäuble gestern gesagt hat. Können Sie denn garantieren, dass die Beiträge für die Krankenversicherung steigen werden?

    Ramsauer: Wenn man immer nur so fragt, kann man garantieren, dass im nächsten Moment dies und jenes passiert, da verbreitet man nicht gerade große Zuversicht. Wir werden im Bereich der Krankenversicherung, wenn Sie danach fragen, auch alles tun, damit wir Wirtschaftlichkeitsreserven heben. Die Menschen können sich darauf verlassen, dass sie eine exzellente, ich sage immer Weltspitzenmedizin zur Verfügung haben, ohne Rücksicht auf Geldbeutel, ohne Alter. Das ist eine exzellente Garantie, kann ich hier wirklich bewusst sagen, die der deutsche Staat, das deutsche Versicherungswesen an unsere Bürger gibt. Das kostet natürlich auch Geld.

    Müller: Also höhere Beiträge?

    Ramsauer: Nein. Das heißt nicht unbedingt höhere Beiträge, sondern das heißt, dass wir versuchen, die Beiträge stabil zu halten, dass wir Freiheit im Gesundheitswesen garantieren, eine exzellente Versorgung. Und wenn die Spitzenmedizin immer teurere Leistungen anbietet, aus Gründen der Alterung der Gesellschaft und der medizinischen Leistungsfähigkeit, dann wollen wir dies den Menschen natürlich auch erschließen und gute medizinische Versorgung kostet auch ihr Geld. Ich will nicht, dass bei der Krankenschwester, beim Pfleger, beim Krankenwagenfahrer gespart wird, nur um des Sparens willen. Diese Menschen, um nur ein Beispiel zu nennen, leisten eine hervorragende, exzellente, verantwortungsvolle Arbeit. Wer im medizinischen Bereich gute Arbeit leistet, verdient auch das notwendige Geld dazu.

    Müller: Bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer, designierter Verkehrsminister im neuen Kabinett. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Ramsauer: Gerne!