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Rangierloks ohne Rußfilter

130 neue Rangierlokomotiven will die Deutsche Bahn anschaffen. Die neuen Dieselloks werden voraussichtlich keine Rußfilter haben - sehr zum Ärger der Deutschen Umwelthilfe. Sie wirft Bahnchef Hartmut Mehdorn Wortbruch vor.

Von Dieter Nürnberger | 05.03.2009
    Der Vorwurf der Deutschen Umwelthilfe zielt zuallererst auf die Tatsache, dass die Deutsche Bahn überhaupt erwägt, 130 neue Rangierloks ohne Dieselpartikelfilter anzuschaffen. Und der zweite Vorwurf ist, dass man Bahnchef Hartmut Mehdorn Wortbruch vorwirft, er habe 2004 seinem Aufsichtsrat versichert, künftig ausschließlich Dieselloks mit Filter anzuschaffen. Jürgen Resch ist der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.

    "Bei dieser Entscheidung, die wir nun seit knapp zwei Jahren verfolgen, stellen wir fest, dass nun im quasi letzten Moment durch eine Entscheidung des Bahnvorstandes eine schon ausgesprochene Bestellung abgeändert wurde. Nun will man Geld sparen. Das ist für uns ein Skandal. Es ist ein erneuter Bruch einer Zusage von Herrn Mehdorn. Wir möchten erreichen, dass die Bundesregierung als Eigner der Bahn dafür sorgt, dass eben diese Zusage von 2004 auch eingehalten und umgesetzt wird."

    Das Investitionsvolumen dieser Anschaffung von 130 Rangierlokomotiven beträgt 250 Millionen Euro. Das wurde inzwischen auch von der Bahn AG bestätigt. Die Deutsche Umwelthilfe ist aber auch deswegen so empört über das Geschäft, weil man bei Lokomotiven von einer Laufzeit von 30 bis 40 Jahren ausgeht. Es handele sich also um eine Investition mit langfristiger Wirkung. Und dabei sei längst bekannt, welche gesundheitlich negativen Auswirkungen diese Feinpartikel haben - übrigens egal, ob durch Pkw, Lkw oder Lokomotiven verursacht. Axel Friedrich war jahrelang Verkehrsexperte beim Umweltbundesamt, heute berät er die Deutsche Umwelthilfe.

    "Wir wissen, dass Dieselpartikel tief in die Lunge eindringen. Von dort auch in den Blutkreislauf. Wir schätzen, dass etwa 20.000 Menschen hierzulande jedes Jahr sterben, weil keine Rußfilter eingesetzt werden."

    Die Bahn hat inzwischen auf die Vorwürfe reagiert, es gibt eine Pressemitteilung. Und hier sind die Argumente in der Tat wirtschaftlicher Art. Aber man widerspricht, dass die bestellten Dieselloks des Typs "Gravita 10 BB" Dreckschleudern seien. Sie würden gültige Emissionsgrenzwerte einhalten. Hier widerspricht auch die Deutsche Umwelthilfe nicht, macht aber darauf aufmerksam, dass diese Einhaltung von Grenzwerten bei diesem Loktyp nur kurz- und mittelfristig gelte. Langfristig werde man aufgrund geänderter Grenzwerte Probleme bekommen. Und eine Lok werde eben für Jahrzehnte angeschafft. Warum also nicht gleich die beste und gesundheitsfreundlichste Technik verwenden? fragt Axel Friedrich und verweist auf das Beispiel der Schweiz.

    "Keiner kann behaupten, es würde technisch nicht gehen. Keiner kann behaupten, die Filter gingen kaputt. Sie werden in der Schweiz verwendet, in der Regel ohne große Probleme. Warum schützt die Schweiz ihre Bürger vor Gesundheitsschäden? Und warum wird in Deutschland das Kostenargument verwendet? Alle uns bekannten Schätzungen, auch aus den USA, zeigen, dass diese Maßnahmen hoch kosteneffizient sind."

    Die Bahn betont in ihrer Pressemitteilung auch, dass längst noch nichts entschieden sei. Man führe noch Verhandlungen, um den Preis für die Loks zu senken, somit habe man noch die Option bis Ende 2009 über die Erstausstattung mit Partikelfiltern zu entscheiden. Und man bringt auch eine öffentliche Förderung ins Spiel, um die Entscheidung für eine Ausrüstung mit Filter in wirtschaftlich schwierigen Zeiten leichter fällen zu können. Die Umwelthilfe sagt, Geld einer staatlichen Förderung sei bereits vorhanden. Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

    "Die Bundesregierung hat gerade im zweiten Konjunkturpaket sowohl im Forschungs- wie auch im Etat des Wirtschaftsministeriums finanzielle Positionen untergebracht, was die Ausstattung angeht. Hier geht es um die Abgasreinigung von Schienenfahrzeugen. Das heißt, die Bahn hat die Möglichkeit, sich einen Teil dieser Kosten direkt vom Bund zurückzuholen."

    Dieser Streit ist nun eine Art Schlagabtausch. Man wird sehen, wie der Streit ausgeht und ob die Bahn letztendlich nun wirklich Loks mit oder ohne effizientem Rußfilter bestellt.