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Raumfahrt
Gute Jobperspektiven bei der ESA

Deutsche Wissenschaftler sind unter den 2.200 Mitarbeitern der ESA unterrepräsentiert. Die Weltraumagentur nutzte deshalb die Landeaktion ihrer Marssonde, um Studierende der TU Darmstadt für eine Bewerbung zu motivieren.

Von Ludger Fittkau | 20.10.2016
    Im Kontrollzentrum der ESA in Darmstadt (Hessen) verfolgen Experten am 06.08.2014 den Flug der Raumsonde "Rosetta". Nach zehnjährigem Flug durchs All erreicht die Raumsonde im Laufe des Tages den Kometen «67P/Tschurjumow-Gerassimenko». Mit dem Einschwenken der Sonde in die Umlaufbahn beginnt das spannende Finale einer rund sechs Milliarden Kilometer langen Reise, die im November mit der ersten Landung auf einem Kometen gekrönt werden soll.
    Das Kontrollzentrum der ESA in Darmstadt. (picture alliance / dpa / Boris Roessler)
    Thomas Piniede ist so etwas wie der Idealfall aus der Sicht der Europäischen Weltraumagentur ESA. Der Franzose, der in Deutschland aufgewachsen ist, studierte an der TU Darmstadt Informatik, absolvierte ein Praktikum in der ESOC, dem Darmstädter Kontrollzentrum der Weltraumagentur und wählte für seine Masterarbeit ein Thema, das die ESA gut gebrauchen konnte. Thomas Piniede entwickelte im Rahmen der Arbeit eine Softwareanwendung, über die ESA-Raumsonden jetzt mit denen der US-Raumfahrtagentur NASA kommunizieren. Darauf ist der junge Informatiker besonders stolz:
    "Das fand ich sehr motivierend. Weil es ist schon häufiger so, bei meiner Bachelorarbeit war dies der Fall, das war interessant und ich habe da auch viel gelernt und auch irgendwo zur Wissenschaft beigetragen, aber das, was ich dann im Rahmen meiner Bachelorarbeit entwickelt hatte, wurde nie mehr angewendet und nicht mehr benutzt. Das ist auch nicht so schlimm, das ist normal im wissenschaftlichen Bereich, dass nicht alles eine unmittelbare praktische Anwendung findet. Und jetzt in meiner Masterarbeit fand ich es sehr motivierend zu wissen, das Projekt, das ich entwickle, wird sehr dringend von der ESOC gebraucht."
    Ingenieure und Physiker sind weiterhin gefragt
    Claudia Nijboer ist Personalleiterin bei der ESA. Sie ist zum ersten Mal bei einer Informationsveranstaltung der Raumfahrtagentur in der TU Darmstadt dabei und freut sich über die rund 500 Studierenden, die sich vor dem komplizierten Landemanöver der Marssonde "Schiaparelli" gestern Abend informieren - über die Praktikums- und Beschäftigungsmöglichkeiten der Organisation mit 2200 Mitarbeitern an acht europäischen Standorten. Gerade die Deutschen haben zur Zeit gute Chancen, als Ingenieure, Physiker aber auch als Juristen eine Stelle bei der ESA zu bekommen, weil Deutschland im Verhältnis zu den anderen 21 ESA-Mitgliedsstaaten aktuell unterrepräsentiert ist. Claudia Nijboer nennt mögliche Gründe für diese Situation:
    "Ich denke, es ist viel einfach der Bekanntheitsgrad des Ganzen zum einen. Ich glaube, gerade die Tatsache, dass man realisiert, dass dieser Nationalitätenproporz bei uns so wichtig ist, ist vielen nicht bewusst. Zum anderen ist es aber auch so, dass wir merken im Vergleich zu anderen Ländern, dass durchaus die Mobilität bei jungen Deutschen vielleicht nicht ganz so ausgeprägt ist wie vielleicht in anderen Ländern, wo da mehr Notwendigkeit besteht."
    Astronaut zu werden, dieser Traum wird allerdings für die wenigsten realisierbar sein. Auf sechs Stellen im All kommen 23.000 Bewerbungen!
    Praktika können für Masterarbeit nützlich sein
    Doch für Physiker etwa im Bereich der Flugdynamik in Darmstadt oder für Klimaforscher in Italien, für Astrophysiker in Spanien oder für Elektroingenieure im niederländischen ESA-Zentrum in Noordwijk stehen sie Chancen auf eine erfolgreiche Bewerbung nicht schlecht. Das erfuhren die Studierenden der TU Darmstadt gestern bei der Infoveranstaltung. Voraussetzung für eine Festanstellung sind allerdings fünf bis sieben Jahre Berufserfahrung sowie perfekte Englisch oder Französischkenntnisse. Bis zum 31. Oktober kann man sich aber auch noch für ein drei oder sechsmonatiges Praktikum bewerben, das möglicherweise für die Masterarbeit genutzt werden kann. Florian Dierbach, der im vierten Mastersemester an der TU Darmstadt Maschinenbau studiert, will diese Gelegenheit beim Schopfe packen:
    "Der konkrete Bewerbungszeitrum ist ja Online. Das heißt, ich werde jetzt meine ganzen Bewerbungsunterlagen zusammenstellen und das Ganze dann gezielt auf eine Bewerbung ausrichten."
    - Bis zum 31. Oktober?
    Florian Dierbach: "Am besten schon gestern, ja."
    Andere Studierende zögern nach der Infoveranstaltung noch. Wie Patrick Hesse, der im siebten Semester Maschinenbau studiert. Die Arbeit bei der ESA sei doch ziemlich anspruchsvoll, findet er:
    "Es ist halt viel Entwicklungsaufwand dahinter. Es ist multikulturell. Vor allem aber die technischen Voraussetzungen. Sprache zum Teil auch. Englisch geht noch, aber je nachdem, welche anderen Sprachen hinzukommen."
    Christian Erz, der im dritten Semester Maschinenbau studiert, schrecken diese Voraussetzungen nicht. Er würde gerne für die Raumfahrt arbeiten:
    "Ja vor allem die ESA dann, weil da wurde ja auch viel vorgestellt, was man da als Student machen kann oder nachdem man schon längere Berufserfahrung gesammelt hat- Raumfahrt an sich, ist schon sehr interessant."
    Auch wenn mal Signale einer Marssonde abbrechen- wie gestern Abend bei "Schiaparelli".