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Tagebaustilllegung in der Lausitz
Streit um Rücklagen für Renaturierung

Noch gibt es kein konkretes Datum für den Ausstieg aus der Braunkohle, doch in der Lausitz steht das Ende des Tagebaus bevor. Die milliardenteure Renaturierung der Region wird der Betreiber zahlen - so die Landesregierung. Kohlekritiker befürchten jedoch, dass am Ende die Steuerzahler ran müssen.

Von Vanja Budde | 30.04.2018
    Maschinen für den Braunkohleabbau stehen im Braunkohletagebau Welzow Süd nahe Welzow (Brandenburg).
    Für die Abwicklung des Braunkohletagebaus in der Lausitz und die Renaturierung der Region fordern Kohlekritiker Sicherheitsleistungen (picture alliance/ dpa/ Patrick Pleul)
    Die rot-rote Landesregierung in Brandenburg gibt sich optimistisch: Die Abwicklung des Braunkohletagebaus in der Lausitz und die Renaturierung der Abbauregion werde klappen. Es gebe keinen Bedarf, Vorsorge für den Fall zu treffen, dass der Braunkohlebetreiber seinen Sanierungspflichten nicht nachkomme, antwortete die Landesregierung jüngst auf eine entsprechende Anfrage der Grünen. Dafür bestehe auch kein Anlass, sagt Klaus Freytag, Abteilungsleiter im Brandenburger Energieministerium. Schließlich habe der Betreiber, die Lausitz Energie Bergbau AG und die Lausitz Energie Kraftwerke AG, kurz LEAG, ein Revierkonzept vorgelegt.
    "Es ist ein rundes Konzept, in dem auch für die einzelnen Tagebaue die Kosten der Rekultivierung, der ordnungsgemäßen Wiederherstellung der Landschaft eigepreist sind."
    Kohlekritiker fordern Sicherheitsleistungen
    In den vergangenen Jahrzehnten habe der jeweilige Betreiber zu seinen Verpflichtungen gestanden, meint Freytag. Es gebe darum keinen Grund zu Misstrauen. Kohlekritiker sehen das anders. Denn Vattenfall legte beim Verkauf an den neuen Eigentümer - das tschechische Unternehmen EPH - zwar noch rund anderthalb Milliarden Euro für die Renaturierung der Tagebaue obendrauf. Doch es ist unklar, ob das Geld noch da ist und ob es reicht, wenn eines Tages der Kohleabbau eingestellt wird. EPH sei eine Heuschrecke mit undurchsichtigen Strukturen, schimpfen Kritiker. René Schuster von der Umweltgruppe Cottbus zum Beispiel:
    "Die einzige Möglichkeit, so viel wie möglich von diesem Geld, das Vattenfall der EPH übergeben hat, zu sichern für die Folgekosten, ist, Sicherheitsleistungen nach Bundesberggesetz anzuordnen. Das kann die Bergbehörde machen, das ist in Brandenburg aber nie erfolgt."
    Diese Forderungen werden wieder lauter, seit der EPH-Manager Jan Springl der Zeitschrift "Capital" Ende vergangenen Jahres ein Interview gab: Springl erklärte darin, die Prager Holding sei nur dann bereit, für die Verpflichtungen ihrer Tochterfirma LEAG zu haften, wenn die Bundesregierung gleichbleibende Geschäftsbedingungen für die Braunkohle garantierte. Also auf den Ausstieg verzichtet.

    "Das ist ein erpresserisches Szenario, wo jetzt die Landesregierung gefordert ist, dem entgegenzutreten. Um zu sichern, dass das nicht der Steuerzahler zum Schluss bezahlen muss", schimpft Heide Schinowsky, energiepolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion.
    EPH versucht zu beruhigen
    EPH-Manager Jan Springl versuchte bei seinen bisherigen Auftritten am LEAG-Firmensitz Cottbus solche Befürchtungen zu entkräften:
    "EPH ist und war immer und wird immer der langfristige Investor bleiben. Wir haben immer mit unseren Unternehmen mitgelebt. Wir haben die Unternehmen immer entwickelt und wir hatten immer die Gelder, die wir verdient haben, immer reinvestiert, entweder in die Unternehmen direkt oder in weiteres Wachstum von der Gruppe."
    Ebenso wie die gleichfalls von EPH aufgekaufte Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft MIBRAG in Sachsen Anhalt und Thüringen sei die LEAG für die Rekultivierung sehr gut aufgestellt.
    "Ein gutes Beispiel ist jetzt die Rekultivierung von Cottbus Nord von dem Tagebau, der 2015 stillgelegt wurde. Und jetzt werden in den kommenden zwei, drei Jahren daraus 200 Millionen für die Rekultivierung ausgegeben. So wird das dann natürlich sukzessive gemacht, auch im Fall der anderen Tagebaue."
    Energieministerium: Vertrauen in die LEAG
    Auch Klaus Freytag vom Brandenburger Energieministerium wirbt mit dem Hinweis auf den ausfinanzierten Cottbusser Ostsee um Vertrauen für den Betreiber. Dabei setzt er aber offenbar mehr auf das komplett von Vattenfall übernommene Management der LEAG in Cottbus und weniger auf die EPH im fernen Prag:
    "Die LEAG ist für uns der Ansprechpartner in der Region. Was da dann hinterher eine Mutter, ein Shareholder dazu sagt, das nehmen wir zur Kenntnis. Aber wir treffen die Vorsorge mit der Region, mit den Vorständen der LEAG. Und ich glaube, das ist mehr als handfest, weil das sind Menschen, die auch morgen noch da sind, und die dafür sorgen, dass ihre Heimat vor ihrer Haustür auch wieder ordentlich aussieht."
    In Sachsen bereits Sicherheiten für Renaturierung eingefordert
    So vertrauensselig sei man im benachbarten Sachsen nicht mehr, merken die Grünen spitz an: Nach Kritik des dortigen Landesrechnungshofes sind inzwischen Sicherheiten eingefordert worden, um den ebenfalls von der LEAG respektive EPH betriebenen Tagebau Nochten später zu renaturieren.
    Jetzt tüftelt der Betreiber nach Angaben des sächsischen Wirtschaftsministeriums an einem Rückstellungskonzept, das er bis Ende Juni vorlegen will. Im Spätsommer soll dann auch ein mit Spannung erwartetes Gutachten erscheinen, das Brandenburg gemeinsam mit Sachsen in Auftrag gegeben hat: Die Expertise soll ein Modell liefern, wie genau die milliardenteuren Kosten für Rekultivierungen bestrittet werden können, wenn das Geschäft mit der Braunkohleverstromung früher als gedacht zu Ende geht.