Donnerstag, 28. März 2024

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Realistischer Kinderroman
"Am Anfang ist immer Empathie"

Die niederländische Kinderbuchautorin Marjolijn Hof hält ihre Romane trotz Themen wie Tod und Angst nicht für zu schwer. Sie versuche immer, einen Subtext zu schreiben, die Geschichte müsse Luft haben und auch immer leicht sein, sagte Hof im DLF. Am Ende der Geschichten gebe es immer Hoffnung.

Marjolijn Hof im Gespräch mit Ute Wegmann | 13.08.2016
    Ein Mann und zwei Kindern stehen Hand in Hand und bei bewölktem Himmel am 11.10.2009 in München auf einem mit Graffitis besprühten Mauerstück auf der Nordheide (Panzerwiese).
    Die Kinder in Hofs Bücher setzten sich mit schweren Themen auseinander, zum Beispiel Adoption. (picture-alliance / dpa / Tobias Hase)
    Ute Wegmann: Der realistische Kinderroman hat in den Niederlanden eine lange Tradition. Einer seiner bekanntesten Vertreter ist Guus Kuijer mit einer Reihe um die Mädchenfigur Polleke. In seiner direkten Linie steht die niederländische Schriftstellerin Marjolijn Hof. Auch sie hat sich den Alltagsgeschichten verpflichtet, erzählt linear und dialogreich aus dem Leben der Kinder, die sich meist an der Grenze zum Teenager befinden. Außerirdische und Hexen sucht man bei ihr ebenso vergeblich wie knallharte Action. Leise sind die Geschichten und dennoch erzählen sie von lauten inneren Ängsten und Sorgen, manchmal sind es sogar Aufschreie. Ein Mädchen leidet darunter, dass der Arztvater immer wieder in Kriegsgebiete fährt. In "Tote Maus für Papas Leben". Ein adoptierter Junge, der sehr gut Tiere zeichnen kann, möchte wissen, woher sein Talent kommt. Vielleicht von seiner leiblichen Mutter in "Mutter Nummer Null". Twan und seine Schwester Linde tragen ein großes Geheimnis, weil sich der Urgroßvater bei Eis und Schnee in die Berge aufmachen möchte, um nicht in einem Altersheim zu sterben in "Opi Kas, die Zimtziegen und ich". In all diesen Geschichten, in denen zwar viele alltägliche Situationen stattfinden, müssen aber die Kinder sich immer mit einer existenziellen Bedrohung auseinandersetzen.
    - Marjolijn Hof, ich begrüße Sie ganz herzlich. Wie haben Sie zu dieser Art psychologischem Kinderroman gefunden?
    Hof: Ich muss zuerst sagen, dass ich die Romane nicht zu schwer finde. Es gibt auch viel Humor. Ich denke auch niemals über ein Thema nach. Es fängt immer mit einer Frage an, dann bin ich neugierig, und am Anfang ist immer Empathie und dann bin ich den Charakteren beim Schreiben sehr nah. Ja, das ist natürlich psychologisch, wenn man sich in eine Figur hineinversetzt. Aber wenn andere die Bücher beurteilen, sagen sie immer, es sei psychologisch. Mir ist das nicht so bewusst. Für mich ist es eine natürliche Art des Erzählens. Wenn ich mich in das jeweilige Kind versetze, weiß ich genau, was sie machen oder denken.
    Wegmann: Nun haben Sie gesagt, es handelt sich um Empathie. Ist das Empathie für die Figur, die Sie im Kopf haben?
    Hof: Empathie für die Charaktere, ja!
    Wegmann: Gibt es ein literarisches Vorbild?
    Hof: Nicht wirklich ein großes Vorbild. Ich bin aufgewachsen mit Astrid Lindgren, klar. Aber wichtig war, dass ich in einem Haus mit vielen Büchern aufgewachsen bin. Jedes Zimmer war voller Bücherregale. Und Jugendliteratur wurde sehr ernst genommen. Mein Vater hat Jugendbücher gelesen und Bilderbücher gesammelt. Der Wunsch, Schriftstellerin zu werden, war für mich immer mit all den schönen Büchern verbunden. Aber ich erinnere mich an ein Buch, das war in Französisch von Maurice Druon, übersetzt ins Deutsche heißt es: Tistou mit den grünen Daumen. Da habe ich zum ersten Mal erkannt: Eine Geschichte ist nicht nur eine Geschichte, sondern es gibt auch Stil und Sprache. Eine wichtige und bewusste Erfahrung. Ich war damals zehn Jahre alt.
    Wegmann: Wer gehörte denn sonst noch zu den Schriftstellern, die Sie als Kind gelesen haben?
    Hof: Viele. Astrid Lindgren. Anne Schmidt. Und dann ein Buch mit Kurzgeschichten, nicht immer geeignet für junge Leser. Oder auch Gedichte für Erwachsene. Tolstoi zum Beispiel auch. Da gab es keine scharfe Grenze, sondern eine weiche Grenze zwischen der Jugendliteratur und der Erwachsenenliteratur. Das war für mich sehr wichtig, dass es keine Begrenzung gab.
    Wegmann: Nun waren Sie ja, bevor Sie Schrifttellerin wurden, Bibliothekarin. Kam das durch die Erfahrung, mit den Büchern zu leben.
    Hof: Ich wollte immer zeichnen und schreiben
    Hof: Ja, ich wollte immer zeichnen und schreiben, dachte aber immer, das sei nicht gut genug. Ich wollte etwas machen mit Kindern und Büchern und war dann Jugendbibliothekarin und spezialisiert auf Jugendliteratur.
    Wegmann: Was ist das Schwierigste am realistischen Kinderroman?
    Hof: Das weiß ich nicht genau. Ich versuche immer, einen Subtext zu schreiben, die Geschichte muss Luft haben, es muss auch immer leicht sein. Aber das dauert lange. In den Schulklassen, wenn die Kinder fragen, wie lange es dauert, ein Buch zu schreiben, erzähle ich immer die Geschichte, ich glaube, es war von Mark Twain: Er hat einen Brief geschrieben an einen Kollegen und der erste Satz lautete: Bester Kollege, es tut mir leid, dass ich einen langen Brief schreibe, aber da war keine Zeit für einen kurzen.
    Wegmann: Ihre Geschichten umfassen 100 bis 140 Seiten bei den Romanen. Kurze Kapitel. Man gewinnt den Eindruck, als hätten Sie mit großer Sorgfalt jedes überflüssige Wort herausgestrichen. Vor allem fällt das bei den Dialogen auf, die knapp gehalten, an Tempo aufnehmen und nicht selten auch aus Ein-Wort-Sätzen bestehen. Schnörkellos. Punktlandungen. Wie erarbeiten Sie Ihre Geschichten?
    Hof: Das sind die kurzen Briefe, da muss man lange nachdenken. Was kommt in das Buch, was nicht. Aber ich glaube, es hat auch mit meiner Persönlichkeit zu tun. Ich liebe es, wenn man noch drüber nachdenken kann, wenn nicht alles gesagt wird, wenn es nicht zu viel ist.
    Wegmann: Das Zuviel wird dann rausgestrichen?
    Hof: Oder es ist nicht einmal drin. Ich muss manchmal versuchen, mehr zu schreiben.
    Wegmann: Um sich dann wieder von Formulierungen zu trennen?
    Hof: Es sind am Anfang keine langen Geschichten. Ich schreibe einfach so.
    Wegmann: Ihr erstes und erfolgreichstes Buch heißt "Een kleine Kans", "Tote Maus für Papas Leben" aus dem Jahr 2008. Der Vater fliegt als Arzt einmal im Jahr in ein Kriegsgebiet. Kiki bleibt besorgt zurück mit der Mutter und einem alten Hund. Und so beginnt der Roman:
    Lesung aus "Tote Maus für Papas Leben"
    Wegmann: Es las Marjolijn Hof. Aus Kindersicht erzählt, erleben wir eine liebevolle Mutter, die dem Mädchen eine Theorie der Wahrscheinlichkeit zum Trost an die Hand gibt: Wie viele Kinder kennst du mit einem toten Vater, fragt sie. Für Kiki spitzt sich die Sorge zu, als der Vater vermisst wird und sie fragt sich: Kann man Wahrscheinlichkeiten verringern? Wenn sie eine tote Maus hätte und vielleicht der alte Hund sterben würde? Kann sie die Situation so beeinflussen? Es gibt doch sicher keine Kinder mit einer toten Maus, einem toten Hund und einem toten Vater? Alle diese Fragestellungen sind praktische Philosophie.
    Hof: Vielleicht ja. Es ist einfach in meinem Gehirn. Ich mache das nicht bewusst. Es gibt die Idee und dann schreibe ich das, ohne das Bewusstsein, dass es philosophisch sein könnte.
    Wegmann: Gibt es für Sie Tabus in Kinderbücher?
    Hof: Kinderliteratur darf nicht schwer sein
    Hof: Doch. Nicht bei den Themen, ich denke ja nicht in Themen. Aber bei der Kinderliteratur gibt es das Tabu, dass es nicht zu schwer sein sollte. Ein Buch für kleine Kinder, das ganz schwarz ist, nicht gut ausgeht, keine Hoffnung birgt, das ist ein Tabu. So etwas Schlimmes will ich nicht schreiben.
    Wegmann: Nun gehen die Geschichten bei Ihnen ja auch nicht immer leicht aus. Also es gibt da auch nicht unbedingt ein Happyend.
    Hof: Ich meine auch kein märchenhaftes Ende, das ist zu unnatürlich. Aber es gibt immer Hoffnung. Und es gibt mehr Raum, es verschiebt sich etwas und ändert sich. Und es ist auch eine Art Fluchtplan, manchmal können die Kinder sich selber ein Ende überlegen.
    Wegmann: Wir haben es in diesem Buch mit einem nicht näher bestimmten Krieg zu tun. Er scheint aber weiter weg, auf einem anderen Kontinent. Auf ganz andere Weise spielt der Krieg eine Rolle in "Mutter Nummer Null". Der adoptierte Erzählerjunge Fezjo, etwa zehn Jahre alt, erfährt, dass seine Mutter schwanger wurde, in einem Land, in dem Krieg herrschte. Auf die Welt gekommen ist er aber in den Niederlanden, dort hat sie ihn zur Adoption frei gegeben. Hier ist ganz konkret vom Bosnienkrieg die Rede. Wir erfahren keine weiteren Details, aber wenn der erwachsene Leser liest, dass sie den Sohn nicht treffen möchte, weil die Vergangenheit noch zu nah erscheint, weiß man, dass sie Schreckliches erlebt hat. Und Fezjo spürt das intuitiv auch. Gehört Ihrer Meinung nach der Krieg heute zu unseren Alltag?
    Hof: Es ist immer da. Es sind auch viele Flüchtlinge hier. Es gehört zu unserer Welt. Und obwohl ich ja gesagt habe, ich denke nicht in Themen, ist dieses Buch doch eine Ausnahme. Ich wollte ein Buch über Adoption schreiben, weil ich selbst ein Adoptivkind bin. Ich fand es wichtig, dass es ein Buch gibt über die Ambivalenz, dass man nicht weiß, ob man die Mutter suchen will oder nicht. Es gab darüber kein Buch. Nur Bücher, in denen die Kinder unbedingt ihre Mutter finden wollten oder sie wollen herausfinden, wer ihr Vater war. Aber so ist es ja gar nicht. Deshalb ist das Buch eine Ausnahme. Natürlich bin ich in den 50er-Jahren adoptiert, zum Glück hat sich vieles geändert. Jetzt gibt es nicht mehr so viele niederländische Adoptivkinder. Deshalb war dann klar, dass es ein Kind aus dem Ausland sein musste.
    Wegmann: Der Junge bezeichnet die leibliche Mutter als die Mutter Nummer Null, weil die Mutter mit der er lebt, die Mutter Nummer Eins ist. Das ist ja nun autobiografisch. Haben Sie denn Ihre Mutter Nummer Null gesucht und gefunden?
    Hof: Das ist eine unglaubliche Geschichte. Als ich meine Mutter gesucht habe, ist nichts dabei herausgekommen. Später, zwei, drei Monate nach der Buchveröffentlichung, hat meine Mutter mich gefunden. Das Buch spielt in meinem Wohnort. Und so hat meine Mutter mich gesucht. Der Junge fährt mit einem Zug als er seine Mutter sucht. Und zwei Monate später war ich im selben Zug. Der Junge denkt, vielleicht fährt meine Mutter im selben Zug. Und meine Mutter fuhr im selben Zug, nur eine Stunde später. So hab ich herausgefunden, sie wohnt nur fünf Minuten mit dem Fahrrad von mir entfernt. Jetzt hab ich meine Mutter gefunden und sie lebt ganz in der Nähe. Merkwürdig!
    Wegmann: Ihre Mutter ist aber Niederländerin?
    Hof: Ja, in den 50er-Jahren gab es viele niederländische Adoptivkinder, weil man die Kinder nicht alleine großziehen konnte.
    Wegmann: In "Mutter Nummer Null" zeigen Sie, wie geschickt Sie Parallelhandlungen miteinander verflechten. Es geht auch um das erste Verliebtsein, um das Kribbeln im Bauch, das Fezjo für das Mädchen Maud empfindet. Vor allem aber geht es um Familie. Vater, Mutter, Schwester, Erzähler. Ein Familiengebäude, das zu wanken beginnt, als der Junge den Wunsch äußert, seine Mutter zu treffen, da seine Schwester An, ebenfalls adoptiert und auf einem chinesischen Feld gefunden, niemals ihre Eltern treffen könnte. Viele Kinder, die so scheinbar normal leben, tragen oft immense Geschichten und nicht selten Bürden mit sich herum. Verstehen Sie sich als Schriftstellerin auch als Botschafterin für diese Kinder?
    Hof: Pädagogik und Literatur gehen nicht zusammen
    Hof: Nein! Überhaupt nicht. Das wäre pädagogisch. Und ich finde Pädagogik und Literatur geht nicht zusammen, das sind eigentlich Feinde. Es hat mit der Empathie zu tun. Man stellt eine Verbindung zur Kindheit her und zu Kindern. Und dann kommt das ganz natürlich. Und wenn man Kinder liebt und sich selber an seine Kindheit erinnert, dann entwickelt es sich auf natürliche Weise.
    Wegmann: Die niederländische Schriftstellerin Marjolijn Hof ist heute Gast im Büchermarkt. Ihnen gelingt es, starke, interessante Kinderfiguren zu erschaffen, die trotz ihrer oft unerwarteten Denkweise nie altklug oder besserwisserisch wirken. Sie trauen Ihren Figuren viel zu. So findet auch der Tod mit großer Selbstverständlichkeit einen Platz in ihren Geschichten. Zum Beispiel in "Mein Opa und ich und ein Schwein namens Oma", eine Geschichtensammlung, Abenteuer mit Opa erzählt aus der Perspektive der Enkelin: Pfannkuchenberge backen, über Gräben springen, einfach einen Tag lang böse sein. Eine Geschichte heißt: "Ein großer Trost" und beginnt mit dem Satz: "Wenn ich tot bin, gehört alles dir", sagte mein Opa. Hier ist die Auseinandersetzung mit Tod eine Art Spiel. Anders in "Opi Kas, die Zimtziegen und ich". Ein ernster Kinderroman über das Altern und selbstbestimmtes Sterben. Urgroßvater, 92 Jahre alt, ein alter Seemann, lebt alleine in Island, als eine Delegation - seine Tochter, Enkelin und Zwillingsurenkel ihn nach Holland holen wollen. Aber der alte freiheitsliebende Mann sagt so schöne Sätze wie: "Wenn man etwas lernte, dann war es das: sich selbst zu helfen." Oder: "Ein freier Junge bleibt immer ein freier Junge. Lasst mich mal gehen auf meine Art." Oder "Ein Mensch stirbt am liebsten, wie er gelebt hat." Ein Plädoyer für Selbstbestimmung im Alter und damit auch für ein selbstbestimmtes Sterben?
    Hof: Ja, das hat etwas mit Autonomie zu tun und Abhängigkeit. Ich wollte keinen netten Opa um die Ecke, aber ich brauchte einen Uropa, ganz alt, der sagt, ich bin fast alle, und der weit weg lebt in Island. Eine bewusste Sache, damit es nicht so schwer wird. Opa oder Uropa ist für Kinder auch meistens die erste Begegnung mit dem Tod.
    Wegmann: Sie haben das wunderbar herausgearbeitet, wie der Urgroßvater in kleinen Schritten entmündigt wird, obwohl er noch absolut autonom leben kann, sich auch versorgt. Und jetzt, wo man ihn abholen will, verweigert er sich. Opi Kas weiht den Urenkel in seine Pläne ein, der weiht wiederum seine Zwillingsschwester ein, dass er trotz Eis und Schnee in die Berge gehen will. Twan liest immer wieder aus dem Survival-Buch vor, sie kaufen dem Urgroßvater Dinge, die er mitnehmen muss –das Survival-Buch war wie ein Sturzhelm. Marjolijn Hof liest einen kurzen Ausschnitt:
    Lesung aus " Opi Kas, die Zimtziegen und ich"
    Wegmann: "Opi Kas, die Zimtziegen und ich" – ein Buch über Selbstbestimmung im Alter. Nun weiht der Großvater die Kinder ein. Aber was sollen sie tun? Eine Zwickmühle. Ihn verraten oder seinen Weg akzeptieren? Ein großer Konflikt für einen Kinderroman!
    Hof: Ja, vielleicht.
    Wegmann: Die beiden sind erst zehn Jahre alt.
    Hof: Wenn man das so zusammenfasst, dann klingt das schwer und wie ein großes Thema. Aber im Buch geht das langsam, es gibt viel Humor und es ist auch nicht immer so deutlich, weil es das Survival-Buch gibt und es ist auch nicht klar, dass er stirbt, er geht in die Berge.
    Wegmann: Zwei Ihrer Bücher, auch dieses hier, spielen in Island. Die Landschaft und vor allem das Wetter spielen in "Opi Kas, die Zimtziegen und ich" eine große Rolle. Hätten Sie das Buch auch schreiben können, wenn Sie Island nicht gekannt hätten?
    Hof: Island ist sehr wichtig für mich
    Hof: Island ist sehr wichtig für mich. Ich liebe es, es hat raue Natur und einen eigensinnigen Menschenschlag. Eigensinnigkeit findet man immer in meinen Büchern. Die Isländer sind eigensinnig, deshalb sollte Opi Kas dort leben, als halber Isländer.
    Wegmann: Alles das, was man liest, da spürt man, dass Sie das erlebt haben.
    Hof: Ja, das brauchte ich. Am Ende des Buches sage ich: Man muss viel wissen, um wenig schreiben zu können.
    Wegmann: So steht es in Ihrer Danksagung.
    Hof: Ich brauchte, die Zeit in Island, den Schnee, die Kälte, den Sturm, um die Geschichte lebendig zu machen.
    Wegmann: Wie wichtig ist es für Sie, das alle Ihre Geschichten Ich-Erzählungen sind?
    Hof: Ich habe jetzt ein Buch fertig, das ist keine Ich-Erzählung. Wenn man in der ersten Person schreibt, ist man ganz in der Nähe der Charaktere. Man muss den Stil finden für die jeweilige Geschichte. Die Geschichte fragt danach.
    Wegmann: Was wird das neue Buch sein?
    Hof: Es hat angefangen mit einem Bild in Berlin, ein Bild von Ludwig Richter: "Der Teich im Riesengebirge." Es zeigt einen Mann, einen Jungen und einen Hund. Sie gehen am See entlang. Das ist schon eine Abenteuergeschichte. Dann habe ich versucht, ein Abenteuer in Verflechtung mit einem psychologischen Roman zu schreiben. Abenteuergeschichten finde ich auch manchmal langweilig: Es ist immer das Gleiche, die gleiche Dramaturgie mit Cliffhanger. Also hab ich versucht, es schwieriger zu machen durch die Verflechtung.
    Wegmann: Wie wird der Titel sein?
    Hof: Löffelschnitzer. Der Junge ist ein Löffelschnitzer.
    Wegmann: Ich bin sehr gespannt.
    Hof: Ich auch.
    Wegmann: Nun, alle Ihre Bücher standen auf den Besten 7, der monatlichen Deutschlandfunk-Bestenliste, darum können wir hoffen, dass es mit dem nächsten auch so sein wird. Die niederländische Schriftstellerin Marjolijn Hof war heute Gast im Büchermarkt. Herzlichen Dank für das Gespräch!
    Besprochene Bücher:
    • "Tote Maus für Papas Leben", 105 Seiten, Bloomsbury Verlag
    • "Mutter Nummer Null", 140 Seiten, Bloomsbury Verlag
    • "Mein Opa und ich und ein Schwein namens Oma", mit Bildern von Susanne Göhlich, 125 Seiten, Aladin Verlag
    • "Opi Kas, die Zimtziegen und ich", 141 Seiten, Aladin Verlag