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Rechte Gedanken in der Kurve

In vielen Bundesliga-Stadien sind auch Rechtsextremisten zu Hause. Sie agitieren und rekrutieren im Fanumfeld, und schlagen auch zu: So wie zuletzt in Donezk, wo Dortmunder Neonazis einen Mitarbeiter des eigenen Fanprojekts attackierten.

Von Olaf Sundermeyer | 24.02.2013
    Sie sind in Dresden, aber auch in Kaiserslautern, Düsseldorf und in Duisburg. Rechtsextreme im Fußball sind ein gesamtdeutsches Problem – und sie sind häufig gewalttätig. Claudia Luzar bekommt das immer wieder mit. Sie arbeitet für die Organisation "Back Up", die Opfern rechter Gewalt hilft. Bei einem Drittel der von "Back Up" betreuten Fälle kommen die Täter aus dem Fußballmilieu und sie schlagen oft erst zu, wenn das Spiel schon vorbei ist, sagt Luzar.

    "Die Angriffe finden nicht augenscheinlich an den Orten des Fußballs statt. Sondern die Angriffe finden danach statt, sie finden teilweise in der Nacht statt, abends, nachdem die Fußballfans noch getrunken haben, und dort suchen sie sich gezielt entweder alternative Jugendliche aus, Migranten, Migrantinnen als Opfer – oder Fans einer gegnerischen Mannschaft. Meistens Fans auch, die antirassistisch geprägt sind."

    So wie beim Drittligisten Alemannia Aachen, wo rechte Fans eine linke Ultra-Gruppe so lange traktierten, bis diese sich auflöste. Auch bei Zweitligist Energie Cottbus gibt es Neonazis in der Ultra-Szene. Erst kürzlich hat der Verein – auf Druck von Verfassungsschutz und Medien – 15 Rechtsextremisten ein Stadionverbot erteilt. Ausgesperrt wurden auch die beiden Fans von Borussia Dortmund, die vergangene Woche beim Champions-League-Auswärtsspiel in Donezk einen Sozialarbeiter des eigenen Vereins angegriffen hatten. Er heißt Thilo Danielsmeyer. Für ihn war das Erlebnis in Donezk ein Schock. Doch er findet, dass der BVB in dieser Saison alle Register gegen die kleine, aber hartnäckige rechte Szene in Dortmund zieht.

    "Es sind neue Mitarbeiter eingestellt worden, die an dem Problem arbeiten natürlich. Es sind Stadionverbote ausgesprochen worden. Der Ordnungsdienst wird geschult. Es ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen eingeleitet worden, von denen man sich erhofft halt, dass es kurzfristig Erfolge bringt."

    Aber das muss sich erst noch zeigen. Für März haben Thilo Danielsmeyer und das Dortmunder Fanprojekt Kollegen aus einigen anderen betroffenen Bundesligastandorten zu sich eingeladen. Um über eine gemeinsame Strategie zu beraten.

    "Stadionverbote bei Gewalttaten oder rechtsextremen Übergriffen sind natürlich dringend notwendig. Lösen aber nicht auf Dauer das Problem. Da werden andere Maßnahmen gefordert sein. Und da werden die Bundesligisten in Zukunft daran gemessen, ob es ihnen gelingt, eine eigene Philosophie zu entwickeln."

    Gerade wenn das Borussia Dortmund langfristig gelingen würde, könnte der Verein damit aus der schwierigen Situation als gutes Beispiel für andere vorangehen, glaubt Claudia Luzar von der Beratungsstelle "Back Up". Schließlich ist der BVB Meister und genießt viel Aufmerksamkeit. Luzar appelliert generell an die gesellschaftliche Verantwortung von Fußballklubs. Einerseits. Andererseits sollten aber auch die Anhänger teilweise eine deutlichere Haltung zeigen. Allen voran die Ultras, deren viel beschworenen Selbstreinigungskräfte gegen rechts mitunter versagt hätten.

    "Die Ultras müssen jetzt sich eindeutig positionieren. Denn sie selbst haben eine Mitverantwortung daran, eine antirassistische Grundhaltung zu schaffen während des Spiels und über das Spiel hinaus."