Mittwoch, 24. April 2024

Archiv


Rechtssicherheit im Mailverkehr

Ohne zusätzliche Beglaubigungen oder Verschlüsselung taugen E-Mails im Geschäfts- und Behördenverkehr wenig. Mit der sogenannten De-Mail will die Bundesregierung ein rechtssicheres E-Mail-System einführen. Die Deutsche Post prescht schon einmal vor und startet ihr eigenes Angebot: den E-Postbrief.

Von Jörg Münchenberg | 14.07.2010
    Immer mehr E-Mails werden verschickt, gleichzeitig geht das Briefaufkommen kontinuierlich zurück. Der Trend ist seit Jahren ungebrochen und dürfte sich sogar verstärken, da sind sich die meisten Experten einig. Insofern will die Post aus der Not eine Tugend machen: Der Brief soll ins Internet. Auch Matthias Kurth, Präsident der Bundesnetzagentur, die nicht zuletzt für die Regulierung des Briefsektors zuständig ist, setzt auf das neue Geschäftsfeld:

    "Es gibt die Diskussion um Online-Briefe. Um Kombinationsprodukte, Hybridmail, wo also Daten übermittelt werden und von einem Dienstleister ausgedruckt werden. Ich glaube es gibt hier viele innovative Chancen, die natürlich nicht nur von der Post AG ergriffen werden, sondern die auch von den Wettbewerbern ergriffen werden können."

    Tatsächlich hat sich die Konkurrenz längst positioniert. Die Deutsche Telekom und United Internet nehmen bereits kostenlos Vorab-Registrierungen an, damit die Kunden später einmal ihr Produkt "De-Mail" nutzen können. Denn das ist die Voraussetzung für den elektronischen Brief. Die Kunden müssen sich zunächst ausweisen und dann registrieren lassen.

    Denn nur so ist auch sicher gestellt, dass der Name des Online-Briefkastens tatsächlich mit dem des Empfängers übereinstimmt und beispielsweise amtliche Briefe oder Kontoauszüge nicht in falsche Hände gelangen. Wenn die Sicherheit gewährleistet sei, dann werde auch der Onlinebrief ein Erfolg, betont Jürgen Gerdes, zuständig im Postvorstand für den Briefbereich:

    "Der Brief ist jetzt über 500 Jahre alt. Er ist deswegen 500 Jahre alt, weil alle wissen: Er kommt immer an, niemand kuckt rein - er ist also völlig geschützt. Jeder weiß, dass der Empfänger und der Absender völlig bekannt sind. All das haben die modernen E-Mail Produkte erst einmal nicht. Deswegen gibt es auch Spams, Trojaner und solche Geschichten. Und wir glauben, dass wir diese vier Kerneigenschaften: Absender bekannt, Empfänger bekannt, das Ding kommt sicher an, und keiner kuckt rein - dass wir das in die elektronische Welt übertragen können."

    Zunächst allerdings dürften vor allem Unternehmen und Behörden auf das neue Angebot zurückgreifen. Schließlich geht es um gewaltige Einsparungen. Schätzungen zufolge könnten allein in Deutschland jährlich rund zehn Milliarden Briefe, die Hälfte der gesamten Korrespondenz, digital verschickt werden. Auch beim Deutschen Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation setzt man auf das neue Produkt - allerdings, so Sprecher Elmar Müller, müssten aus Verbandssicht drei Voraussetzungen erfüllt sein:

    "Einmal die Rechtssicherheit, die scheint gewährleistet zu sein. Zum anderen die Datensicherheit - hier gibt es noch Fragen. Und zum Dritten natürlich der Preis. Wenn der Preis nicht deutlich unter dem des physischen Standardbriefes liegt, dann wird es vermutlich kein großer Erfolg werden."

    Freilich, auch die Rechtssicherheit der elektronischen Post ist noch nicht vollständig gewährleistet. Zwar können Kunden den neuen Dienst der Post ab heute nutzen. Telekom und United Internet werden die De-Mail aber erst Anfang 2011 anbieten. Denn das ergänzende Bürgerportalgesetz will die Bundesregierung erst im Herbst auf den Weg bringen. Formal gesehen sind Online-Briefe damit erst vom kommenden Jahr an auch rechtlich bindend, etwa wenn es um verschickte Mahnungen geht.

    ""Und insofern sehen wir das Vorpreschen der Post eigentlich nur darin, dass sie eben möglichst vor den Telekommunikationsprovidern an den Markt gehen möchte","

    kritisiert DVPT-Sprecher Müller. Tatsächlich steckt dahinter ein nüchternes Kalkül: Kunden werden sich kaum mehrfach registrieren lassen. Wer also zuerst kommt, dem winkt ein erheblicher Wettbewerbsvorteil.