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Reck: Sponsoring in der Kommunalwirtschaft ist legitim

Die Stadtwerke Bochum stehen aufgrund ihres hohen Rednerhonorars an SPD- Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in der Kritik. Sozial-Sponsoring in der Kommunalwirtschaft sei zwar richtig, dafür sollte es aber Grenzen und Regeln geben, meint dazu Hans-Joachim Reck, geschäftsführendes Präsidialmitglied beim Verband der kommunalen Unternehmen.

Hans-Joachim Reck im Gespräch mit Jürgen Zurheide | 03.11.2012
    Jürgen Zurheide: Wir wollen uns die Frage stellen: Was dürfen denn Stadtwerke eigentlich tun? Stadtwerke sind in kommunalem Besitz, und sie sollen Strom liefern, das ist die Hauptaufgabe. Sie stehen im Wettbewerb heutzutage, allerdings machen sie auch Sponsoring. Und da ist jetzt aufgefallen ein Honorar, dass die Stadtwerke Bochum an Peer Steinbrück gezahlt haben, 25.000 Euro. Es gibt eine Differenz darüber, war es nun eine Spende, was die Stadtwerke sagen, oder war es keine Spende, was Peer Steinbrück sagt.

    Über dieses Thema wollen wir reden und uns fragen, was machen Stadtwerke da insgesamt. Und ich begrüße Hans-Joachim Reck, geschäftsführendes Präsidialmitglied beim Verband der kommunalen Unternehmen. Guten Tag, Herr Reck!

    Hans-Joachim Reck: Guten Morgen, Herr Zurheide!

    Zurheide: Herr Reck, können Sie erst mal aufklären, was war das denn nun? War das eine Spende, war das keine Spende – es gibt ja inzwischen drei Möglichkeiten. Steinbrück und die SPD sagen die Unwahrheit, die Stadtwerke sagen die Unwahrheit oder die Agentur, die dazwischengeschaltet ist, hat da irgendwas falsch gemacht. Können Sie aufklären?

    Reck: Herr Zurheide, das kann ich nicht. Ich weiß nur, dass der Aufsichtsrat der Stadtwerke in der nächsten Woche tagt und das im Einzelnen klären will. Als Außenstehender, der diesen Sachverhalt anschaut, habe ich den Eindruck, dass die meisten Fragen an die Agentur zu richten sind. Was hat die eigentlich kommuniziert und welchen Auftrag hat sie bekommen?

    Zurheide: Jetzt wird es Sie natürlich als früheren CDU-Generalsekretär Nordrhein-Westfalen wahrscheinlich weniger stören, wenn ein SPD-Kanzlerkandidat das eine oder andere Problem hat, aber hier geraten ja auch die Stadtwerke unter Druck. Ist die Kommunikation eigentlich gut, die da im Moment insgesamt läuft?

    Reck: Ja, das müssten Sie beurteilen. Also ich bin persönlich überhaupt nicht glücklich über diese Debatte, weil sie die Kommunalwirtschaft insgesamt in Deutschland in ein völlig falsches Licht bringt. Was dürfen Stadtwerke? Das war ja Ihre Grundfrage. Und hier ist zunächst mal festzustellen, dass teilweise die Diskussion so läuft, als ob die Kommunen selber hier tätig geworden sind. Das ist aber in dem Fall mitnichten der Fall gewesen, sondern die Stadtwerke Bochum haben diese Veranstaltung durchgeführt.

    Das zweite ist, Sie haben in Ihrer Anmoderation zu Recht darauf hingewiesen, dass Stadtwerke im Bereich der Energiepolitik im Wettbewerb stehen. Und hier wird gerade im Kontext des europäischen Binnenmarktes von Unternehmen generell, also auch öffentlichen Unternehmen gefordert, dass sie im sozialen Umfeld sich engagieren, in der Bürgergesellschaft engagieren. Und das ist hier nach Darlegung der Stadtwerke Bochum passiert. Die Stadtwerke organisieren Veranstaltungsplattformen, laden Prominente ein, die dann nach deren Gusto Zuwendungen zu karitativen Vereinigungen oder Vereinen oder Gruppierungen gewähren sollen.

    Und das finde ich eine richtige Aktion, weil unsere Bürgergesellschaft davon lebt, dass Institutionen und vor allen Dingen auch die Wirtschaft in Teilen ihres Werbe- und Marketingbudgets genau diese Zielrichtung auch verfolgt. Denn wenn zum Beispiel Sparkassen oder Kommunalwirtschaft das nicht tun würde, würde im Bereich der Bürgergesellschaft vieles zusammenbrechen, weil die Städte können es nicht mehr. Die haben sozialpolitische Aufgaben zu finanzieren.

    Zurheide: Jetzt taucht natürlich dann die Frage auf, ob 25.000 Honorar Marktwert entsprechen oder nicht. Hören wir da mal kurz rein: Christian Haardt ist Ratsfraktionsvize der CDU in Bochum, was er zu dem Marktwert und den 25.000 sagt.

    Christian Haardt: Das ist, wenn man die Honorare von Herrn Steinbrück ansieht, offensichtlich zu hoch, denn sein Marktwert liegt ja ungefähr bei 15.000 Euro. Auf jeden Fall also ein überhöhtes Honorar, dass er hier in Bochum bekommen hat.

    Zurheide: Ist das ein überhöhtes Honorar oder war es eine Spende, dann sieht es wieder anders aus. Andere haben es offensichtlich auch bekommen – wie bewerten Sie das denn?

    Reck: Ja, also jetzt kommt es da sehr darauf an, und das muss sachverhaltlich aufgeklärt werden: Ist das gewissermaßen eine Spende, die derjenige, der diese Veranstaltung bestritten hat, nämlich Herr Steinbrück, dann nach freier Wahl verteilen sollte, oder ist es ein Honorar? Im Übrigen entscheidet der Markt. Also wenn ein Auftraggeber eine solche Summe auslobt und das findet Akzeptanz, ist das in Ordnung.

    Ich glaube, dass die Debatte auch ein bisschen verquer geführt wird. Ich meine, ich kenne auch Spitzenpolitiker in Deutschland, jeder Couleur, die ganz andere Summen auch noch als Honorare bekommen, vor allen Dingen, wenn ich an die Altkanzler denke, und Herr Steinbrück ist eine gefragte Persönlichkeit. Also ich meine, man sollte sich auf die Frage der Höhe der Dotierung überhaupt nicht einlassen, sondern entscheidend ist in diesem Fall, und das können aber nur die Beteiligten selber aufklären: Was ist da gemeint worden vonseiten der Stadtwerke und was ist angekommen bei Herrn Steinbrück? Was war die Rolle der Agentur.

    Und das Zweite ist, was ich grundsätzlich feststellen will: Es ist aus meiner Sicht vollkommen legitim, dass in einer offenen Bürgergesellschaft Kommunalwirtschaft auch Sponsoring betreibt, denn wenn wir das nicht mehr machen würden, dann würde diese Gesellschaft wirklich ärmer sein.

    Zurheide: Jetzt kann natürlich fragen, wo sind dann die Grenzen? Auch Fußballvereine werden unterstützt, in Bochum, ich glaube, der VFL mit 1,5 Millionen – gibt es irgendwo auch Grenzen für Sie?

    Reck: Ja. Diese Grenzen sollte es geben, und das hängt natürlich sehr zusammen auch mit der Wirtschaftskraft der Unternehmen. Und was diese jetzige Debatte uns lehren sollte, ist, dass man die Frage des Sponsoring sehr eng fassen sollte im Sinne auch eines Compliance-Managements, dass man entsprechende Regeln aufstellen sollte, und dass man regelmäßig in den Aufsichtsgremien der Unternehmen auch darüber spricht, was man tut.

    Und vor allen Dingen: Man muss ausschließen, und das scheint mir im vorliegenden Fall auch nicht ganz gelungen zu sein, dass eingeschaltete Agenturen Fehler machen können. Das heißt, die Kommunikationswege müssen ganz klar sein.

    Zurheide: Da braucht es also Änderungen beim Sponsoring. Das war Hans-Joachim Reck, geschäftsführendes Präsidialmitglied Verband kommunaler Unternehmen. Herr Reck, ich bedanke mich für das Gespräch!

    Reck: Vielen Dank auch!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.