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Recycling
Solarzellen aus Autobatterien

VonThomas Reintjes | 02.10.2014
    Hunderte etwa daumennagel-großer Solarzellen hat Po-Yen Chen in einer großen Kunststoff-Dose gesammelt. Die gesamte Produktion aus den letzten Monaten, in denen er für seine Doktorarbeit ein neues Verfahren zur Synthese von Perowskit-Kristallen gearbeitet hat.
    "Dieses Dunkelbraune hier, das ist der Perowskit, den wir synthetisieren. Der Film auf dem Glasträger ist nur 500 Nanometer bis einen Mikrometer dick."
    Perowskit kann in Solarzellen das Silizium ersetzen. Die künstlichen Kristalle enthalten unter anderem Jod, Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff. Perowskit ist besser als Silizium, weil die Herstellung einfacher ist und weniger Energie kostet. Solarzellen könnten so deutlich billiger werden. Doch natürlich hat die Sache einen Haken:
    "Trotz dieser Vorteile gibt es Bedenken, sie im großen Stil herzustellen. Denn die Perowskit-Zellen enthalten auch Blei. Für die Massenproduktion müsste zusätzliches Blei in Minen abgebaut und raffiniert werden. Diese Prozesse verursachen Luft- und Wasserverschmutzung, die sich auf die Menschen auswirkt."
    Manche Forscherteams versuchen das Blei durch andere Elemente wie Zinn zu ersetzen, doch die Solarzellen produzieren dann rund 70 Prozent weniger Strom. Chen arbeitete deshalb zusammen mit den Betreuerinnen seiner Doktorarbeit an einer anderen Idee, um Blei-Perowskite umweltfreundlicher zu machen: Vielleicht ließe sich ja das Blei aus alten Autobatterien für die Solarzellen verwenden. Es gelang ihnen tatsächlich, ein entsprechendes Verfahren zu entwickeln.
    Chen führt es in einem Video vor. Eine ganz normale Autobatterie. Sie wird gereinigt, die Elektrolyt-Flüssigkeit abgelassen und entsorgt, dann flext Chen die Batterie auf.
    72 Elektroden kommen zum Vorschein, graue und orange-rote.
    Beides, das Blei der Anode und das Bleidioxid der Kathode kann Chen als Ausgangsmaterial für die Perowskit-Synthese gebrauchen. Aus den Stoffen wird in wenigen Schritten Blei-Jodid. Damit beschichtet er eine Glasplatte. Darauf bilden sich dann schließlich in einem letzten Schritt die Perowskit-Kristalle. Innerhalb eines Arbeitstages werden so aus einer alten Autobatterie Solarzellen.
    "Eine Autobatterie enthält genug Blei für 700 Quadratmeter Solarpanels. Damit könnte man in Las Vegas, wo die Sonne stark scheint, mehr als 30 Haushalte mit Strom versorgen."
    Bisher werden Autobatterien recycelt - zu neuen Autobatterien. Doch in den immer weiter verbreiteten Hybrid- und Elektroautos stecken statt Bleiakkus inzwischen Lithium-Akkus. In den nächsten Jahren wird es deshalb wohl zu einer Schwemme alter Autobatterien kommen, die mangels Nachfrage nicht auf dem klassischen Weg recycelt werden können. Solarzellen daraus zu machen, könnte eine umweltfreundliche Alternative sein. Chen und seine Professorinnen hoffen, dass Hersteller ihr patentiertes Verfahren nutzen, sie selbst wollen keine eigene Firma gründen. Der junge Ingenieur arbeitet lieber an Verbesserungen:
    "Wir arbeiten an einem neuen Herstellungsprozess, bei dem die Perowskit-Zellen gedruckt werden. Der Prozess braucht weniger Wärme und ist billiger, weil wir für die Kontakte statt Gold Kohlenstoff nehmen."