Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Rede an die Nation
Obama will Steuererhöhungen für Spitzenverdiener

Heute wird US-Präsident Barack Obama die traditionelle State-of-the-Union-Rede halten. Es gilt als sicher, dass er einen erhöhten Spitzensteuersatz fordern wird - obwohl sich dieser politisch wahrscheinlich nicht durchsetzen lässt. Die Forderung soll vor allem Wähler mobilisieren.

Von Marcus Pindur | 20.01.2015
    US-Präsident bei einer Ansprache im Weißen Haus am 17.12.2014
    US-Präsident Barack Obama hält heute seine Rede an die Nation. (afp / Doug Mills)
    Der Ton ist bereits gesetzt. Schon Tage vorher hieß es aus dem Weißen Haus, der Präsident wolle einen erhöhten Spitzensteuersatz bei der Kapitalertragssteuer und eine Zusatzsteuer für Großbanken vorschlagen. Damit wiederum sollen erhöhte Steuerfreibeträge, Kinderbetreuung und College-Ausbildung für Familien mit einem Jahreseinkommen bis zu 210.000 Dollar finanziert werden.
    Allgemein wird erwartet, dass Obama den wirtschaftlichen Aufschwung in den USA in den Mittelpunkt seiner Rede stellt. Bislang, so ist von Beratern aus dem Weißen Haus zu hören, sei der Präsident dabei zu zurückhaltend gewesen, weil mit dem starken Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr keine nennenswerte Erhöhung der Reallöhne einhergegangen sei.
    Republikaner lehnen Steuererhöhungen ab
    Doch Steuererhöhungen, in welcher Form auch immer, stoßen bei den Republikanern, die in beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit haben, auf eiserne Ablehnung, so der republikanische Abgeordnete Jason Chaffetz:
    "Das ist eine Totgeburt. Wir brauchen keine weiteren Steuern, um einen Aufschwung zu bekommen. Wir haben derzeit Rekordsteuereinnahmen. Die Wirtschaftslage und die Lage auf dem Arbeitsmarkt werden sich nicht verbessern, wenn wir mehr Steuern von Unternehmen und kleinen Gewerbetreibenden erheben."
    Das Weiße Haus verweist darauf, dass die Erhöhung des Höchstsatzes der Kapitalertragssteuer von derzeit 23,8 auf 28 Prozent nur auf Familieneinkommen von über 500.000 Dollar angewandt würde. Außerdem liege die Kapitalertragssteuer damit immer noch deutlich unter dem Höchstsatz der Einkommenssteuer von 35 Prozent.
    Doch diese Einzelheiten seien irrelevant, sagt der Präsidentschaftshistoriker Allan Lichtman von der American University in Washington D.C. Obama und die Demokraten hätten den Blick bereits fest auf die Wahl 2016 gerichtet. Und die State-of-the-Union-Rede sei eine Möglichkeit, die für die nächste Präsidentschaftswahl relevanten Themen auf das Tapet zu bringen.
    "Mein Rat an Barack Obama: Vergessen sie die Republikaner. Denken sie erst gar nicht über Kompromisse nach. Was haben die Republikaner ihnen an Kompromissen in den vergangenen sechs Jahren angeboten? Nichts, rein gar nichts. Und sie werden das auch in den nächsten zwei Jahren nicht tun, sie haben nämlich auch den Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2016 gerichtet."
    Rede dient zur Wählermobilisierung
    Die Funktion der Rede zur Lage der Nation sei es aus der Sicht Obamas, die Wählerschaft der Demokraten zu mobilisieren und den Ton der öffentlichen Debatte für die nächsten zwei Jahre zu setzen. Außenpolitik werde in der Rede zur Lage der Nation nur am Rande eine Rolle spielen, so der Historiker Allan Lichtman.
    "Obama wird natürlich über die großen internationalen Herausforderungen sprechen, über den Kampf gegen die IS-Miliz und über die Verhandlungen mit dem Iran. Und er wird an den Kongress appellieren, vorerst keine neuen Sanktionen gegen den Iran zu verabschieden, um dem Land keine Ausrede für einen Abbruch der Verhandlungen zu geben."
    Doch die amerikanische Gesellschaft beschäftigt die Frage nach Wirtschafts- und Einkommenswachstum, nach Chancen- und Steuergerechtigkeit derzeit deutlich mehr als internationale Krisenherde. Und das wird aller Voraussicht nach auch bis zur nächsten Präsidentschaftswahl so bleiben.