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Referendum über Staatsnamen
Mazedonier entscheiden über Identität ihres Landes

In Mazedonien erhoffen sich viele Menschen durch die Umbenennung ihres Landes in "Nord-Mazedonien" mehr Wohlstand. Mit dem neuen Namen steigen die Chancen für eine EU- und Nato-Mitgliedschaft. Trotz der offiziellen Zustimmung Griechenlands fürchten dort manche territoriale Ansprüche des Nachbarstaats.

Von Rodothea Seralidou und Srdjan Govedarica | 29.09.2018
    Brücke über den Fluss Vardar in der mazedonischen Hauptstadt Skopje
    Brücke über den Fluss Vardar in der mazedonischen Hauptstadt Skopje (picture alliance / PIXSELL)
    Ein kleiner Park im Zentrum von Kumanovo, etwa 40 Kilometer nordöstlich der mazedonischen Hauptstadt Skopje. Osmani Ridva sitzt auf einer Bank und genießt das schöne Wetter. Der 63-Jährige findet: Natürlich nennen wir uns in Nord-Mazedonien um! Beim Referendum am Sonntag wird er für eine Namensänderung seines Landes stimmen:
    "Wir haben hier doch sonst gar keine Zukunft, meine Kinder leben im Ausland und ich bin allein und arbeitslos und muss mit 20 Euro Sozialhilfe auskommen, auf die ich auch noch warten muss. Wir müssen nach Europa hier."
    Osmani Ridva liegt damit ganz auf Regierungslinie. Denn die sozialdemokratisch geführte Koalition von Regierungschef Zoran Zaev wünscht sich ein Ja bei der Namensabstimmung am Sonntag. Vor fast genau vier Monaten hat er in der Grenzregion Prespa das historische Abkommen mit Griechenland feierlich unterzeichnet. Live im Fernsehen übertragen in beiden Ländern.
    "Ja zu einer mazedonischen Zukunft. Heute bin ich wie lange nicht mehr von Optimismus erfüllt. Ich sehe unsere Zukunft in der EU und der NATO und dann gibt es FYROM nicht mehr sondern ein mazedonisches Volk, eine Sprache und eine Identität und wir lösen eine Jahrhundertfrage."
    FYROM steht für Former Yugoslav Republic of Macedonia. Griechenland sorgte dafür, dass Mazedonien nach seiner Unabhängigkeit 1991 unter diesem Namen der UNO beitrat . Die griechische Sorge: Aus dem Namen Mazedonien könnten sich Gebietsansprüche auf die Provinz Makedonien in Griechenland ergeben. Denn in den meisten Sprachen gibt es nur eine Bezeichnung für die geographische Region Mazedonien und für das historische Mazedonien, das im Deutschen oft Makedonien genannt wird.
    Die emotionsgeladene "M-Frage" schien unlösbar: Nationalisten auf beiden Seiten verhinderten 27 Jahre lang die Beilegung des Konflikts. Doch dann bewegte sich etwas.
    "Republik Nord Mazedonien" - Griechenland hat offiziell zugestimmt
    Auf mazedonischer Seite hat sie mit dem Regierungswechsel im Frühjahr 2017 zu tun: Während die vorherige national-konservative Regierung wenig Kompromissbereitschaft gezeigt hatte, setzte sich der neue sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Zaev für eine Lösung ein und fädelte schließlich den Kompromiss mit Griechenland ein. Das Abkommen legt den künftigen Namen "Republik Nord Mazedonien" fest. Außerdem die offizielle Bezeichnung der mazedonischen Nationalität und Sprache, sowie Länderabkürzungen auf Autos oder in internationalen Organisationen wie der UNO.
    Zwei Hürden bleiben noch: Zum einen das Referendum am Sonntag und dann auch noch eine Verfassungsänderung. Dafür ist eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament erforderlich, die Ministerpräsident Zaev und seine Sozialdemokraten alleine nicht aufbringen können. Vorsorglich macht er deshalb jetzt schon Druck auf die größte Oppositionspartei, die nationalkonservative VMRO.
    "Die VMRO soll sagen, was die Alternative wäre. Für die nötige Zwei Drittel Mehrheit für eine Verfassungsänderung werden die Bürger sorgen, indem viele am Referendum teilnehmen."
    Das anstehende Namensreferendum sei für die Regierung nicht bindend, ließ Zaev inzwischen allerdings durchblicken. Denn die Regierung befürchtet, dass die nötige Wahlbeteiligung von 50 Prozent nicht erreicht werden könnte. Dass also nicht genügend Wahlberechtigte zur Abstimmung gehen.
    Dabei erhält die mazedonische Regierung breite internationale Unterstützung bei ihren Bemühungen, die Namensänderung durchzusetzen. Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz sendet den Mazedoniern sogar eine Videobotschaft:
    "Wir haben das Ziel, dass alle Staaten des Westbalkans und insbesondere natürlich auch Mazedonien eine europäische Perspektive haben. Dafür ist die Lösung des Namensstreits Grundvoraussetzung."

    Die Aussicht auf einen neuen Namen bringt eine regelrechte diplomatische Offensive in die Region. In Skopje geben sich hochrangige Amtsträger die Klinke in die Hand: Vom EU-Ratspräsidenten Donald Tusk, über Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bis zur Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie stärkte Ministerpräsident Zaev bei einer gemeinsamen Pressekonferenz demonstrativ den Rücken:
    Besuch in Skopje am 18.9. 2018: Der deutsche Bundesaußenminister Heiko Maas, SPD, geht zusammen mit Nikola Dimitrov, Außenminister der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, zur Nationalgalerie.
    Besuch in Skopje am 18.9. 2018: Der deutsche Bundesaußenminister Heiko Maas, SPD, geht zusammen mit Nikola Dimitrov, Außenminister der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, zur Nationalgalerie. (imago/photothek)
    "Natürlich mische ich mich nicht in die Entscheidung ihrer Bürgerinnen und Bürger ein. Aber ich darf aus eigener Erfahrung sagen, dass sich historische Chancen nicht alle Tage ergeben. Sie sind eingeladen zur Nato-Mitgliedschaft, sie haben die Perspektive für den Beitritt in die Europäische Union. All das erfordert noch viel Arbeit. Aber die Voraussetzung ist ein erfolgreiches Referendum am 30. September"
    Die Perspektive, der NATO und der Europäischen Union beizutreten: Beides war bislang wegen des Namensstreits nicht möglich.
    Doch trotz der vielen Chancen, die die Befürworter einer Namensänderung anführen:– viele Mazedonier sind dennoch nicht überzeugt und denken so wie ein Landwirt aus Kumanovo:
    "Den Namen ändern wir nicht. Ich möchte schon in die EU, aber warum sollen nur wir unseren Namen ändern und die Griechen nicht? Wenn es sein muss können wir auch ohne Europa leben."
    300 Kilometer südlich, im griechischen Ferienort Nea Plagia - in der griechischen Region Makedonien. Im Sommer ein beliebter Urlaubsort auch für mazedonische Touristen. Jetzt im Herbst sind die Griechen wieder unter sich, viele kommen aus der Nachbarstadt Thessaloniki für einen kurzen Abstecher an den Strand. So auch der 37-jährige Kostas. Ob das Nachbarland "Nordmazedonien" heißen soll? Auf keinen Fall, sagt er:
    "Der Name "Mazedonien" soll in der Bezeichnung des Nachbarlandes überhaupt nicht vorkommen. Sollen sie doch einen anderen Namen für sich finden. Muss er unbedingt mit unserer Geschichte zu tun haben?"
    Makedonien - einst das Reich von Alexander dem Großen
    Makedonien oder Mazedonien, das sei ganz klar griechisch, sagt Kostas. Er meint damit nicht den Nachbarstaat, sondern das antike makedonische Königreich, dessen Herrscher Alexander der Große mit seinen Feldzügen die griechische Sprache und Zivilisation bis nach Zentralasien brachte.
    Kosta ist mit seiner Meinung nicht alleine. Sieben von zehn Griechen wollen – Umfragen zufolge- nicht, dass ihre nördlichen Nachbarn einen Namen aus der griechischen Antike tragen. Viele Griechen argumentieren, dass die Bevölkerung des Nachbarstaates größtenteils slawischstämmig sei. Und die Slawen seien Jahrhunderte später in die Region eingewandert. Mit der Geschichte Makedoniens haben sie ihrer Ansicht nach nichts zu tun.
    Auch der provisorische Name "Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien" wird vermieden. Viele Griechen bezeichnen ihr Nachbarland mit dem Kürzel Fyrom oder indem sie das ganze Land "Skopia" nennen - nach dessen Hauptstadt Skopje. Dass die meisten Länder der Welt Mazedonien schon mit seinem konstitutionellen Namen anerkannt haben, trage nichts zur Sache bei, sagt Kostas:
    "Diesen Konflikt können die anderen Nationen ja nicht verstehen. Denen ist es doch egal, wie die in Skopje heißen. Es betrifft uns aber. Und wenn sie schon den Namen haben, dann werden sie später auch territoriale Ansprüche haben. Ich bin mir sicher."
    Diese Ängste schürt die konservative Opposition in Griechenland: Sie stellt sich gegen das Abkommen der linken Regierung von Alexis Tsipras mit der mazedonischen Regierung und will es auch nicht ratifizieren, wenn es ins griechische Parlament kommt.

    Eine durch und durch unverantwortliche Haltung, kritisiert der griechische Syriza-Politiker Giorgos Chondros vom Vorstand der linken Partei. Alle politischen Kräfte Griechenlands sollten sich der Verantwortung stellen und somit letzten Endes zur Stabilität in der Region beitragen. Außerdem: Geographisch gesehen, haben die Mazedonier durchaus das Recht, sich so zu nennen, sagt der griechische Politiker Chondros. Denn das historische Mazedonien, das oft auch Makedonien genannt wird, erstrecke sich nun mal heutzutage auf mehrere Länder und nicht nur auf das griechische Gebiet Makedonien.
    Nationalistische Gruppen demonstrieren am 4. Juli 2018 im griechischen Thessaloniki gegen die geplante Umbenennung des Nachbarstaates in "Nord-Mazedonien".
    Nationalistische Gruppen demonstrieren am 4. Juli 2018 im griechischen Thessaloniki gegen die geplante Umbenennung des Nachbarstaates in "Nord-Mazedonien". (picture alliance / NurPhoto)
    "Es gibt ein Teil Mazedoniens, das im Moment, also jetzt, in Bulgarien ist. Dann ein Teil Mazedoniens ist in Griechenland und natürlich ein Teil Mazedoniens ist in der Früheren Jugoslawische Republik Mazedonien, insofern wird kein Namen hergegeben. Vor allem wenn jetzt der Name so heißen wird: "Nord-Mazedonien", dann ist es eine präzise geografische Zuordnung. "
    Weder diplomatischer Triumph noch nationale Katastrophe
    Bis jetzt nannte fast die gesamte Welt das Zwei-Millionen Einwohner Land auf dem Balkan "Republik von Mazedonien". Der griechische Politiker Chondros sieht die Gewinner im Namensstreit deshalb auf der griechischen Seite.
    Sollte der Versuch, den Namensstreit beizulegen, auch diesmal scheitern, könnte es wieder Jahrzehnte dauern, bis die beiden Länder das Thema wieder anpacken, sagt auch Südosteuropa-Experte Konstantinos Filis.
    Er ist wissenschaftlicher Leiter des Griechischen Instituts für Internationale Beziehungen. Gerade wenn nach dem Sozialdemokraten Zaev und dem linken Tsipras in beiden Ländern wieder rechte Regierungen an die Macht kommen, würde die Lösung in weite Ferne rücken. Das Abkommen sei aus griechischer Sicht weder ein diplomatischer Triumph noch eine nationale Katastrophe, sagt Filis.
    "Das Nachbarland muss sich sowohl im Inneren als auch in seinen internationalen Beziehungen 'Nord-Mazedonien' nennen. Außerdem wird vom nationalistischen Kitsch der Vorgängerregierung Gruevski, der bestrebt war, die Wurzeln des Landes in die griechische Antike zu setzen, Abstand genommen."

    Negativ sei hingegen, dass eben nur der Name des Nationalstaats den Zusatz "Nord" bekommt. Die Bürger werden sich weiterhin einfach Mazedonier nennen dürfen und ihre Sprache "Mazedonisch"- ohne jeglichen Zusatz, was Ansprüche auf die gleichnamige griechische Region nicht ausschließen könne. In den kommenden Jahren sei das zwar unrealistisch, sagt Filis. Aber er warnt: Internationale Verträge sollten immer aus einer langfristiger Perspektive betrachtet werden. Das Argument, Mazedonien sei doch nur ein kleines, schwaches Land, sei in der internationalen Politik zu engstirnig, sagt Filis.
    Der mazedonische Premierminister Zoran Zaev und die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Frederica Mogherini, bei einer Pressekonferenz im Alten Basar in Skopje
    Der mazedonische Premierminister Zoran Zaev und die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Frederica Mogherini, bei einer Pressekonferenz im Alten Basar in Skopje (ure alliance / AA)
    "Die Frage auf dem Balkan ist nicht, was die kleinen Länder von sich aus tun. Die Frage ist, wie sich größere Länder einmischen können, indem sie zum Beispiel den Nationalismus der Völker stärken und die Bürger und Regierungen instrumentalisieren, um eigene Interessen zu bedienen."
    Einerseits sei da Russland als Akteur, der sich als Beschützer der slawischen Bevölkerung profilieren wolle. Auf der anderen Seite stehen die USA und der Westen, sagt der Südosteuropa-Experte Konstantinos Filis:
    "Es gibt in der Region auch die Türkei, die zum Beispiel den Nationalismus der Nachbarn stärken könnte und den Wunsch nach einer Ausbreitung außerhalb ihres heutigen Territoriums, um dadurch Griechenland unter Druck zu setzen. Ich sage nicht, dass das passieren wird, aber viele Kriege werden heutzutage über Stellvertreter geführt, ohne dass die Strippenzieher teilnehmen, so genante Proxy Wars."
    Je besser die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern nach dem Abkommen würden, desto unwahrscheinlicher sei dieses Szenario, so der Hochschulprofessor.
    Griechenland – so die Hoffnung – könnte in Zukunft in der Region eine wichtige Rolle spielen. Und möglicherweise werde auch die anti-griechische Haltung vieler Bürger der Ehemaligen Jugoslawischen Republik aufgeweicht, hofft der Südosteuropa-Experte Konstantinos Filis.
    "Bisher haben sie Griechenland die Schuld an der Situation gegeben, in der ihr Land steckt, weil die griechischen Regierungen wegen des Namensstreits von ihrem Vetorecht Gebrauch gemacht haben und dadurch den Eintritt des Nachbarlandes zur Nato und in die EU blockiert haben."
    Ausverkauf der nationalen Identität - sagen die Konservativen
    Zurück in Mazedonien. EU und NATO: Ja – Namensänderung: Nein. Das ist die widersprüchliche Position der nationalkonservativen VMRO. Die größte Oppositionspartei Mazedoniens hat im Parlament gegen die Ratifizierung des Abkommens gestimmt. Begründung: Die Namensänderung sei ein Ausverkauf der nationalen Identität – das sagt VMRO-Chef Hristijan Mickovki immer wieder:
    "Wir haben allem zugestimmt, was von uns verlangt wurde. Sowohl in den 90ern Jahren, als auch 2001 und 2004. Lasst uns das endlich ändern und das ablehnen, was uns heute angeboten wird. Weil es gegen unsere Interessen ist und gegen das, was uns von unseren Vorfahren hinterlassen wurde"
    Offiziell ruft die VMRO ihre Anhänger nicht zum Boykott des anstehenden Referendums auf. Stattessen fährt sie einen Schlingerkurs. Man werde das Ergebnis des Referendums akzeptieren und die darauffolgende Verfassungsänderung unterstützen, sollte das Referendum erfolgreich sein – heißt es einerseits von der Parteiführung.
    Andererseits ruft die Partei ihre Anhänger zu einem stillen Boykott auf – denn wenn die Opposition wirklich zuhause bleibt, dürfte das notwendige Quorum von 50 Prozent schwer zu erreichen sein.
    Staatspräsident Djordje Ivanov steht der VMRO nahe. Vergangenes Wochenende sprach er vor mazedonischen Auswanderern in den USA davon, dass jeder Bürger das Recht habe zu entscheiden, ob er beim Referendum seine Stimme abgibt, oder eben nicht.
    "Was mich angeht: Ich habe bereits am 8. September 1991 für die Unabhängigkeit Mazedoniens gestimmt und bleibe bei meiner Haltung, dass ich am 30. September nicht wählen gehe."
    Ministerpräsident Zaev hat mit der Einigung im Namensstreit außenpolitisch viel erreicht. Doch innenpolitisch haben sich viele von ihm weit mehr erhofft: etwa eine längst überfällige Justizreform und damit mehr Korruptionsbekämpfung, gesetzliche Gleichberechtigung für die Albaner im Land oder auch weniger Arbeitslosigkeit.
    Zaevs politische Gegner haben also leichtes Spiel, wenn sie das Referendum in eine Abstimmung über die Regierung ummünzen. VMRO Chef Hristijan Mickovki spielt diese Karte aus:
    "Die Regierung ist kriminell. Warum macht sie weiterhin Schulden und es werden keine Straßen, keine Gasleitungen, Schulen oder Krankenhäuser gebaut? Weil von diesen Schulden die Geschäfte der sozialdemokratischen Regierungsfunktionäre finanziert werden."
    Maja Moracanin kämpft für ein Ja beim Referendum. Die Abgeordnete der grünennahen "dom" Partei im mazedonischen Parlament betont immer wieder, dass es dabei nicht um politische Lager gehe, sondern um die Zukunft des Landes. Die aufgeheizte Debatte möchte sie versachlichen.
    "Wir müssen erklären, was das Abkommen zwischen Mazedonien und Griechenland bedeutet. Denn laut Umfragen wissen nur drei Prozent der Bevölkerung, was drinsteht und es gibt viele Gerüchte und Halbinformationen. Deshalb ist es wichtig zu erklären, was die Menschen erwarten können."
    Maja Moracanin wurde bei der letzten Wahl erstmals ins Parlament gewählt. Sie erlebte hautnah mit, wie die Vorgängerregierung von Nikola Gruevski gemeinsam mit Präsident Ivanov einen demokratischen Machtwechsel monatelang verhinderte.
    Anhänger der Ex-Regierung stürmten das Parlament
    Rückblick: Im April 2017 eskalierte diese Politkrise, als Anhänger der Ex-Regierung das Parlament stürmten. Sie zertrümmerten Möbel und griffen Abgeordnete an. Auch den damaligen Oppositionsführer und heutigen Regierungschef Zoran Zaev, der damals am Kopf verletzt wurde.
    Maja Moracanin war damals mit im Raum und sie ist bis heute erschüttert.
    "Die Gesellschaft ist gespalten. Das spiegelt sich in der Referendumsfrage und vielen anderen Themen. Nach dem Parlamentssturm war diese Spaltung besonders deutlich. Das habe ich selbst erlebt. Opposition und Regierung haben kaum kommuniziert und jetzt sollten alle, die sich mit Politik befassen versuchen, die beiden Seiten zu versöhnen und konstruktiv zusammenzuarbeiten um die Vergangenheit im Interesse der Bürger zu überwinden."
    Marija Beschnewski spielt im Park in Kumaovo mit ihren Kindern. Die 29-Jährige hat in Deutschland gelebt und möchte wie viele ihrer Landsleute auch wieder in den Westen. Sie strebt eine Altenpflegerinnen-Ausbildung in Deutschland an, das Visum hat sie bereits beantragt. Morgen wird sie mit "Ja" abstimmen, sagt sie. Aus ihrer Sicht eine ganz pragmatische Entscheidung:
    "Wir wollen in die EU. Schön für junge Leute, die dann in ein anderes Land gehen und Geld verdienen können. Hier in Mazedonien ist ganz schlecht."
    Das Referendum werde die wirtschaftliche Lage des Landes beeinflussen. Im Kern geht es am Sonntag aber um die Identität der Menschen in Mazedonien, darum wer sie sind und wie ihr Land in Zukunft heißen wird.