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Reform des Telemediengesetzes
Regeln gegen Schleichwerbung bei YouTube

Immer häufiger preisen scheinbar private Personen ihre neu erworbenen Produkte in Internetvideos an. Dass es sich dabei um durch Unternehmen finanzierte Werbung handelt, wird für den Zuschauer nicht sichtbar. Das soll sich jetzt ändern.

Von Michael Meyer | 21.03.2015
    Das Logo des Videoportals YouTube ist auf einem i-Phone zu sehen, aufgenommen am 23.08.2012 in Berlin.
    Das Logo des Videoportals YouTube (picture alliance / dpa / Sebastian Kahnert)
    Sami Slimani, ein 25-jähriger gut aussehender YouTube Star hat weit über 1 Mio Abonnenten, die regelmäßig seine Videos sehen. Und, nicht selten, hält Sami neue Produkte in die Kamera, oder zeigt in sogenannten "Fashion-Hauls", was er alles gekauft hat. Oft steht unter den Videos, dass alle Produkte selbst gekauft wurden, manchmal ist aber auch vom "Partnerprogramm amazon" die Rede, und davon, dass "je nach Erfolg eine Provision" gezahlt werde. Obendrein hat Slimani auch gleich noch eine eigene Produktlinie aufgelegt. Vermarktet werden diese Videos und deren Werbeeinnahmen von speziellen Agenturen wie Mediakraft. Ob sich die Online-Video-Macher an mehr Regeln halten müssen und an welche, das diskutieren seit ungefähr einem Jahr Medienpolitiker und Experten. Bei der Diskussion gebe es inzwischen Fortschritte, sagt Jürgen Brautmeier, Direktor der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen:
    "Wir sind in Gesprächen mit den Aggregatoren wie Mediakraft, aber auch den YouTubern, die von uns auch Orientierung wollen, was dürfen wir, was dürfen wir nicht, und auch diese Großen, die sich dazwischen geschaltet haben zwischen den YouTubern und YouTube selber haben ein Interesse daran, dass da Spielregeln reinkommen, denn wenn es ein Geschäftsmodell werden soll, dann muss es dafür für alle verbindliche Spielregeln geben."
    Die Vermarktungsagenturen dieser YouTube-Videos behaupten, dass es genügend Kennzeichnungen der Videos gibt, wenn ein bestimmtes Produkt präsentiert wird. Eine Zufallsrecherche zeigt aber: Manche Fälle sind zumindest dubios, etwa wenn Sami Slimani eine bestimme Drogeriekette minutenlang anpreist, und man eben nichts von Produktplatzierungen liest, er habe alles selbst bezahlt, ist darunter zu lesen.
    Bund-Länder-Kommission soll noch in diesem Jahr Regel-Vorschläge machen
    Jürgen Brautmeier meint aber, dass Schleichwerbevideos im Netz heute deutlich öfter gekennzeichnet werden:
    "Es wird bewusster gemacht als in der Vergangenheit, man kann nochmal drüber reden, ob das an der einen oder anderen Stelle deutlich genug ist, oder wo es platziert wird, aber das Bewusstsein ist da,..., wir sind im Gespräch und das halte ich für sehr konstruktiv."
    Mediakraft ließ sich diese Woche nicht befragen zu dem Thema, ließ aber über die Medienanwältin Bettina Carr-Allinson mitteilen, dass man, obwohl die Regulierungen im Online-Bereich noch in der Entwicklung sind, "sichtbar und eindeutig" kennzeichne. Und zwar "mit einem Wasserzeichen zu Beginn und zum Ende des Videos, sowie in der Videobeschreibung."
    Stephan Ory, Vorsitzender des Medienrates der Landesmedienanstalt Saarland, meint, dass ohnehin nicht alles neu geregelt werden müsse:
    "Auch an der Stelle keine Panik, es gibt etwas wie das UWG, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das wurde 2004 europäisch voll harmonisiert und dort ist für alle Medien, egal auf Papier oder elektrisch, im Internet oder außerhalb des Internets geregelt, dass es keine Schleichwerbung gibt, dass Information und Werbung zu trennen sind, und in der Tat gibt es unterschiedliche Intensität, wie man dem nachgeht, im Rundfunk ist es sehr eng, im Internet ist die Kontrolldichte unterschiedlich, aber dort wird es, drum gehen, dass Wettbewerber Klagen vor Zivilgerichten machen, was ja vorkommt."
    Im Fall von Youtube hat es bisher noch keine Klagen gegeben. Trotzdem halten viele Medienwächter und Politiker eine stärkere Regulierung für sinnvoll, und zwar im schon existierenden Telemediengesetz. Noch in diesem Jahr soll eine Bund-Länder-Kommission erste Vorschläge entwerfen, auch zu anderen Themen wie Suchmaschinen oder Medienkonzentration – ein eigener neuer Medienstaatsvertrag ist aber nicht geplant, denn dieser müsste in großer Debatte durch 16 Parlamente – und das würde Brautmeier, Ory und ihren Kollegen bei diesem drängenden Thema zu lange dauern.