Freitag, 19. April 2024

Archiv

Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (17)

Der Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann, die Rabbinerin Elisa Klapheck und der Humanist Frieder Otto Wolf kommentieren Martin Luthers 17. These.

11.07.2017
    These 17: "Es scheint notwendig, dass es für Seelen im Fegfeuer ebenso ein Abnehmen des Schreckens wie auch ein Zunehmen der Liebe gibt."
    Thomas Kaufmann, Kirchenhistoriker: "Es geht hier um die Situation nach dem Sterben. Also die Abgeltung noch offengebliebener Bußleistungen, die im Fegefeuer zu erbringen sind. Und die Vorstellung, die Luther hier entwickelt, ist: In dem Maße, in dem man sich der Bußlasten entnommen weiß durch Abbüßung im Fegefeuer, wächst die Liebe und damit das Vertrauen in die Gnade und das Zum-Heil-Kommen. Das Fegefeuer ist ja ein Hoffnungsort. Das heißt, wer im Fegefeuer ist, ist im Prinzip auf dem Weg ins Heil. Die definitiv Verworfenen sind ja in der Hölle."
    Elisa Klapheck, Rabbinerin: "Hiervon weiß ich nichts. Ich weiß nicht, was nach dem Sterben passiert, ob wir uns in einem Fegefeuer oder einem Paradies wiedersehen werden."
    Frieder Otto Wolf, Humanist: "Das ist natürlich eine sehr merkwürdige Überlegung. Da wird wieder deutlich, wie weit Luther eigentlich von uns weg ist. Luther akzeptiert diese Konstruktion des 'Fegfeuers', wie er es nennt, macht nur darauf aufmerksam, wenn es dann da überhaupt eine Dynamik gibt, dann kann die sozusagen auch in beide Richtungen gehen. Aber das ist sozusagen eine Differenzierung in einem Konstrukt, das als solches, ich denke, unsinnig und vor allen Dingen auch bedrückend und unterdrückerisch ist."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern