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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (34)

Die Schriftsteller Bruno Preisendörfer und Feridun Zaimoglu sowie der islamische Theologe Mouhanad Khorchide kommentieren Luthers 34. These.

03.08.2017
    These 34: "Die Ablassgnaden betreffen nur die Strafen der sakramentalen Satisfaktion, die von Menschen festgesetzt worden sind."
    Bruno Preisendörfer, Schriftsteller: "Ablässe sind – als Menschenwerk betrachtet – gottesfern. Sie sind eine rein irdische Angelegenheit. Hier geht es wiedereinmal darum, die Brücken zwischen dem Diesseits und dem Jenseits abzubrechen. Diese Brücken sind auf Sand gebaut – besser gesagt: auf Geld. Eben auf Geld, nicht auf Reue."
    Feridun Zaimoglu, Schriftsteller: "Man hat all das getan, um die Menschen zu verwirren und aber auch sie zu betrügen und zu täuschen. Es ging immer um das Kleingedruckte. Damals auch schon. Und auf den Dokumenten war dann zu lesen: 'Nein, so einfach ist das nicht.' Egal, wie viel Geld man bezahlt: Es wird nur dies erlassen und jenes aber bleibt Gott überlassen."
    Preisendörfer: "Die Menschen können mit Geld Kirchen bauen oder sie können ihr Geld in die Kirche tragen, sie sollen sich nur nicht einbilden – sagt Luther – damit Gott näherzukommen."
    Mouhanad Khorchide, islamischer Theologe: "Wenn ich jetzt die islamische Tradition sehe, dann sehe ich auch, dass es viele 'Sanktionen' gibt, die eigentlich Konstrukte der Gelehrten sind. Denken Sie zum Beispiel an das verbreitete Verbot – angebliche Verbot – dass man den Islam verlässt und da werden manche mit der Todesstrafe bedroht. Sie werden im Koran überhaupt keinen Hinweis auf das finden, sondern es ist ein Konstrukt der Gelehrten. Das gilt auch für manche Körperstrafen, die im Namen des Islams heute verübt werden. Und davon muss man auch die Gläubigen befreien."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern