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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (4)

Die Rabbinerin Elisa Klapheck, der Journalist und Autor Peter Hahne und die Fernsehmoderatorin Gundula Gause kommentieren Martin Luthers vierte These.

22.06.2017
    These 4: "Es bleibt die Pein, solange die Selbstverachtung, die wahre innere Buße, bleibt. Nämlich bis zum Eintritt ins Himmelreich."
    Elisa Klapheck, Rabbinerin: "Ich bin erschüttert, wie die Befreiung von den Ablassbriefen – wie er das verknüpft hat mit einem anderen Preis, den Menschen jetzt zu zahlen haben, nämlich dass sie ihr Leben lang Schuld empfinden sollen, Schmerz. So hat er das ausgedrückt.
    Peter Hahne, Fernsehjournalist: "Ja, Gläubige sind keine Heiligen, die makellos dem Himmel entgegen wandern. Sie können sich nicht selbst erlösen von Unvollkommenheit, von Fehltritten, von Selbstverachtung. Denn das ist für Luther wahre Buße, die erst im Himmel vollendet wird. Also: keine Selbstdarstellung des Menschen, sondern Erlösung durch Christus. Das ist bei Luther Buße."
    Klapheck: "Das widerspricht der jüdischen Vorstellung, dass die Schuld der Menschen, die Sünde, zwar da ist und auch lastet, auch wehtut, aber sie kann doch abgegolten werden durch Sühne. Dafür haben wir den Sühnetag einmal im Jahr, Jom Kippur, und dann ist der Mensch auch Tatsache frei und muss nicht den Rest seines Lebens bis zum Himmelreich die Pein fühlen."
    Gundula Gause, Fernsehjournalistin: "Luther hat mit 'Selbstverachtung' keinen Masochismus im Sinn. Er meint Reue und Demut und den aufrichtigen Willen, sich zu ändern. Luther ist auch ein Fan von Fröhlichkeit: 'Unser Herrgott hat’s befohlen, man soll fröhlich sein' hat er gesagt – weil er Sünden verzeihe."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern