Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (67)

Der islamische Theologe Mouhanad Khorchide, die Rabbinerin Elisa Klapheck und der Schriftsteller Feridun Zaimoglu kommentieren Martin Luthers 67. These.

19.09.2017
    These 67: "Die Ablässe, die die Prediger als 'allergrößte Gnaden' ausschreien, sind im Hinblick auf die Gewinnsteigerung tatsächlich als solche zu verstehen."
    Mouhanad Khorchide, islamischer Theologe: "'Die Ablässe sind als Gewinnsteigerung zu verstehen.' Ich würde den Satz nur so verstehen: Diese Ablässe sind nicht jetzt an irgendwelche religiösen Institutionen ergangen, sondern wenn die Gesellschaft etwas davon hat. Im Sinne von umverteilen. Also wir haben im Islam ein Konzept von Buße: Wenn man gesündigt hat, man gibt das Geld dann nicht an irgendwelche Institutionen, sondern an die armen Menschen. Und das ist dann in meinen Augen ein Reichtum für die Gesellschaft."
    Elisa Klapheck, Rabbinerin: "Ich sehe es auch als verantwortliche Rabbinerin in einer Gemeinde: Alle religiösen Institutionen müssen von irgendwo her das Geld auch bekommen. Es ist falsch, daraus ein Tabu zu machen. Ablassbriefe sind natürlich nicht der Weg, aber wie finanzieren sich kirchliche und religiöse Institutionen? Hierüber sollte man unter Christen und überhaupt unter religiösen Menschen offener, tabuloser sprechen können."
    Feridun Zaimoglu, Schriftsteller: "Die Kirche hat verteilt und versprochen und die Truhen und Schatullen gefüllt mit Groschen und Gulden. Und die einfachen Menschen haben daran geglaubt. Insofern war das Verbrechen der einen die Not und das Elend der anderen. Und über diese Ausbeutung hat man sehr, sehr viel Geld eingetrieben und den Luxus der 'Römlinge' damals finanziert."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern