Freitag, 29. März 2024

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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (73)

Der Schriftsteller Feridun Zaimoglu, der islamische Theologe Mouhanad Khorchide und der Schriftsteller Bruno Preisendörfer kommentieren Martin Luthers 73. These.

27.09.2017
    These 73: "Der Papst schmettert mit Recht den Bann gegen die, die mit einigem Geschick etwas zum Schaden des Ablasshandels im Schilde führen."
    Feridun Zaimoglu, Schriftsteller: "Es wird über Martin Luther ja behauptet, dass er von Anfang an radikal mit dem Ablasshandel aufräumen wollte. Das stimmt nicht. So hieß es jedenfalls amtlich von seiner Seite. Er war nur gegen den Missbrauch des Ablasshandels. Und viel später sollte er den sogenannten gebilligten Gnadenstand verdammen."
    Bruno Preisendörfer, Schriftsteller: "Diese These ist ein Teilstück und ohne die folgende These unverständlich: Luther vergleicht in polemischer Absicht das Vorgehen des Papstes gegen die Ablasskritiker mit dem – sarkastisch unterstellten – Vorgehen des Papstes gegen diejenigen, die Missbrauch mit dem Ablass treiben."
    Mouhanad Khorchide, islamischer Theologe: "Natürlich könnte man das auf den Islam übertragen und sehen, wie viel Kritik die Reformer heute einstecken müssen – von den Autoritäten, von den Machthabern, von den religiösen Autoritäten. Diese Autoritäten haben weniger Angst um die Sache an sich, sondern mehr Angst um ihre Machtstellung. Und deshalb lohnt sich, dass Reformer einfach Geduld haben und weiterhin gegen diese Machtansprüche im Namen von Religionen vorgehen."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern