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Regelbetrieb im Gotthard-Basistunnel
In wenigen Minuten durch die Alpen

Zum Fahrplanwechsel am Sonntag starten die Schweizerischen Bundesbahnen den Regelbetrieb im Gotthard-Basistunnel. Die Fahrzeit auf der wichtigen europäischen Nord-Süd-Verbindung verkürzt sich dadurch um eine halbe Stunde. Doch auf den Zubringerstrecken - auch in Deutschland - hakt es noch.

Von Dietrich Karl Mäurer | 10.12.2016
    Ein Zug der Schweizerischen Bundesbahn steht im Gotthard Basistunnel.
    Der Gotthard-Basistunnel ist mit 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt. (picture-alliance/ dpa/ Keystone/ Urs Flueeler)
    Schon seit der feierlichen Eröffnung im Sommer brausten immer wieder Züge durch den neuen Supertunnel im Probebetrieb. Nun geht es los mit dem Regelbetrieb nach Fahrplan. Zwei 57 Kilometerlange Tunnelröhren führen ohne Steigung durch das Gotthardmassiv und sollen den Zugverkehr der Schweiz und Europas deutlich beschleunigen.
    Philippe Gauderon, verantwortlich für die Infrastruktur bei den Schweizerischen Bundesbahnen, kommt regelrecht ins Schwärmen:
    "Ich glaube, es wird die ganze Landschaft verändern. Der Güterverkehr wird mehr fahren können, mehr Züge, mehr Kapazitäten und im Personenverkehr vor allem viel schneller durch die Schweiz."
    Nadelöhr Rheintalbahn
    Mit Hilfe des Tunnels sollen große Teile des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Etwa 320 Züge pro Tag sollen einmal durch den Tunnel fahren - Güterzüge mit Geschwindigkeiten von 100 Kilometer pro Stunde, Personenzüge doppelt so schnell. Spitzengeschwindigkeiten bis 250 km/h sind geplant. Die Fahrzeit zwischen Zürich und Lugano etwa soll sich einmal um 45 Minuten verkürzen. Die fehlende Steigung und die flachen Anfahrstrecken ermöglichen längere Züge und erfordern weniger Loks. Das macht den Transport insgesamt wirtschaftlicher. Noch kann der Tunnel aber seine Trümpfe nicht voll ausspielen, denn wichtige Bauarbeiten auf den Zubringerstrecken sind noch nicht abgeschlossen - sowohl in der Schweiz, aber auch in den Nachbarländern - erklärt Philippe Gauderon von den SBB:
    "Also wir haben noch Richtung Süden mit Italien einige Fahrplanthemen. Hauptsorge ist Richtung Norden, Deutschland. Die Projekte sind bestimmt, sind finanziert, aber die Realisierung braucht Zeit, vor allem zwischen Basel und Karlsruhe."
    Neben dem Nadelöhr Rheintalbahn geht es auch um die Südbahn von Ulm nach Friedrichshafen und die Ausbaustrecke Stuttgart-Singen. Doch das Problem sei erkannt versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel, im Sommer zur Eröffnung des Gotthard Basistunnels:
    "Wir wissen, dass wir verspätet sind, wir wissen, der Gotthard-Tunnel ist sozusagen das Herz, hat jemand geschrieben, nur die Aorta fehlt noch. Es wird noch dauern, das muss man ganz ehrlich sagen, aber wir fühlen uns angespornt."
    Umfangreiche Sicherheitstechnik
    Betriebsbereit und getestet ist die umfangreiche Sicherheitstechnik im Tunnel. Elektronische Systeme überwachen die Fahrten der Züge und leiten Abweichungen und Störungen unmittelbar an eine Leitzentrale und die Lokführer weiter. Mit Notbahnsteigen, Querverbindungen zwischen den Röhren und Schutzräumen wähnt man sich auch für Katastrophenfälle gut gewappnet - erklärt Sicherheitsexperte Markus Schindelholz:
    "Es gibt verschiedene Szenarien, man kann parallel in der anderen Tunnelröhre nebendran fahren, die Leute durch die Querschläger in den anderen Zug führen, oder in einem der zwei dafür vorgesehenen Nothaltestellen, können die Personen aussteigen, sich in einen sicheren Raum begeben und dann von einem Evakuationszug abgeholt. Im schlimmsten Fall bei Brand wird es mit dem Lösch- und Rettungszug gemacht"
    Die alte Bergstrecke der Gotthardbahn soll übrigens weiter erhalten und genutzt werden - als Reserveweg sowie für den Regionalen Verkehr und den Tourismus.