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Regierungsbildung in Nordirland
"Ich glaube nicht, dass wir den belgischen Rekord brechen"

Seit einem Jahr ist Nordirland ohne Regierung. DUP und Sinn Féin stehen sich so feindselig gegenüber, dass alle Anläufe zur Regierungsbildung bislang gescheitert sind. Der nordirische Friedensnobelpreisträger David Trimble ist enttäuscht, glaubt aber an eine Einigung. Viel Zeit bleibt nicht.

Von Friedbert Meurer | 24.01.2018
    David Trimble vor einem Schriftzug der Partei "Ulster Unionists".
    Der nordirische Friedensnobelpreisträger David Trimble gehörte der moderaten Partei "Ulster Unionists" an. Sie spielt jetzt fast keine Rolle mehr. (EPA/PAUL MCERLANE/dpa -)
    David Trimble kommt mit einer alten schwarzen Ledertasche unter dem Arm. Er heißt jetzt auch Lord Trimble und ist Mitglied im Oberhaus des britischen Parlaments. Aus der nordirischen Politik hat er sich längst verabschiedet. Dass Unionisten und Nationalisten seit einem Jahr keine gemeinsame Regierung in Belfast geschmiedet bekommen, findet der ehemalige Erste Minister Nordirlands nicht übermäßig schlimm.
    "Die Dinge laufen nicht so gut, wie es sein könnte. Das ist schon eine Enttäuschung. Aber ich bin zuversichtlich, dass man die gegenwärtigen Probleme lösen wird. Es braucht halt Zeit. Ich glaube nicht, dass wir den Rekord Belgiens brechen werden, wer am längsten für eine Regierungsbildung braucht."
    Die moderaten Parteien spielen kaum eine Rolle mehr
    Trimble wirkt trotzdem leicht deprimiert. In Nordirland sind bei der letzten Wahl zum Regionalparlament die radikalen Kräfte gestärkt worden: Die DUP unter Arlene Foster und Sinn Féin sind jetzt die beiden konkurrenzlosen Machtblöcke. Trimble gehörte der moderaten Partei der Unionisten an, den "Ulster Unionists". Sie spielt jetzt fast keine Rolle mehr genauso wie ihr einstiges moderates Pendant bei den pro-irischen Nationalisten, die SDLP. Ihr gehört John Hume an. Die gemäßigten Parteien beider ehemaligen Friedensnobelpreisträger spielen im Moment keine Rolle mehr.
    "Wir wollen nicht, dass die gemeinsame Regierungsarbeit unterbrochen bleibt. Ich hoffe, dass auf längere Sicht die Wähler in Nordirland zum Ergebnis kommen, dass es keine gute Idee war, für die DUP und Sinn Féin zu stimmen."
    Trimble hat vor gut zehn Jahren die Ulster Unionists verlassen, wurde Mitglied bei den Tories und schmiedete durch eine Fusion daraus eine Art nordirische CSU, wie er lachend meint. Der Partei geholfen hat das Manöver nicht.
    Die Republik Irland sollte auch die EU verlassen
    Wir kommen auf den Brexit zu sprechen. Die Hoffnung, dass der ehemalige Friedensnobelpreisträger hier Brücken bauen will, wird enttäuscht. Lord Trimble ist ein beinharter Brexiteer. Er fühlt sich als Brite und jemand, der Wert darauf legt, dass die Entscheidungen in London und nicht in Brüssel fallen.
    "Schauen Sie sich doch die Zahlen an. Seit der Einführung des Binnenmarkts ist das Handelsdefizit des Vereinigten Königreichs gegenüber der EU deutlich größer geworden. Europa spielt eine geringere Rolle für uns, der Handel mit anderen Ländern wird wichtiger. Aber v.a. wollen die Menschen, dass diejenigen, die regieren, ihnen gegenüber Rechenschaft ablegen. Brüssel tut das nicht, aber Westminster."
    Man hofft vergebens auf ein versöhnliches Wort des Friedensnobelpreisträgers zum Brexit. Er war sogar jahrelang Mitglied im EU-Ausschuss des House of Lords. Aber dennoch: es sei doch die EU, die jetzt eine Grenze zwischen Nordirland und Irland ziehen will, aber doch nicht London. Und was ist mit den Befürchtungen der nordirischen Nationalisten, dass die Verbindungen zur Republik durch den Brexit gefährdet werden?
    "Die Republik Irland ist der EU am selben Tag beigetreten wie das Vereinigte Königreich. Die gleichen Faktoren sprechen dafür, dass sie jetzt auch die EU mit uns zusammen verlassen."
    David Trimble räumt dennoch ein, dass es für Nordirland besser wäre, wenn der Brexit endlich geklärt wäre und nicht mehr die Gespräche zwischen beiden Seiten zusätzlich belasten. Dass es, wenn an der Grenze zu Irland wieder Kontrollen stattfänden, zu Gewalt kommen könnte, das schließt er aus. Da habe sich Nordirland doch entscheidend verändert. Außerdem, meint der pro-britische Unionist, seien die Sicherheitsbehörden in Nordirland doch ziemlich gut.