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Regierungskonsultationen
Deutsch-polnische Annäherungen

Zuerst loben die Außenminister Steinmeier und Waszczykowski ein gemeinsames Schulbuch, dann die Regierungschefs Merkel und Szydlo einander. Am Tag der gemeinsamen Regierungsgespräche klingen mal wieder harmonische Töne zwischen Deutschland und Polen an.

Von Peter Sawicki | 22.06.2016
    Die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo (r.) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
    Die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo (r.) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Um ehrgeizige Projekte zu verwirklichen, braucht es mitunter Zeit. Das erste deutsch-polnische Geschichtsbuch darf getrost zu dieser Kategorie gezählt werden. Nach acht Jahren Planung wurde es in einer Berliner Oberschule vorgestellt, Außenminister Frank-Walter Steinmeier sparte nicht mit Lob: "Die Mühe hat sich gelohnt. Es ist ein ganz wunderbares Buch geworden, ein Buch, das hellhörig macht, ein Buch, das euch hoffentlich hilft einen gemeinsamen deutsch-polnischen Blick auf diese Geschichte zu entwickeln. Auf die Schatten - natürlich - Schatten, die bis in unsere Gegenwart hineinreichen, aber hoffentlich auch auf das Licht unserer gemeinsamen Geschichte."
    Ein gemeinsamer Blick auf die Geschichte Europas - das ist das Ziel des Buches. Der erste Band behandelt den Zeitraum der europäischen Frühgeschichte bis zum Mittelalter, bis 2020 sollen sukzessive drei weitere Bände folgen, mit den Schwerpunkten Frühe Neuzeit bis zur Gegenwart. Um die besonders aufgeladenen Themen der deutsch-polnischen Geschichte zu illustrieren, bleibt den Autoren also noch ein wenig Zeit.
    Das erste Buch der Reihe wird deutschen und polnischen Schulen der Sekundarstufe I ab dem kommenden Schuljahr zur Verfügung stehen - mit identischem Inhalt, lediglich in unterschiedlichen Sprachfassungen. Steinmeiers Kollege Witold Waszczykowski bezeichnete das Lehrbuch als Ausdruck der heutigen Reife deutsch-polnischer Beziehungen und sehnte sich gar in seine Jugendzeit zurück: "Zugegeben, wenn ich dieses tolle Buch mit all seinen Illustrationen sehe, würde ich am liebsten selbst wieder zur Schule gehen und es von vorne bis hinten studieren. Denn zu meiner Schulzeit vor über 40 Jahren konnte man von einem solchen Unterrichtsmaterial nur träumen."
    Harmonie im Vordergrund
    Die Außenminister fuhren im Anschluss zu den deutsch-polnischen Regierungsgesprächen. Von politischen Verstimmungen, die noch im Februar beim Berlin-Besuch von Ministerpräsidentin Beata Szydlo geradezu greifbar waren, war diesmal nichts zu spüren. Harmonie stand im Vordergrund, Steinmeiers jüngste Kritik an der Nato war zumindest nach außen kein Thema.
    Beata Szydlo bedankte sich ausdrücklich für Deutschlands Beitrag zur Stärkung des östlichen Nato-Gebiets, und auch in Sachen "Brexit" und EU war ihre Botschaft klar: "Wir glauben fest daran, dass die Briten für den Verbleib stimmen werden. Aber unabhängig davon ist unsere Position klar: Die EU soll sich weiter entfalten und vor allem eine Einheit bilden."
    Dem wollte Angela Merkel nicht widersprechen. Die Kanzlerin kündigte die Vertiefung der Zusammenarbeit in den Bereich Wirtschaft und Kultur. Sie glaube, so die Kanzlerin, "dass es ein guter Tag war für die deutsch-polnischen Beziehungen, und herzlichen Dank an Dich, liebe Beata, dafür, dass wir heute so intensiv miteinander reden konnten."