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Regionalwahlen auf Korsika
Nationalisten gewinnen erste Runde

Auf Korsika haben die Nationalisten die erste Runde der Wahl zum neuen Regionalparlament klar gewonnen. Am Sonntag steht die zweite Runde an. Die Nationalisten wollen mehr Autonomie für die Insel, aber keine Unabhängigkeit. Mit diesem Kurs schnitten sie bereits bei den Wahlen 2015 gut ab.

Von Jürgen König | 07.12.2017
    Eine korsische Flagge: Der schwarze Kopf mit weißer Stirnbinde gilt als Symbol korsischer Freiheit.
    Ein „autonomes“ Korsika „mit allen Rechten und Handlungsmöglichkeiten“ – diese Forderung dürfte für die Zentralregierung zunächst unannehmbar sein. (imago/blickwinkel)
    Mit einem so klaren Ergebnis hatte niemand gerechnet. Schon beim ersten Durchgang dieser Regionalwahl bekam die von Gilles Simeoni und Jean-Guy Talamoni angeführte Liste Pé a Corsica, "Für Korsika", 45,4 Prozent der abgegebenen Stimmen. Dass die Wahlbeteiligung niedrig war, kann den Optimismus nicht trüben. Jean-Guy Talamoni: "Wir werden auch weiterhin um die Stimmen aller Korsen werben, denn wir wollen uns der französischen Regierung mit einer unbestreitbaren Legitimität präsentieren!"
    Notwendig wurde die Wahl aufgrund einer Verwaltungsreform. Bislang war Korsika in zwei Départements geteilt, die zusammen eine Region bildeten. Dahinter stand durchaus der Pariser Gedanke, Autonomiebestrebungen gar nicht erst aufkommen zu lassen.
    Nationalisten halten autonomes Korsika für greifbar
    Damit ist es bald vorbei: vom 1. Januar 2018 an besteht Korsika nur noch aus einer "collectivité unique", einer einzigen Verwaltungseinheit, für die jetzt in zwei Runden 63 Abgeordnete gewählt werden. Für Gilles Simeoni, der seit 2015 Präsident der korsischen Territorialverwaltung ist, gilt es als ausgemacht, dass der Wunsch der Korsen nach echter Selbstbestimmung jetzt auch in Paris nicht mehr ignoriert werden kann: "Es geht heute nicht um die Unabhängigkeit, daran denkt nur eine Minderheit, in unserem Bündnis bilden die Befürworter einer Autonomie die Mehrheit. Wir wollen, dass Korsika in den nächsten zehn Jahren vollständig autonom wird, mit allen Rechten und Handlungsmöglichkeiten. Diese Forderung wird auch von anderen politischen Bewegungen getragen, bei der Linken wie bei der Rechten, die Mehrheit der Korsen will es so. Und ich hoffe sehr, dass wir diese Forderungen bei den Verhandlungen mit der französischen Regierung werden durchsetzen können."
    Ein "autonomes" Korsika "mit allen Rechten und Handlungsmöglichkeiten" - diese Forderung dürfte für die Zentralregierung zunächst unannehmbar sein.
    Die Streitpunkte mit Paris
    Die korsische Sprache etwa neben dem Französischen als offizielle Sprache anzuerkennen, hat Paris stets abgelehnt. Nach dem Verfassungsgrundsatz von der "einen und unteilbaren Republik", hieß es, könne es auch nur eine offizielle Sprache geben: das Französische.
    Ebenso strikt lehnt die Zentralregierung den Wunsch nach Freilassung korsischer Häftlinge aus den Gefängnissen auf dem französischen Festland ab. Entgegen der korsischen Ansicht, wonach die meisten von ihnen "Unabhängigkeitskämpfer" seien und somit als politische Häftlinge amnestiert werden müssten, verweist Paris darauf, dass in einem Rechtsstaat die Strafen der Justiz auch vollzogen werden müssten. Die strittige Forderung nach völliger Steuerhoheit Korsikas dürfte wieder auf die Tagesordnung kommen; ebenso der Wunsch nach einem bevorzugten Status der Einheimischen beim Kauf von Immobilien auf Korsika - um gegen wohlhabende Franzosen vom Festland eine Chance zu haben.
    Präsident Emmanuel Macron wie auch Premierminister Edouard Philippe haben zum Wahlerfolg der korsischen Nationalisten bisher - beredt geschwiegen.