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Rehabilitation eines Elternschrecks
Kultfilm "Tanz der Teufel" ist wieder legal

Es gibt Filme, die in Deutschland als so schwer jugendgefährdend eingestuft werden, dass sie verboten sind. Zu dieser Sorte Film gehörte auch der Horrorfilm "Tanz der Teufel". Nun kann man ihn und eine Reihe anderer ehemals indizierter Filme wieder legal sehen. Ein Zeichen gesellschaftlichen Wandels?

Von Kai Löffler | 28.03.2017
    Eine Szene des Horrorfilms "Evil Dead" aus dem Jahr 2013. Der Film ist eine Neuverfilmung von "Tanz der Teufel" (Original "The Evil Dead") aus dem Jahr 1981.
    Eine Szene des Horrorfilms "Evil Dead" aus dem Jahr 2013. Der Film ist eine Neuverfilmung von "Tanz der Teufel" (Original "The Evil Dead") aus dem Jahr 1981. (imago / ZUMA Press)
    Das Böse erwacht in den Wäldern, und für den jungen Ash und seine Freunde, die sich auf ein ruhiges Wochenende eingestellt hatten, verheißt das nichts Gutes. Aber so was passiert eben in Horrorfilmen, wenn man alle Warnungen in den Wind schlägt, und im Keller einer verlassen Hütte ein mysteriöses Tonband abspielt.
    "Durch lautes Sprechen dieser Formeln, erhalten die Dämonen den Befehl aufzuwachen."
    So ergreift ein dämonisches Wesen der Reihe nach Besitz von den vier Teenagern und verwandelt sie in bösartige, mordlustige Kreaturen.
    Der Horrorfilm "Tanz der Teufel" ist eine Legende, ein Name, den sich Generationen auf dem Schulhof zugeraunt haben, wo verschlissene Videobänder die Runde machten. Offiziell kaufen oder ausleihen konnte man ihn nicht, denn "Tanz der Teufel" war hierzulande verboten.
    In Deutschland strengstens verboten
    Seine Wurzeln hat das Horrorkino im expressionistischen deutschen Stummfilm. Trotzdem hatte es das Genre gerade hierzulande in den letzten Jahrzehnten schwer, sagt Dr. Marcus Stiglegger, Professor für Film in Berlin und Autor von "Terrorkino" und "Grenzkontakte".
    "Diese Filme wurden dann in den folgenden Jahren immer wieder als ne Art Verrohung des internationalen Kinos gesehen."
    Extremen Horrorfilmen wurde damals nicht nur die Freigabe der FSK verweigert, nach der Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien durften viele von ihnen nicht mehr beworben werden. In manchen Fällen schritt sogar die Justiz ein, um den Film vollständig zu beschlagnahmen, zu verbieten also. Alles im Namen des Jugendschutzes, obwohl - oder gerade weil - die Zielgruppe vieler Horrorfilme Teenager waren.
    "In Amerika würde niemand in Frage stellen, dass ein Film wie "Nightmare on Elm Street" eigentlich sich an 15-, 16-Jährige richtet. Genau das ist aber die Argumentation, warum diese Filme in Deutschland dann so verfolgt wurden."
    Ein fast schon harmloser Film
    Kunstwerke sind gesetzlich vor einem solchen Verbot geschützt, aber genau dieser künstlerische Anspruch wurde dem Horrorkino lange Zeit abgesprochen. Dabei setzen sich Horrorfilme gerne mal mit soziopolitischen Themen auseinander, werden zur Analogie für Krieg oder Konsumsucht - und spielen sich auf immer wieder neue Arten mit menschlichen Urängsten.
    "Und diese Auseinandersetzung erfordert natürlich Geschick und Intelligenz. Von daher wird in der Diskussion der Horrorfilm immer mal wieder unterschätzt. Aber das hat sich tatsächlich in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich verändert, man findet eine größere Akzeptanz und auch eine Bewunderung für die Mittel dieses Genres."
    Viele der ehemals indizierten und beschlagnahmten Filme sind deshalb auch wieder erhältlich - einige, zum Beispiel der erwähnte "Nightmare on Elm Street", demnächst "Hellraiser" und eben nun auch "Tanz der Teufel", - sogar mit einer damals komplett undenkbaren Freigabe ab 16. Denn viele neuere Horrorfilme sind in der Gewaltdarstellung wesentlich extremer geworden, so dass Filme wie "Tanz der Teufel" im Vergleich geradezu altbacken aussehen.
    "Die gesellschaftliche Wahrnehmung hat sich geändert"
    Dass unsere Toleranz für schreckliche Bilder so sehr gestiegen sei, weil wir als Gesellschaft verrohen - diese Erklärung kratze allerdings nur an der Oberfläche, sagt Markus Stiglegger.
    "Nach veröffentlichten Statistiken ist es ja so, dass die Gesellschaft offenbar friedlicher geworden ist, dass wir eine niedrigere Verbrechensrate mittlerweile haben. Aber ich glaube, was sich verändert hat, ist die gesellschaftliche Wahrnehmung von zum Beispiel Gewaltverbrechen – vieles wird als besonders drastisch wahrgenommen, weil es über die neuen Medien, über das Internet vor allem, nah herangerückt wird an die Menschen. Und diese veränderte Wahrnehmung von gesellschaftlicher Realität, die wesentlich aggressiver erscheint mittlerweile, die wird in Filmen ganz aktiv reflektiert."
    Was in den 50er-Jahren das Publikum schockierte, läuft heute im Nachmittagsprogramm, und der Horror der 80er hat seinen Schrecken verloren - auch für die Jugendschützer. Unsere Bilder sind blutiger denn je. Jugendliche werden im Internet, in den Medien mit deutlich mehr Gewalt konfrontiert als früher, und die FSK reagiert auf diese Veränderung. Was früher ab 18 indiziert oder gar verboten war, ist heute oft ab 16 freigegeben.
    "Und wenn man im Vergleich die beiden Filme, 'Tanz der Teufel', 'Evil Dead' im Original, und eben das Remake 'Evil Dead', das vor wenigen Jahren herauskam, betrachtet, dann fällt ja schon auf, wie harmlos eigentlich der ursprüngliche, beschlagnahmte Film ist, faktisch, der jetzt ab 16 freigegeben wurde, und wie drastisch dagegen der neue Film anmutet."