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"Reibekuchen sind gut für die Völkerverständigung"

Vor acht Jahren wanderte er nach Israel aus und konvertierte zum Judentum. Jetzt ist Tom Franz in seiner neuen Heimat ein Star. In der populären TV-Show "Israel’s Masterchef" hat er mit seiner koscheren Küche begeistert.

Von Monika Hebbinghaus | 10.04.2013
    Dies ist der Moment, in dem Tom Franz angekommen ist in Israel, als er das Finale von "Israel’s Masterchef" gewinnt. Und 50 Prozent der israelischen Haushalte schauten zu, es war die höchste Einschaltquote der Fernsehgeschichte. Drei Monate lang hatte sich der Deutsche aus Erftstadt bei Köln mit viel Charme und koscheren Zutaten in die Herzen der Jury und der Zuschauer gekocht.

    Jetzt steht Tom Franz im Jüdischen Museum Berlin. Vor ihm eine Vitrine, darin ein Sammelsurium von Dingen, die er dem Museum für die aktuelle Ausstellung überlassen hat.

    "Hier ist meine Kochschürze, die ich den ganzen Wettbewerb beim Masterchef getragen habe, hier ist ein Reibekuchenrezept, das ich auch im Laufe des Wettbewerbs einmal gemacht hab. Und das ist so schön, weil die Reibekuchen so richtig schön deutsch sind. Und ich hab das da gemacht und das ist toll angekommen. Das war ein super Gefühl."

    Tom strahlt vor Begeisterung. 1,95 Meter groß und schlaksig, die dunkelblonden Haare zum Pferdeschwanz gebunden, ein offenes Gesicht, das gerne lächelt. Jedes Ding in dieser Vitrine steht für den Weg, den der 39-Jährige zurückgelegt hat, seit er vor acht Jahren nach Israel auswanderte und zum Judentum konvertierte. Und so liegt hier auch sein Gebetsschal in einer kostbar bestickten Tasche aus schwarzem Samt.

    "Auf der Tasche vom Gebetsschal steht drauf ‚Tom Ben Avraham‘. Sohn Abrahams ist der Name eines jeden Konvertiten, also eines männlichen, bei Frauen ist das Tochter Sarahs. Und Tom ist der jüdische Name, den ich angenommen habe."

    Eigentlich hat Toms Weg schon 1989 begonnen. Damals besucht er mit einem Schüleraustausch das erste Mal Israel. Nach dem Abitur geht er zum Zivildienst nach Israel, arbeitet anderthalb Jahre im Krankenhaus und in einem Altenheim. Dann geht er zurück nach Deutschland, studiert Jura in Köln, arbeitet in einer Kanzlei. Und doch ist da etwas, das lässt ihn nicht los.

    "Ich bin damit, ich weiß nicht, acht oder zehn Jahre schwanger gegangen, dass ich mich eigentlich zum Judentum hingezogen gefühlt hab und irgendwie wusste, ich muss damit was machen, aber ich habe mich davor gedrückt. Das zieht so viel nach sich, das erfordert so viel – nicht nur an Anstrengung, sondern auch an Opfern."
    2004 entscheidet sich Tom Franz dafür, dieser Sehnsucht nachzugeben. Er lässt sein altes Leben zurück und wandert nach Israel aus. Er findet einen Rabbi, bei dem er sich auf die Konversion vorbereitet. 2007 hat er es geschafft: In einem aufwendigen Ritual tritt er zum Judentum über, samt der erforderlichen Beschneidung. Tom betet jetzt dreimal am Tag, er trennt beim Essen Milchiges von Fleischigem, am Schabbat geht er in die Synagoge. Damit ist er jüdischer als viele Israelis. In seiner neuen Heimatstadt Tel Aviv lernt er auf der Straße seine spätere Ehefrau Dana kennen. Auch für sie spielte Religion bislang nie eine Rolle. Durch Tom wird sie gläubig.

    In Tel Aviv gibt es tolle Restaurants, gutes Essen gehört hier einfach dazu. Dana schleppt Tom in die besten Lokale. Zu Hause versucht er nachzukochen, was ihm geschmeckt hat, allerdings strikt nach den jüdischen Speisegesetzen. Dass man auf Gourmetniveau koscher kochen kann, damit hat Tom Franz die Israelis bei seinen TV-Auftritten wohl am meisten überrascht. Bis dahin glaubten viele: Koscher ist langweilig.

    "Die Menschen, die nicht koscher essen, hab ich irgendwie dem Koscheren näher gebracht hab, weil ich denen gezeigt habe, man kann auch koscher Gourmet machen, man kann koscher superlecker kochen. Ich hab auch die Religiösen mit ins Boot geholt, die es ganz toll finden, dass überhaupt jemand beim Masterchef koscher kocht und damit gewinnt. Und die Menschen dort haben das erste Mal seit über 60 Jahren, wenn sie das Wort "deutsch" hörten, angefangen zu lächeln. Das ist auch ein riesiger Erfolg. Ich meine, den kann ich mir gar nicht persönlich zuschreiben, aber es ist passiert und es ist toll."

    Ein zugewanderter, zum Judentum konvertierter Deutscher, der besser kocht als de sprichwörtliche jüdische Mutter: Wenn es ihn nicht gäbe, man müsste ihn erfinden.
    Wie es weiter geht? Ideen hat Tom Franz genug, Angebote auch. Eines will er auf keinen Fall: seinen TV-Erfolg mit Werbeverträgen ausschlachten. Vielleicht wird er irgendwann ein koscheres Restaurant aufmachen und einen Michelin-Stern nach Israel holen, den ersten überhaupt.

    "Koscheres Essen hat eine Berechtigung auf der Landkarte des guten Essens. Und nun ist ein Michelin-Stern nun mal die offizielle Anerkennung dafür. Ich denke, es sollte in den nächsten Jahren passieren. Und es wäre schön, wenn mein Name dabei mit auftaucht."