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Reihe: Campus im Netz
Berufsschulen kämpfen mit Kosten der Digitalisierung

In Industrie, Handwerk und auch im Büro spielen Computer und digitale Steuerungen eine immer größere Rolle. Das geht auch an den Berufsschulen nicht spurlos vorüber. Sie haben immer höhere Kosten durch den Einsatz digitaler Medien.

Von Dirk Biernoth | 12.09.2015
    Ein Schüler arbeitet in der Waldschule in Hatten in seinem Klassenzimmer am Tablet.
    In deutschen Klassenzimmern wird immer öfter auf Tablet-Computern gelernt. (picture alliance / dpa / Carmen Jaspersen)
    Das Robert-Schuman-Berufskolleg in Essen bildet junge Menschen in Büro- und Verwaltungsberufen aus. Hier gibt es 300 Rechner für 2.000 Schüler und sogar ein WLAN-Netz. Darauf ist Studiendirektor Klaus Ulbert besonders stolz.
    "Es ist so: Wir sind hier insofern zusammen mit unserer Nachbarschule, also wir sind ja hier Robert-Schuman-Berufskolleg und die Nachbarschule Erich-Brost. Das ist ja, wenn man so will, ein riesiges Gebäude. Und da waren wir Pilotschule auch für dieses WLAN-Projekt. Und seit einigen Jahren läuft das hier einwandfrei. Es soll natürlich überall etabliert werden, aber ich denke, das wird einfach seine Zeit dauern."
    Denn durch den Austausch mit Kollegen anderer Berufsschulen weiß Klaus Ulbert, dass WLAN dort eher die Ausnahme ist. Die Auszubildenden können am Robert-Schuman-Kolleg aber nicht nur über das WLAN auf den Schulserver zugreifen, sondern auch von Zuhause aus die Arbeit an Dateien fortsetzen, die sie in der Berufsschule begonnen haben. Doch genau das sei für manche Schüler gar nicht mehr so einfach, sagt Klaus Ulbert. Denn während die Berufsschulen dabei sind, digital aufzurüsten, sind es eher die Schüler, die immer öfter keinen Computer mehr Zuhause haben.
    "Das ist ja so 'ne Beobachtung, die ich eigentlich erst so im letzten Jahr gemacht habe. Und ich habe mich da mal mit Kollegen besprochen und die sagen doch, dass der Bestand an PCs für Schüler eher rückläufig ist. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass Schüler, die ihr Smartphone haben, damit ihre vollständige Kommunikation abdecken."
    Am Robert-Schuman-Berufskolleg steht vor allem das Office-Paket von Microsoft auf dem Lehrplan. Darüber hinaus gibt es kaum Software-Schulungen. Dies könne die Schule nicht leisten, sagt Klaus Ulbert.
    "Das Problem ist einfach wie bei vielen Softwarebereichen, dass die Firmen keine Einheitssoftware haben. Also, das ist in der Regel so: Eine Einheitssoftware wie zum Beispiel das Office-Paket von Microsoft, das werden wir hier an der Schule unterrichten, aber wenn die spezielle Software haben im Bankbereich, im Industriebereich, im Einzelhandelsbereich oder im Rechtsanwalts-/Notariatsbereich. Da ist es dann doch so, dass das betriebsintern gelehrt wird."
    Nur die Hälfte der Auszubildenden bewerten ihre Berufsschule als "sehr gut" oder "gut"
    In Berufsschulen mit technischen Berufen ist die Digitalisierung noch weiter voran geschritten. Das liegt natürlich an den Berufsbildern selbst, die sich stark in diese Richtung entwickelt haben. Markus Steffens vom Heinz-Nixdorf-Berufskolleg in Essen zeigt interessierten Besuchern gerne seine Rumpelkammer. Dort liegen alte Steckbords für Elektroinstallateure. Genauso wie das Berufsbild ausgedient hat - jetzt heißen die Auszubildenden angehende Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik - genauso haben auch die Steckbords ausgedient. Inzwischen werde an einem richtigen Sicherungskasten mit digitalem Stromzähler geübt, sagt Markus Steffens.
    "In diesem Qualifizierungscenter können die Auszubildenden mit den realen Messgeräten, wie sie auch im Betrieb vorhanden sind, entsprechende Messungen vornehmen, auswerten, interpretieren - genauso, wie es auch auf der Baustelle erfolgen würde. Es findet ein ganz klarer Wandel statt von der klassischen Installationstechnik hin zur Kombination Energieübertragung und Informationsübertragung zwischen Energieversorgern, Versorgungsnetzbetreiber und Kunde über Smartmeter."
    Auch die Auszubildenden am Heinz-Nixdorf-Berufskolleg sind begeistert von der technischen Ausstattung. Die sei sogar schon moderner als die Ausstattung im Betrieb, sagt Niklas, der gerade eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik macht.
    "Hier an der Schule lernt man wesentlich mehr, finde ich. Auch technisch für den Alltag, sage ich mal, wir man hier besser drauf vorbereitet als im Betrieb. Im Betrieb hat man zum Teil nur Aufgaben, die man täglich vorfindet, sprich Kabelziehen, Verteilerschränke anschließen und so etwas. Hier ist man auf dem neuesten Stand der Technik. Die Technik geht natürlich immer weiter und deswegen, schätze ich mal, werden in absehbarer Zeit die Räume auch immer wieder neu modifiziert und Bauteile, Bauelemente ausgetauscht."
    Die technische Ausstattung scheint - jedenfalls an diesen beiden Berufsschulen in Essen - kein Problem zu sein. Dass dies bei Weitem nicht an jeder Berufsschule in Deutschland der Fall ist, offenbart der jährliche Ausbildungsreport des DGB. Dort bewerten nur rund die Hälfte der befragten Azubis ihre Berufsschule als "sehr gut" oder "gut". Die Ausstattung mit technischen Geräten und modernen Unterrichtsmaterialien ist laut DGB bei dieser Bewertung ein entscheidender Faktor. Einen wirklich validen Vergleich der Berufsschulen gibt es bisher nicht. Dieser wird von betrieblicher Seite aber immer wieder gefordert, um den Wettbewerb unter den Schulen zu fördern.