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Reihe: Prekäre Arbeit in der Wissenschaft (Teil 4)
GEW-Studie: Hochschulreformen verunsichern Lehrende

Wie nehmen die Beschäftigten die Veränderungen in der Hochschullandschaft seit Bologna wahr? Das wollte die GEW in einer Studie herausfinden. Ein Ergenis: Sechs von zehn Befragten klagen über schlechter gewordene Arbeitsbedingungen. Die Hochschulen wollen die Aussage der Studie so nicht gelten lassen.

Von Claudia van Laak | 07.05.2015
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    Wurden bei den Hochschul-Reformen die Beschäftigten vergessen? (picture-alliance / dpa / Thomas Frey)
    Reformen, Reformen, Reformen. Und bei all diesen Hochschul-Reformen eins vergessen: die Beschäftigten. So sieht es zumindest die GEW. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Andreas Keller:
    "Dabei kommt es ganz stark auf die Hochschulbeschäftigten an. Die müssen schließlich die Curricula reformieren, die Studiengänge modularisieren, Akkreditierungsanträge schreiben, die Lehre evaluieren und Studierende immer intensiver betreuen."
    Wie nehmen die Beschäftigten die Veränderungen wahr? Die GEW hat eine entsprechende Studie erstellt – danach klagen sechs von zehn Befragten über schlechter gewordene Arbeitsbedingungen, gut die Hälfte gibt an, ihr Arbeitsaufwand habe sich durch den Bologna-Prozess erhöht, für mehr als zwei Drittel hat der Druck zugenommen, Drittmittel einzuwerben.
    "Dass sich auch die Hochschulbeschäftigten selbst belastet fühlen, das ahnten wir als Gewerkschaft natürlich immer, dass das Spuren hinterlässt. Das merken wir auch in Gesprächen. Wir haben nun durch eine systematische Befragung herausgefunden, dass wir mit diesem Eindruck auch richtig liegen. Und das ist aus meiner Sicht neu."
    Kritik an befristeten Jobs
    Die GEW kritisiert seit Langem die fehlende Perspektive für junge Wissenschaftler. So arbeiten neuen von zehn wissenschaftlichen Mitarbeitern auf befristeten Verträgen, jeder zweite Vertrag hat eine Laufzeit von unter einem Jahr. Franziska Leischner, Co-Autorin der Gewerkschaftsstudie-Studie:
    "Neben der Unsicherheit in der Familienplanung gaben die Interviewpartner auch an, dass die Befristung den Konkurrenzdruck ganz stark förderte in den Instituten. Gerade auch die befragten Professoren bemängelten, dass durch die Befristungspraxis die Arbeitsabläufe stark erschwert waren, weil Verantwortung nicht auf unterschiedliche Schultern verteilt werden konnte. Beziehungsweise durch diesen Durchlauferhitzer Leute immer wieder neu eingearbeitet werden müssen, sodass sich die Arbeit nicht delegieren lässt und gleichzeitig die Abläufe erschwert."
    Hochschulen: "Fatale Diskussion"
    Widerspruch kommt von den Arbeitgebern, den Hochschulen: "Die Diskussion läuft aus meiner Sicht in eine ganz fatale Richtung". Sagt zum Beispiel der Präsident der Freien Universität Berlin Peter-Andre Alt. Die Gewerkschaft ziehe aus den vorhandenen Statistiken irrige Schlussfolgerungen. Ist es kritikwürdig, fragt der FU-Präsident, wenn wir einer Doktorandin, die mehr Zeit für ihre Promotion braucht, einen Anschlussvertrag über ein halbes Jahr geben? Oder wenn eine junge Wissenschaftlerin Mutter wird und wir eine Schwangerschaftsvertretung beschäftigen?
    "Die, die dann die Vertretung übernehmen, erhalten dadurch die Chance, in das System Universität hineinzukommen. Aber natürlich dauert die Vertretung nur solange, wie die Wahrnehmung des Erziehungsurlaubs dauert. Und daraus ergibt sich auch, dass wir vielfach kurzzeitige Vertragsverhältnisse haben. Da ist eine sozial gute Idee plötzlich ins Gegenteil verkehrt worden in der äußeren Wahrnehmung.
    So schlecht sind die Arbeitgeber Universität nicht, wie sie gemacht werden."
    Die Aussagekraft der heute von der GEW präsentierten Studie ist zudem begrenzt. Befragt wurden nämlich nur diejenigen, die im E-Mail-Verteiler der GEW sind – sprich Gewerkschaftsmitglieder und ihre Sympathisanten.