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Reinfall mit Schufa-freien Krediten

Das Angebot für einen Schufa-freien Kredit lockt Menschen, die dort eben einen negativen Eintrag haben und entsprechend kein Geld erhalten. Eine Studie der Schufa zeigt nun, dass diese Anbieter vor allem die Kreditsuchenden abzocken.

Von Philip Banse | 29.10.2012
    Für Menschen in Notsituationen wirkt es wie der rettende Strohhalm: ein Kredit ohne Bonitätsprüfung durch – zum Beispiel – die Schufa. Doch die Schufa, Schuldnerberater und Wissenschaftler warnen in einer Studie eindringlich davor, sich überhaupt nur für diese Kredite zu bewerben. Der Vorsitzende der Schufa, Michael Freytag, sagte, diese angeblich Schufa-freien Kredite seien:

    "Ein scheinbar hilfreiches Angebot, das sich fast immer als leeres Versprechen herausstellt. Der Verbraucher erhält nämlich keine Hilfe, sondern er wird abgezockt."

    Die Studie der Schufa schätzt konservativ, dass durch Abzocke rund um die angeblich Schufa-freien Kredite jedes Jahr ein Schaden von 150 Millionen Euro entsteht. Betroffen seien demnach fast 400.000 Menschen pro Jahr. Pro Kreditsuchendem gehe der Schaden bis zu 2000 Euro. Die Schufa hat für die Studie 22 Menschen Schufa-freie Kredite beantragen lassen bei 69 Anbietern. Nur zwei Kredite wurden tatsächlich gewährt. Das Ziel dieser Anbieter sei meist gar nicht die Vermittlung eines Kredits, sagt Christian Maltry, seit 24 Jahren Schuldnerberater. Vielmehr ginge es darum, mit verschiedenen Methoden Geld abzukassieren. Der Klassiker seien Vorabgebühren und Auslagenerstattungen:

    "Bevor der eigentliche Vertrag mit dem Vermittler abgeschlossen wird, wird man schon zu Kasse gebeten. Teilweise werden die Unterlagen per Nachname versandt; teilweise muss vorab überwiesen werden. Wir hatten hier ein Spektrum zwischen 60 und 600 Euro. Dafür wurde mit sehr vielen Worten versprochen, man werde ich darum bemühen, einen Kredit zu vermitteln."

    Für eine "Eilfinanzberatung" würden auch mal 150 Euro fällig – ohne, dass es je zu einer Beratung käme. Bei Hausbesuchen würden zudem zahlreiche Versicherungen angeboten und oft auch abgeschlossen. Etwa eine Kreditratenausfallversicherung,

    "die einen Kredit, den es noch gar nicht gibt, absichern soll, auch für den Fall des Todes, auch für den Fall der Arbeitsunfähigkeit. Tatsächlich kommt es nicht zu einer Kreditgewährung, aber man hat diese Versicherung, weil die ja unabhängig vom Kredit abgeschlossen wird. Solche Versicherungen kosten bis zu 40 Euro Monatsbeitrag und bringen den Kreditvermittler entsprechende Provisionen ein."

    Wenn es dann tatsächlich mal zu einer Kreditvergabe kommt, sei der effektive Jahreszins durch zahlreich versteckte Kosten extrem hoch, sagt Schuldnerberater Maltry:

    "Wenn man alle Kostenpositionen einberechnet hat, dann war der effektive Jahreszins des einen Darlehns bei etwa 25 Prozent, der andere war nicht wesentlich niedriger. Das heißt, die zwei Kredite, die tatsächlich ausgezahlt worden wären, wären extrem überteuert gewesen – möglicherweise sogar sittenwidrig überteuert."

    Die Kreditvermittler nutzen oft eine Gesetzeslücke, sagt Hugo Grothe von der Fachhochschule Koblenz, der die Schufa-Studie mit erstellt hat. So erlaube das Bürgerliche Gesetzbuch Auslagenerstattungen auch ohne Abschluss eines Kreditvertrags. Es sei faktisch unmöglich, einmal bezahlte Auslagen zurück zu bekommen. Diese Lücke sei der Politik seit Jahren bekannt, allein passiert sei nicht.

    Viele andere Praktiken seien meist rechtswidrig und strafbar, sagt der Wissenschaftler. Die Palette reiche von Betrug, Täuschung und Verletzung der Aufklärungspflichten bis zu Wucher und irreführender Werbung. In der Praxis komme es jedoch selten zu Strafverfahren. Denn die Kreditsuchenden seien oft in großer Not und hätten andere Sorgen, als zu klagen. Und die Kreditvermittler vermieden oft Gerichtsverfahren, weil sie sich des Risikos zu verlieren bewusst seien. Die Schufa fordert höhere Zulassungsschranken für Kreditvermittler und ein Verbot der Möglichkeit, auch ohne Kreditvertragsabschluss Gebühren zu berechnen. Verbraucherverbände raten, sich in finanzieller Not an Schuldnerberater zu wenden und angeblich Schufa-freie Kredite zu meiden.