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Reise zur kosmischen Rumpelkammer

Raumfahrt. - Der Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ist so eine Art unaufgeräumte Rumpelkammer unseres Planetensystems. Mehr als 5000 Gesteinsbrocken ziehen dort ihre Bahnen um die Sonne. Mit ihrer Sonde "Dawn" will die NASA zwei der Felsen näher unter die Lupe nehmen.

Von Guido Meyer | 25.09.2007
    Jupiter ist schuld. Der Riesenplanet ist wohl dafür verantwortlich, dass sich die Asteroiden unseres Sonnensystems nicht zu einem einzigen großen Planeten zusammenballen konnten. Die Anziehungskraft des Gasriesen hat die Gesteinsbrocken immer wieder auseinandergerissen. Sie befinden sich heute noch in dem Zustand, den sie etwa zehn Millionen Jahre nach der Entstehung unseres Sonnensystems hatten. Dawn werde Vesta und Ceres besuchen, weil sie uns Informationen über die Entstehungsgeschichte unseres Sonnensystems verraten könnten, hofft Carol Raymond, die stellvertretende Chef-Wissenschaftlerin der Mission bei der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA, die bei diesem Projekt mit Europas Weltraumagentur zusammenarbeitet. David Southwood, der Wissenschaftliche Direktor der ESA:

    "Wie der Name der Raumsonde bereits anklingen lässt, wollen wir mit diesem Flug auch 4,5 Milliarden Jahre in der Zeit zurückreisen, als es in unserem Sonnensystem noch keine Planeten gab. Wir verhalten uns wie kosmische Detektive, die auf den Spuren ihrer eigenen Geschichte sind. Indem wir uns mit Asteroiden beschäftigen, untersuchen wir die Bausteine unsere eigenen Existenz."

    Keiner der mehr als fünftausend Asteroiden ist wie der andere: Zunächst wird die Raumsonde in vier Jahren Vesta erreichen. Seine Oberfläche gibt Rätsel auf: Untersuchungen mit erdgebundenen Teleskopen zeigen Spuren alter Lavaflüsse und von Ozeanen aus Magma. Astronomen glauben sogar, dass dieser Gesteinsbrocken im Laufe seiner Entstehung mehrmals geschmolzen ist und sich wieder verfestigt hat. Asteroiden sind jedoch viel zu kalt für derartige seismische und tektonische Aktivitäten.

    "Es gibt eine optische und eine Infrarot-Kamera aus Europa an Bord der Sonde. Die Infrarot-Messungen werden uns Informationen über die Temperaturverteilung auf den Asteroiden verraten. Indem wir ihr Spektrum analysieren, also die unterschiedlichen Wellenlängen des Lichtes, können wir auch Rückschlüsse auf den inneren Aufbau der Himmelskörper ziehen."

    Das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau und das Institut für Planetenforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin steuern diese beiden Instrumente zur Mission Dawn bei. Auf der zweiten Station ihrer kosmischen Odyssee dann wird es die Raumsonde mit dem gegenteiligen Erscheinungsbild zu tun bekommen: Ceres, der mit fast 1000 Kilometern Durchmesser größte Asteroid unseres Sonnensystems, ist eine Eiswüste.

    Auf Ceres gebe es sehr viel gefrorenes Wasser. Aufgrund von Messungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop glaube die NASA, dass es auf diesem Asteroiden einen fast 100 Kilometer dicken Eispanzer gebe, der einen felsigen Kern bedecke, erklärt Chris Russell, der Chef-Wissenschaftler der Mission. Warum also können einige Objekte im Asteroidengürtel ihr Wasser halten, andere jedoch nicht? Dies ist nur eine der nach wie vor offenen Fragen und Aufgaben für Dawn. Mit dem Weiterflug von Vesta zu Ceres wird die Sonde ein bislang in der Raumfahrt noch nie demonstriertes Asteroiden-Hopping durchführen. Jennifer Rocca, die zuständige Flugdirektorin.

    "Dawn ist die erste Mission, die ein Objekt umkreisen, seinen Orbit verlassen und in die Umlaufbahn eines zweiten Himmelskörpers einschwenken wird. 2011 werden wir Vesta erreichen. Weil die Sonde mit schubschwachen Ionentriebwerken manövriert, wird die Reise von einem Asteroiden zum nächsten drei Jahre dauern. Die ersten Bilder von Ceres werden wir dann 2015 bekommen."