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Reiseportale im Netz
Manipulierte Hotelbewertungen und versteckte Kartelle

Reiseanbieter und Bewertungsportale im Internet arbeiteten lange Zeit unabhängig voneinander. Doch jetzt vernetzen sich Plattformen wie Tripadvisor oder HolidayCheck immer mehr mit den Reiseanbietern und auch neue Player wie Google erobern Marktanteile. Für die Kunden heißt das nichts Gutes.

Von Ralf Schmidberger | 27.08.2015
    Ferien-Anlagen auf der spanischen Ferieninsel Gran Canaria
    Die Zusammenarbeit zwischen Bewertungsportalen und Reiseanbietern nimmt zu. (picture alliance / ZB)
    Ob der Städteurlaub in Rom oder die Badeferien auf Teneriffa – bevor der Reiselustige sein Hotel bucht, will er oft wissen, wie andere Leute das Haus fanden. Dafür gibt es im Internet Bewertungsportale wie Tripadvisor und Holidaycheck. Doch die beiden Firmen wollen nicht länger nur eine Plattform sein, wo Touristen Noten vergeben. Auch die Zimmerpreise werden angezeigt. (Anmerkung der Redaktion: Der Autor hat an dieser Stelle eine präzisierende Änderung vorgenommen.) Mit einem Klick landet der User auf einer Buchungsseite – und Tripadvisor und HolidayCheck kassieren. Tobias Warnecke vom deutschen Hotelverband:
    "Alle sehen, dass der Reisebereich ein großer Markt ist und versuchen jetzt durch neue Geschäftsmodelle Geld zu verdienen."
    Denn die Hotels müssen von den Zimmerpreisen im Schnitt 15 Prozent an die Buchungsfirmen abtreten. Und im Einzelfall deutlich mehr.
    "Wir kennen Fälle, wo 50 Prozent Provision gezahlt werden. Dafür rückt das Hotel auf Listenplatz 1 bei den Portalen."
    Dies hat jetzt auch Google auf den Plan gerufen. Der amerikanische Suchmaschinenbetreiber versuche schon länger, im Tourismusgeschäft Fuß zu fassen, sagt Bastian Hiller von der Eichstätter Beratungsfirma Tourismuszukunft. Googles Ziel: die direkte Buchung von Hotelzimmern auf der eigenen Internetseite.
    "Jetzt hat Google getestet, wie ein Vertrieb von Onlinekontingenten funktionieren kann und hat dafür globale Vertriebsdatenbanken integriert, also von Hotelzimmern, die zur Verfügung stehen. Was die damit versuchen, ist eigentlich klar: und zwar die Mittler wie Booking.com und HRS auszustechen."
    Kartellamt untersucht mögliche Wettbewerbsverstöße
    Google selbst hält sich zu seinen Plänen noch bedeckt. Doch der Konzern hat gerade 60 Millionen Dollar in den Online-Zimmervermittler Secret Escapes investiert, was das Interesse am Reisegeschäft deutlich macht. Überhaupt ist die Branche im Umbruch. Die Mächtigen positionieren sich. Die Portale Booking und Kayak gehören der US-Firma Priceline, Hotels.com und Trivago zu Expedia, und Hotel.de zum deutschen Anbieter HRS. Und die Marktführer werden immer größer.
    "Es geht um sehr viel Geld. Und darum wird auch aufgekauft, fusioniert und zusammengearbeitet."
    Der Reisende selbst bekommt davon meist nichts mit. Für ihn sei kaum mehr zu durchschauen, was ein Bewertungs-, ein Buchungs- oder ein Preisvergleichs-Portal ist, sagt Tobias Warnecke vom Hotelverband. Und selbst die Hoteliers seien manchmal überfordert:
    "Durch das Internet sind so viele Möglichkeiten aufgetreten, dass es für den kleinen Hotelier fast unmöglich ist, da einen Überblick zu behalten über die verschieden Kostenmodelle und Businessmodelle, die diese Portale haben."
    Wer sich nicht damit beschäftigen will, kann sich einfach den Buchungsportalen und ihren teils harten Verträgen fügen. Der Hotelverband empfiehlt den Hoteliers, die Reisenden zur Direktbuchung auf der eigenen Webseite zu bewegen. Zum Beispiel mit einem besseren Preis. Das verbieten zwar Booking.com und Expedia. Der Hotelverband hält das allerdings für wettbewerbswidrig. Beim Kartellamt läuft schon das Verfahren.
    (Anmerkung der Redaktion: Tripadvisor und Holidaycheck haben nach der Ausstrahlung um den Hnweis gebeten, dass bei ihnen allein die Kundenbewertungen für die Rangfolge der Hotels maßgeblich seien.)