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Der "Superhengst" in WM-Form

Nach fast zweijähriger krankheitsbedingter Zwangspause feierten Dressurreiter Matthias Reiz und sein Hengst Totilas jüngst erst ein überraschendes Comeback. Nun starten Pferd und Reiter beim prestigeträchtigen CHIO in Aachen.

Von Andrea Schültke | 12.07.2014
    "Es ist einfach schön, wieder in Aachen reiten zu können. Für jeden Reiter ist es was Besonderes, in der Mannschaft reiten können. Es ist toll, eine große Ehre. Ich freue mich nächste Woche hier sein zu können."
    So Totilas-Reiter Matthias Rath zu Wochenbeginn in Aachen. 2011 hatte er hier alle Dressurprüfungen gewonnen und schien auf dem sicheren Weg nach London zu den Olympischen Spielen. Aber es folgten Tiefschläge, viel Kritik und dann der krankheitsbedingte Ausfall. Das Comeback begann vor knapp zwei Monaten bei einem kleinen Turnier im belgischen Kapellen: Ein wenig abseits der Öffentlichkeit und gegen unbekannte Konkurrenz. Ergebnis: zwei Starts, zwei Siege:
    "Nach zwei Jahren mit solchen Ergebnissen wiederzukommen ist nicht normal. So etwas darf man von sich und dem Pferd nicht erwarten. Und wenn es doch klappt, umso schöner."
    Auch bei den nächsten beiden Turnierauftritten konnten Pferd und Reiter so überzeugen, dass die Bundestrainerin das Paar für die Aachen-Mannschaft nominiert hat. Ein rasantes Comeback, das auch Springreiter wie Ludger Beerbaum sehr wohl registrieren. Der Olympiasieger hat den Totilas–Rummel vor zwei Jahren kritisch gesehen. Jetzt urteilt er anders:
    "Ich glaube, dass nach dieser Zwangspause das doch gut 'eingestielt' wurde, dass man sich Zeit gelassen hat, sich nicht dem öffentlichen Druck der Erwartung ausgesetzt hat. Und ich glaube, dass sie von jetzt an nur noch gewinnen können, anders als vor zwei Jahren, da war das eine ganz andere Erwartungshaltung."
    Begründet durch die großen Erfolge des Pferdes. Das hatte unter seinem niederländischen Reiter Edward Gal bis 2010 alle Dressur-Rekorde gebrochen. Dann der Verkauf des Pferdes nach Deutschland und die Erwartung, es könne nahtlos so weitergehen. Da hatte Totilas bereits ein Popstar-Image. Nie zuvor hatten sich so viele Menschen für den Dressursport interessiert. Schnell gab es ein professionelles Management für Pferd und Reiter. T-Shirts, Tassen Armbänder und Aufkleber mit Totilas kamen auf den Markt. Ein eigener Merchandisingstand auf jedem Turnier. Manager Michael Mronz steht nach wie vor dazu:
    "Es war ja nicht so, dass wir versucht haben, einen Star am Reißbrett zu entwickeln und heraus kamen Matthias Rath und Totilas. Die Aufmerksamkeit war da aufgrund des Pferdes, der Ausstrahlung aufgrund Besonderheit des Pferdes und des Reiters. So gesehen kann man Dinge immer ein stückweit anders machen. Es war die Frage der Grundlinie, und da bringen Matthias Rath und Totilas eine besondere Aufmerksamkeit mit und haben einen besonderen Ausstrahlungseffekt."
    Beim CHIO werden Pferd und Reiter sich erstmals seit dem Comeback mit den allerbesten messen. Wie etwa der Olympiasiegerin und der Olympia-Zweiten und der starken Konkurrenz aus der eigenen Mannschaft. Dann wird sich zeigen, ob die Zusammenarbeit mit dem Niederländer Sjeff Janssen wirklich erfolgreich ist. Seit etwa zwei Jahren trainiert Rath bei dem Mann, der wegen seiner Trainingsmethoden in Deutschland lange umstritten war. Der ehemalige Oranje-Coach führte unter anderem seine Frau Anky van Grunsven zu drei Dressur-Olympiasiegen in Folge. Offenbar hat er auch das richtige Händchen für das Paar Rath-Totilas:
    "Grundsätzlich ist die Kritik an Janssen oft eine sehr deutsche gewesen. Und da ist vielleicht ab und zu vergessen worden, was Sjeff über Jahre hinweg an Pferden herausgebracht hat, an Reitern trainiert hat, Erfolge gefeiert hat und auch Pferde bis ins höchste Alter erfolgreich trainiert hat. Wir haben bei den letzten Turnieren kein Geheimnis gemacht, jeder konnte zuschauen. Man sieht Totilas und anderen jungen Pferden an wie gut sie gehen, wie zufrieden sie sind. Und das ist, glaube ich, das Beste, um zu zeigen, wie gut das Training ist."
    Wenn sich dieser Eindruck in Aachen bestätigt, sind Rath und sein Totilas Anwärter auf einen Platz in der deutschen Dressurequipe für die Weltreiterspiele im August in Frankreich. Und dort gilt die deutsche Mannschaft erstmals seit acht Jahren wieder als Topfavorit.