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Renditeobjekt Ackerboden

In der Uckermark nutzten vor 20 Jahren junge Landwirte und städtische Aussteiger die Gunst der Stunde nach der Wende, um sich eine neue Existenz als Landwirt aufzubauen. Den Boden pachteten sie von der staatlichen Boden-, Verwertungs- und Verwaltungsgesellschaft (BVVG), die das ehemals volkseigene DDR-Land nach und nach privatisieren soll. Jetzt laufen manche Pachtverträge bereits aus. Die Bodenpreise sind deutlich gestiegen und es interessieren sich zunehmend große Investoren, vor allem in der Biogas-Branche, für die Äcker. Zwölf Bauern in der Uckermark wollten sich das nicht bieten lassen. Sie haben einen eigenen Boden-Fonds initiiert.

Von Claudia Schmidt | 03.11.2010
    Das Führerhaus von Ulf Dobroschkes Trecker ist ein toller Aussichtspunkt. Von hier oben blickt man auf unzählige Hügel, die die Eiszeit geschaffen hat. Dazwischen blinken Seen wie Augen in der Landschaft.

    "Sehr schön hügelig hier, ja. Man kann also sehen: die Weiden hier, die Ausläufe für die Rinder. Man kann da auf dem Acker sehen, wie der Dinkel grade kommt. Und die Flächen, soweit das Auge reicht - gehört alles hier zum Betrieb."

    Gummistiefel, Regenjacke, blitzblaue Augen... Schon als Kind wollte Ulf Dobroschke nur eines: Landwirt werden. Nach der Wende kam er aus dem Rheinland her. 500 Hektar hat er von der BVVG gepachtet - und bei null angefangen. Längst sind nicht alle Schulden abbezahlt. Die Pachtbeträge konnte er immer aufbringen. Aber irgendwann drängelte die BVVG, er solle seine Flächen kaufen, sonst würde es ein anderer tun. Doch wovon nehmen, wenn nicht stehlen? Dobroschke blieb cool. Er ist ein wetterfester Typ. Immerhin gelten die Pachtverträge ja noch bis 2014:

    "Parallel dazu wurde mir natürlich schon klar, ich kann jetzt nicht warten bis 2014 kommt, weil bis dahin haben sich die Strukturen sich so verändert, dass wir den Laden eigentlich dann zumachen können. Und die Absicht hatten wir nun gar nicht."

    Auch andere Biobauern wurden von der BVVG unter Druck gesetzt. Nach und nach hätten hier alle ihr Land verloren, sagt Dobroschke:

    "Wir haben uns dann als Bauern zusammengefunden und haben gesagt: Wenn die hier jeden versuchen, über den Tisch zu ziehen, dann müssen wir uns organisieren."

    Die Lösung: Jemand anderes sollte das Land für sie kaufen. Auf ihrer Suche stießen die Bauern auf die GLS Bank. Diese Bank finanziert, laut Eigenwerbung, ausschließlich sozial und ökologisch sinnvolle Projekte. Für die Uckermärker hat die Bank dann einen Bio-Bodenfonds eingerichtet: Mit Geld von privaten Anlegern wurde der Grund und Boden gekauft. Die Bauern verpflichten sich, streng ökologisch zu wirtschaften und zahlen ihre Pacht jetzt an den Fonds. Die Anleger bekommen eine Rendite ausgezahlt: 2,5 Prozent - das ist weniger als bei anderen Banken. Der eigentliche Gewinn ist anderer Art sagt der Geschäftsführer der GLS-Filiale in Berlin, Werner Landwehr:

    "Das sind natürlich Menschen, die Interesse daran haben, wie die gesellschaftlichen Verhältnisse um sie herum aussehen und die über den eigenen Tellerrand schauen und dafür auch gerne bereit sind, sich zu engagieren. Und es ist in dem Sinne ja eine nachhaltige Rendite, die man nicht unmittelbar persönlich monetär einstreicht, aber die darin besteht, dass die Welt nachhaltig bewahrt wird."

    Der Bio-Bodenfonds ist - bisher - europaweit eine einmalige Sache, sagt Werner Landwehr:

    "Also, die muss ja nicht einmalig bleiben. Die kann man ja gerne nachahmen, deswegen tun wir das ja. Aber im Moment ist es tatsächlich so, dass direkt für Anleger ökologische Anbauflächen gekauft werden, das hat es bisher so nicht gegeben, obwohl es ja eine ganz einfache und leicht nachvollziehbare Idee."

    Noch ist Geld für ähnliche Projekte übrig, so Landwehr:

    "Auch vor dem Hintergrund, dass wir derzeit weiter versuchen, weitere Ländereien für den ökologischen Landbau zu finden."

    Und zwar deutschlandweit. Durch den Bio-Bodenfonds sind die Bauern in der Uckermark enger zusammengerückt, sagt Ulf Dobroschke. Eine Rinderzucht ist dabei, mehrere Anbaubetriebe und sogar ein Schäfer hat sich angeschlossen. Die Herde von Schäfer Jens Kath kann jetzt ungestört auf den Wiesen weiden:

    "Eine bessere Form, möchte ich sagen, gibt es zurzeit nicht. Kann man froh sein, dass man die Flächen jetzt langfristig gesichert hat, und kann sich darauf einstellen. Dann kann man auch schon ein bisschen erwartungsvoller in die Zukunft gucken."