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Rente mit 63
Bedenken gegen Stichtagsregelung

Kurz vor der geplanten Verabschiedung des Rentenpakets im Bundestag ist die Koalition uneins, wie eine mögliche Welle von Frühverrentungen durch die Rente mit 63 verhindert werden soll. Gegen einen sich abzeichnenden Kompromiss einer individuellen Stichtagsregelung gibt es un der Opposition, aber auch innerhalb der Bundesregierung rechtliche Bedenken.

15.05.2014
    Fähnchen "Sichere Rente für uns alle!" stehen am Rande der traditionellen 1. Mai-Demo am 01.05.2014 auf einer Bühne in Leipzig (Sachsen).
    Die Rente mit 63 soll kommende Woche im Bundestag verabschiedet werden. (picture-alliance / dpa / Jan Woitas)
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt bei der Rente mit 63 auf den Einfallsreichtum ihrer Minister: Auf dem Bundesverbandstag des Sozialverbands VdK sagte die Regierungschefin: "Mit etwas Kreativität" würden Union und SPD "eine Lösung finden". Medienberichten zufolge sollen sich die Koalitionäre intern auf den sogenannten "rollierenden Stichtag" verständigt haben, wonach Arbeitslosenzeiten nur bis zum 61. Lebensjahr anerkannt würden. Damit soll eine Frühverrentungswelle verhindert werden.
    Verfassungsrechtliche Bedenken
    Die zuständigen Ministerien sähen bei dem Modell aber noch "verfassungsrechtliche Risiken". Es müsse unterschieden werden, ob ein Arbeitnehmer selbst kündigt oder nicht unverschuldet arbeitslos wird. Im letzteren Fall dürfe ihm kein Nachteil entstehen - auch wenn die Arbeitslosigkeit im Alter von 61 Jahren eintreten sollte.
    DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach forderte dagegen, die Rente mit 63 müsse eins zu eins umgesetzt werden. Es dürfe kein "Verfallsdatum" für Zeiten der Arbeitslosigkeit geben. Daher lehne der DGB eine Stichtagsregelung entschieden ab.
    Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte jedoch, es sei nicht akzeptabel, dass Zeiten der Arbeitslosigkeit "eine privilegierte Frührente ermöglichen".
    Grünen wollen "wasserdichte Regelung"
    Auch die Grünen sehen verfassungsrechtliche Probleme. "Wir werden in der parlamentarischen Arbeit im Ausschuss auf eine wasserdichte Regelung drängen", kündigte der rentenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Markus Kurth, an. Andernfalls müsse der Vorschlag zurückgezogen werden. Es sei ungerecht, dass 61-Jährige "hinten runterfallen" könnten, wenn sie unfreiwillig arbeitslos würden. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bekräftigte ihre grundsätzliche Kritik an den Rentenplänen der großen Koalition: Das Rentenpaket koste sehr viel, verschärfe die Altersarmut und verschiebe die Kosten auf die nächsten Generationen.
    Nach den Plänen von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll die abschlagsfreie Rente mit 63 allen Arbeitnehmern gewährt werden, die 45 Beitragsjahre nachweisen können. Das Problem: Es sind frühere Verrentungen denkbar, indem Arbeitnehmer mit 61 noch zwei Jahre Arbeitslosengeld I beziehen, bevor sie in Rente gehen. Eine solche Frühverrentungswelle soll verhindert werden.
    Der rentenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Weiß, äußerte sich im Deutschlandfunk zuversichtlich, dass das Rentenpaket dennoch Ende kommende Woche verabschiedet werden könne. "Wir haben intensiv verhandelt, wie wir Frühverrentungsanreize vermeiden können", sagte Weiß. Die Union halte daran fest, dass in Zukunft länger gearbeitet werden müsse. Die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren sei nur für eine Übergangszeit geplant. Langfristig müsse man wieder zur abschlagsfreien Rente mit 65 nach 45 Beitragsjahren zurückkehren.
    Das geplante Rentenpaket umfasst neben der abschlagsfreien Rente ab 63 auch eine verbesserte Mütterrente sowie Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente und Reha-Leistungen. Das Vorhaben kostet pro Jahr zwischen neun und elf Milliarden Euro und soll aus der Rentenkasse bezahlt werden.
    (tzi/kis)