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Reportage: Inkontinenz

Es gibt zwei Formen der Inkontinenz: die Belastungsinkontinenz und die Dranginkontinenz. Als Therapie bietet sich eine Elektrostimulation des Schließ- und des Blasenmuskels an.

Von Mirko Smiljanic | 30.10.2012
    Die Idee ist bestechend einfach: Wenn der Schließmuskel zu schwach ist, um den Urin zu halten, oder der Blasenmuskel so angespannt, dass der Schließmuskel seinem Druck nicht mehr standhält, müssen beide stimuliert werden, damit sie ihre Funktion wieder erfüllen können. Dieses Beckenbodentraining erfolgt entweder aktiv als Krankengymnastik oder passiv als Elektrostimulation. Bei der passiven Variante werden Elektroden in unmittelbarer Nähe des Beckenbodens angebracht.

    "Es gibt auf der einen Seite Oberflächenelektroden, die angelegt werden im Dammbereich, und es gibt auch vaginale oder rektale Elektroden, die eingeführt werden, die eigentlich dann natürlich spezielle und genauer die Muskulatur erreicht",

    erklärt die Kölner Physiotherapeutin Katrin Franke. Sind die Elektroden angebracht, leitet ein kleiner Computer elektrische Impulse in diese Körperregion. Folge: Schließ- und Blasenmuskel ziehen sich zusammen oder kontrahieren, je nachdem, ob Strom fließt oder nicht. Die Intensität des Trainings bestimmt der Patient. Das Gerät wird so eingestellt, dass er:

    "ein leichtes Kribbeln verspürt. Das soll nicht weht tun, das soll nicht zu stark sein, das ist ungefähr so wie Ameisenlaufen, und wenn der Patient das festgelegt hat, was er jederzeit wieder ändern kann, höher regeln kann, runter regeln kann, kann er mit dem Training beginnen."

    Täglich 15 Minuten empfiehlt die Kölner Fachärztin für Urologie Dr. Christina Grund. Ziel der Übung sei,

    "die Durchblutung und damit die Kraft und die Koordination des Muskels zu verbessern, sodass damit auch ein höherer Verschlussdruck auf den Schließmuskel resultiert."

    Was allerdings voraussetzt, dass die Patienten spüren, welche Muskeln sie trainieren. Dafür sei es notwendig,

    "dass wir erst mit dem Patienten die Wahrnehmungsschulung machen, dass er weiß, wo er überhaupt anspannen soll. Es ist wichtig, dass er nur die Schließmuskulatur benutzt."

    Also die Beckenbodenmuskulatur noch mit anspannt und nicht zusätzlich die Gesäßmuskulatur aktiviert.

    Bei der Dranginkontinenz verfolgen die Ärzte ein anderes Ziel: Der übermäßig angespannte Muskel wird durch die Stimulation entspannt – der plötzliche Drang, Wasser zu lassen, lässt nach. Die Elektrostimulation des Schließ- und des Blasenmuskels zeigt Erfolge, allerdings keine schnellen. Dr. Christina Grund:

    "Leider dauert das sehr lange, frühestens nach sechs Wochen kann man einen Erfolg erwarten, eine deutliche Besserung merkt man erst nach drei, wenn nicht nach sechst Monaten, das Wichtige ist halt das kontinuierliche Training, in der Regel jeden Tag üben."

    Was die Physiotherapeutin Katrin Franke übrigens leicht überprüfen kann:

    "Wir können an unserem Computer die Geräte auslesen und können dann auch ganz genau feststellen, wer gut trainiert hat und wer schlecht trainiert hat, können das Training auch umstrukturieren, wenn wir merken, dass es nicht effektiv genug ist, anpassen sozusagen und wenn die Leute gut trainieren und entsprechend dabei sind, dann haben wir immer auch ein gutes Ergebnis!"