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Rettung auf Kosten der Aktionäre

Am vergangenen Mittwoch wurde Solarworld gerettet – zumindest vorerst. Der Preis für diese Rettung ist für die Aktionäre exorbitant hoch: Sie verlieren 95 Prozent ihrer Investitionen. Eine solche "Restrukturierung" soll es nun auch beim Immobilienkonzern IVG geben.

Von Brigitte Scholtes | 12.08.2013
    Mittagszeit am Frankfurter Flughafen im Büro- und Geschäftskomplexes "The Squaire". "Das Leben ist schön" grüßt ein Schriftzug die Gäste des Restaurants Alex auf der Ebene 5 über dem Fernbahnhof. Dieser Aussage dürften die Eigentümer des Squaire nicht uneingeschränkt zustimmen: Die Immobiliengesellschaft IVG haben die hohen Kosten für den Bau des modernen Geschäftskomplexes, der an einen riesigen ICE-Zug erinnert, fast in die Insolvenz getrieben. Nun scheint die abgewendet, jetzt hoffen die Gläubiger des Immobilienkonzerns IVG auf Sanierung. Denn sie verzichten auf die Rückzahlung von mindestens 1,75 Milliarden Euro und erhalten dafür 96 Prozent der Anteile am Unternehmen. Gegebenenfalls könnte ein weiterer Gläubiger auf weitere 400 Millionen Euro verzichten. Ohne diesen am Wochenende ausgehandelten Plan hätte das Bonner Unternehmen in wenigen Tagen Insolvenz anmelden müssen. Es ist zurzeit mit 4,6 Milliarden Euro verschuldet.

    Die Gläubiger und die Aktionäre müssen diesem Plan noch endgültig zustimmen, und zwar mit 75 Prozent. Um die Zeit bis zur Sanierung zu überbrücken, geben die Darlehensgläubiger der IVG einen Überbrückungskredit von140 Millionen Euro. Außerdem stundet die LBBW die Rückzahlung eines Kredits in Höhe von 100 Millionen Euro, der Ende des Jahres fällig wird. Ob das alles durchgeht, da sind sich Beobachter noch nicht sicher. Mit offiziellen Kommentaren halten sich Analysten heute zurück. Man habe schon so viele Wertanpassungen gesehen, dass das Vertrauen in das Unternehmen doch arg ramponiert sei, ist zu hören. Die IVG-Aktie sei inzwischen zu einem Zockerpapier verkommen, 16 Cent war sie heute Mittag wert und hat somit seit Freitag weitere 6 Cent verloren.

    Von der IVG auf den gesamten deutschen gewerblichen Immobilienmarkt zu schließen, wäre jedoch falsch. Den schätzen Experten weiter als attraktiv ein, so meint Frank Pörschke, Deutschlandchef des Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang Lasalle:

    "Die Fundamentaldaten stützen einfach diese Entwicklung, die aber auch nicht riesig war, sondern relativ kontinuierlich. Investments in Immobilien sind eben sehr nachgefragt, weil die alternativen Anlagemöglichkeiten einfach nicht so attraktiv sind wie Immobilien."

    40 Prozent der Investoren am deutschen Markt kommen aus dem Ausland, im vergangenen Jahr lag das Transaktionsvolumen bei 25 Mrd. Euro und damit über dem langjährigen Mittelwert. Von einer Blase ist jedenfalls nichts zu spüren, glaubt der Immobilienexperte:

    "Wir sehen die weiterhin strukturell positiv, weil es keine Indizien gibt, dass Immobilien in Relation zu anderen Anlagealternativen unattraktiver werden. Wir sehen aber auch eine Zweispaltung des Marktes, also wirklich sehr hochwertige Immobilien, für die wirklich intensivste Nachfrage besteht, und andererseits eben schwierigere Immobilientypen, für die nicht im gleichen Maße Nachfrage besteht."

    The Squaire, der Büro- und Geschäftskomplex am Frankfurter Flughafen, gehört jedenfalls zu den attraktiven Objekten. Er ist halt nur etwas zu teuer gewesen für die IVG. Die muss wegen der Überschuldung nun schleunigst eine Hauptversammlung einberufen, weil die Hälfte des Eigenkapitals weg ist. Und sie wäre wohl froh, wenn sie auf dieser Hauptversammlung auch die Eckpunkte der Sanierung beschließen könnte. Das ist offenbar das Nahziel.